Stigler Robert

(Bearbeiten)

Biografie:
Professor Robert Stigler, Ehrenmitglied
Die Sektion Wiener Lehrer gibt bekannt, daß die Jahresversammlung der Sektion am 20.1.1956 den Träger des Ehrenzeichens für 60jährige Mitgliedschaft Herrn Univ.-Prof. Dr. Robert Stigler zum Ehrenmitglied der Sektion ernannt hat. Prof. Stigler gehört seit 60 Jahren dem Alpenverein und davon seit 1919 der Sektion Wiener Lehrer an, wo er bis 1938 im Ausschuß tätig war und der Sektion als ärztlicher Berater hervorragende Dienste geleistet hat.
Auch seine Arbeit auf dem Gebiete des Rettungs-Wesens sollen in der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft gewürdigt weiden. Schon zu Beginn des Ersten Weltkrieges hat Prof. Stigler vornehmlich in den Dolomiten eine Gebirgstrage eingeführt, der die heute verwendete in gewisser Hinsicht ähnelt. Während bislang die Verwundeten in gestreckter Lage getragen wurden und dabei im Gebirgsgelände natürlich oft abrutschten, hat Prof. Stigler eine liegestuhlähnliche Trage entwickelt, in der der Verletzte sitzt. Der Geehrte steht auch heute noch mit der Sektion in enger Verbindung.
Quelle: Mitteilungen des ÖAV 1956, Heft 3, Seite 27

Robert Stigler 80 Jahre alt
Univ.-Prof Dr. Robert Stigler, der jetzt in Going, Tirol, lebende frühere Vorstand des Institutes für Anatomie und Physiologie der Hochschule für Bodenkultur in 'Wien, feierte am 18. April 1958 seinen 80. Geburtstag. Ter durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten verdiente Gelehrte war seit seiner Jugend ein begeisterter Bergsteiger. In alpinen Kreisen ist er besonders durch seine Bergfahrten in Ostafrika und durch die Schaffung von Bergrettungsgeräten bekannt geworden.
Quelle: Mitteilungen des ÖAV 1958, Heft 4/5, Seite 38

