Anderl Sydonius (Bimbo)

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Biografie:
Anderl Sydonius, genannt Bimbo
Beging mit 68 Jahren die Roggalkante als Seilerster;
Mit 69 Jahren die Roßkuppenkante;
Mit 70 Jahren die Fleischbank Ostwand;
Mit 71 Jahren den Direkten Südpfeiler des Großen Koppenkarstein;
Mit 72 Jahren dreimal die Delagokante (Vajoletttürme) als Seilerster;
Quelle: Archiv Proksch (Österr. Alpenklub)

Das „Bergsteiger“-Porträt

Fragt man in der Sektion Frankfurt am Main nach einem gewissen Sydonius Anderle oder auch nach „Bimbo“, so wird man einem begeisterten Schmunzeln begegnen. Alle kennen ihn, den Bimbo, den Unentwegten im Fels, auf dem Rennradl und auf Freiers Füßen. Er ist (nicht nur) in Frankfurt so bekannt wie jenes vierbeinige Haustier, von dem man sagt, es sei recht scheckig und bunt.
Um es gleich vorweg zu sagen, der Bimbo ist nicht nur sehr bekannt, er ist auch einmalig - in der vollen Tragweite dieses Wortes. Das beginnt mit seiner Leidenschaft - und er besitzt viele Leidenschaften - zum Radrennfahren und endet mit seiner Leidenschaft zu den Bergen. Dazwischen muss er noch viele andere Leidenschaften bändigen, was ihm nicht immer ganz gelingt, so dass sein Temperament mit ihm nicht selten einfach durchzugehen pflegt.
Die Madeln haben es ihm schon immer angetan. Nun besitzt der Bimbo auch die gewisse Mannesart, die beileibe nicht alle Männer besitzen, auf die aber alle Frauen fliegen. Und der Bimbo weiß das seit seinem vierzehnten Lebensjahr, wie er in langen Biwaknächten zu erzählen wusste, und weiß dem auch heute noch gebührend Rechnung zu tragen. Und ein Ende ist trotz seiner dreiundfünfzig Jahre, die er vor zwanzig Jahren einmal war, nicht abzusehen.
Seine Begeisterung für die Berge beschränkt sich keinesfalls nur auf das Klettern. Alles andere, was dazu gehört, wird von Bimbo ebenso gemeistert wie der Fels. So schleppt er stundenlang schwere Rucksäcke auf Brentei beispielsweise, um dort zu zelten, denn auch ihm sind überfüllte Hütten ein wenig zuwider. Oder er feiert einen Hüttenabend, der meist zum Morgen wird, ausgiebig mit, wobei er sicher zu den letzten zählt, die ins Bett gescheucht werden müssen. Und das Tanzbein weiß der Bimbo zu schwingen wie kein Junger, der erste auf dem Parkett und der letzte, der es verläßt. Als reifer Herr mit leicht ergrauten Schläfen ist er der geborene Herzensbrecher. Wer seine Liebesabenteuer kennt, und der Bimbo erzählt gern - auch eine seiner ungebändigten Leidenschaften -, der zweifelt nicht daran. Das Radrennfahren pflegt er immer, wenn er irgend Zeit findet, nämlich dann, wenn er nicht gerade zum Klettern oder mit Damen unterwegs ist. Dass er sein Rennradi schon mehrfach zu Schrott gefahren hat, mag dem Leser wenig glaubhaft erscheinen, ist für ihn aber nur der übliche Tribut, den der Einsatz fordert.
Wenn hier ausnahmsweise einmal Touren aufgezählt werden, so hat das ganz und gar seine Berechtigung, denn der Bimbo meistert Touren in einem Alter, in dem andere ihren Lebensabend zu Recht in Ruhe auf der Rentnerbank im Park genießen. So hat der Bimbo mit achtundsechzig Jahren eine Dame über die Roggalkante geführt, mit neunundsechzig die Roßkuppenkante und die Hochtor-Südwand gemacht, mit siebzig, an seinem Geburtstag, ging er durch die Fleischbank-Ostwand, mit einundsiebzig über den direkten Koppenkarstein-Südpfeiler (VI/A1), und mit zweiundsiebzig führte er dreimal die Delagokante. Mit dreiundsiebzig war er im Gebirge nicht ganz so erfolgreich. Es fehlte ihm die Zeit. Denn neben seinem Beruf, dem er wie eh und je nachgeht, war er heuer bemüht, einen neuen Hausstand zu gründen.
Wer nun glaubt, der Bimbo sei in den Bergen groß geworden und da sei dies schließlich kein Kunststück, muss eines Besseren belehrt werden. Im böhmischen Elbsandsteingebirge aufgewachsen, hat er sich immer wieder mit dem bekannten Griff an die Stirn gefragt, warum Kletterer wohl auf die Sandsteinzapfen kraxeln. Viele Jahre lang konnte er es nicht begreifen, bis eines Tages auch ihn diese Leidenschaft packte. Er war bereits achtundfünfzig Jahre alt, als ich ihn das erste Mal an den Strick nahm und ihm zeigte, wo man im Klettergarten Griffe und Tritte zu finden pflegt - in einem Alter also, da andere meinen, jetzt wird es höchste Zeit, dass man die Schlosserei dem Schrotthändler übereignet. Und seitdem hat sich der Bimbo ständig gesteigert.
Sollten Sie einmal nach Frankfurt kommen und den Bimbo kennen lernen wollen: Suchen Sie einen gut aussehenden Mittfünfziger, sonst laufen Sie an Bimbo glatt vorbei.
Pit Schubert
Quelle: Der Bergsteiger 1973 Heft 4 Seite 235

Sydonius ("Bimbo") Anderle, unentwegter Frankfurter (*9. 9. 1899), hatte es sich an seinem 82. Geburtstag nicht nehmen lassen, wieder einmal steilen Dolomitenfels zu erleben: an den Vajolettürmen beging er die Normalroute auf den Stabelerturm und die berühmte Delagokante; Bimbo hält sich durch Waldlauf und lange Radfahrten in Kondition — bravo!
Quelle: Der Bergsteiger 1982, Heft 2, Seite 65


Geboren am:
09.09.1899