Robert Stigler
18. April 1878 ? 9. August 1975
Wenige Monate nach seinem 97. Geburtstag ist der Senior unseres Klubs, Univ.-Prof. Dr. Robert Stigler nach einem erfüllten Leben, das von vielen Höhepunkten getragen war, von uns gegangen. Mit ihm haben wir einen unserer treuesten und liebenswertesten Kameraden verloren, der bis in die allerletzten Lebensjahre stärksten Anteil an dem Geschehen in unserem Kreis nahm. So kam Dr. Stigler 1971 zum Klubtreffen nach Filz-moos und 1973 nach Werfen, beide Male als Alterspräsident von allen Anwesenden lebhaft akklamiert. Auch anläßlich des Klubtreffens in Fischleinboden im Jahre 1959 weilte Dr. Stigler unter uns und bestieg ? damals schon einundachtzig Jahre alt ? allein den Einser. Im Jahre 1941 ? also erst spät ? wurde er in den Klub aufgenommen. Seine Bürgen waren Altpräsident Dipl.-Ing. Otto Langl und der um diese Zeit ein Opfer der Berge gewordene Rudolf Hamburger. Dipl.-Ing. Eduard Pichl würdigt in seinem Buch ?Wiens Bergsteigertum" die bergsteigerische Betätigung Dr. Stiglers in eingehender Weise, und auszugsweise seien einige Stationen wiedergegeben:
?Dr. Robert Stigler hat schon als Knabe mit der Bergsteigerei in der Nähe seiner Heimat Steyr und im Gesäuse begonnen, führte verschiedene Neutouren durch, darunter 1903 allein einen unmittelbaren Abstieg vom Camin ins Ruoz Plasjek und im gleichen Jahr die Überschreitung des Kleinen Manharts mit Dr. Ernst Eitner. 1905 bezwingt er allein den vierten Gipfel des Raibler Fünfspitz vom Greuter Aibl durch einen 150 m langen Kamin mit einem abenteuerlichen, aber schließlich gut verlaufenen Abstieg.
Im Jahre 1908 änderte er mit unserem späteren Ehrenmitglied A. Berti, G. Palantini und R. Schindler den von Domenigg, König und von Saar eingeschlagenen Nordostweg auf die Cima Talagona in den Clautaner Alpen. Im selben Jahr und mit denselben Gefährten bestieg er den Cadin di Toro von der Cima Talagona über die Cresta piana und nahm den Abstieg über die Nordostwand. 1908 erkletterte er mit A. Berti und U. Fantom die Cima Emilia in den Cadorischen Alpen vom Süden.
Bei einer Reise nach Uganda (Zentralafrika) um die Jahreswende 1911/12 wurde die Kaiser-Franz-Josef-Spitze (4382 m) vom Elgonkrater allein, die Annaspitze (2200 m) in den Naqua-Bergen vom Nordwesten mit drei schwarzen Trägern und schließlich im Tobur-Gebirge in Norduganda der Exnerstein (1777 m) vom Norden mit einem Träger erstiegen.
Zahlreiche Fels- und Eistouren in der Schweiz und in den Ostalpen, besonders in den Julischen Alpen runden das Bild der bergsteigerischen Betätigung von Dr. Stigler.
Das berufliche Leben von Dr. Stigler ist gekennzeichnet durch einen immerzu unbeirrbar gegangenen Weg, nur der Wissenschaft zu dienen. Im Jahre 1903 Promotion zum Dr. med. an der Universität Wien. 1911 Privatdozent für Physiologie an der Medizinischen Fakultät Wien und 1913 bereits a.o. Professor ebenda. Im Ersten Weltkrieg Oberarzt an der Dolomitenfront, dabei Konstruktion einer Gebirgsbahre. 1919 Lehrkanzel für Anatomie und Physiologie der Haustiere an der Hochschule für Bodenkultur und ab 1921 o.ö. Professor ebenda und ab 1939 Lehrauftrag für Rassenhygiene an der Medizinischen Fakultät der Universität. Über einhundert wissenschaftliche Veröffentlichungen haben Dr. Stigler zum Urheber. Er ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften, von denen die Deutsche Physiologische Gesellschaft und die Österreichische Gesellschaft für Tropenmedizin ihm die Ehrenmitgliedschaft verleihen.
Die höchste akademische Ehrung fällt Dr. Stigler am 17. Oktober 1972 anläßlich der 100-Jahr-Feier der Hochschule für Bodenkultur zu, als er der erste Träger ? schon im 95. Lebensjahr stehend ? des vom Professorenkollegium der Hochschule neu geschaffenen Ehrenringes wird. Der Schreiber dieses Gedenkens nimmt als Ehrengast an den Feierlichkeiten teil und ist damit Zeuge der Verleihung des Ehrenringes. Die Laudatio des Rektors Prof. Dr. I. Kar schließt mit den Worten:
?Er war ein ausgezeichneter Lehrer, ein mitunter gefürchteter Prüfer und ein überdurchschnittlicher Forscher. Professor Stigler war und bleibt ein Begriff für alle, die sein Wirken miterlebten. Den Dank der Hochschule und von Schülergenerationen soll dieser Ring bedeuten."
Hell klingt die Erinnerung an diese Stunde in mir nach, als mir Prof. Dr. Stigler mit freudigem Händedruck für meinen Glückwunsch dankte.
Dr. Stigler führte ein vorbildliches, glückliches Familienleben. Seine Kinder ? zwei davon wieder Ärzte ? trauern um ihren geliebten Vater. Wir trauern mit ihnen um einen treuen, lieben Klubkameraden, ich um einen guten väterlichen Freund. Wir werden ihm stets ein ehrendes und liebevolles Angedenken bewahren.
Carl Rind
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1976, Jänner/Februar, Folge 1405, Seite 19-21



Geboren am:
18.04.1878
Gestorben am:
14.04.1976