Albin Annemarie

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Biografie:
Annemarie auf der Tuoi-Hütte
Das gekonnte Geigensolo hörten wir erst später. Zunächst mußten wir die Überraschung verdauen, hautnah unter dem Piz Buin, am Schluß des langen Val Tuoi, eine junge Hüttenwirtin anzutreffen, die alles auf den Tisch brachte, was das Herz des Wintergehers begehrt — einschließlich Engadiner Nußtorte. Denn im Silvretta Führer steht nur lakonisch „Selbstversorger, 25 Touristenlager, zeitweise bewahrtet". Aber schon Ende der siebziger Jahre wurde die bildhübsche „Chamanna" ausgebaut. Seitdem tun hier die Albins Dienst: Annemarie (32), eine examinierte Krankenschwester, und Battesta (35), gelernter Setzer — sowie die Buben Gian-Andrea (4 1/2) vornehmlich als Fotomodell, und während der Ferien Michael (7 1/2).
Der Chef war nicht präsent, warum? Die Eidgenossin lächelte stolz. „Weil er sich von Sarajewo erholen muß — er trainiert nämlich die britische Olympia-Langlaufcrew!" Als ehemaliges Mitglied seiner Nationalmannschaft ist der Langlauf-Spezialist natürlich beim Engadiner Marathon dabei; einmal hat er auch am Oberammergauer König-Ludwig-Lauf teilgenommen. Aber nicht nur das: der Berg- und Skiführer bereitet sich auf eine Manaslu-Expedition vor, die im September als doppelte Zweier-Seilschaft den Achttausender im alpinen Stil besteigen will.
Hier, wo jenseits der Grate und Spitzen die Silvretta fest in deutscher Hand ist (sechs Hütten!), sind unsere Landsleute, die hochtourig über Vermunt- und Silvrettapaß steigen und zu Annemarie herunterwedeln, in der Überzahl. Ihren Belegrekord hatte sie mit 103 Nächtigungen — bei 66 Lagern — und 90 kompletten Essen. „Ich hätte nie geglaubt, daß ich das schaffe. Aber es klappte! ", meinte die Wirtin. „Die weiße ist hier die Hauptsaison, im Sommer kommen um ein Drittel weniger Leute." Erst seit vier Jahren ist der Stützpunkt mit dem Rettungsfunk in Zürich verbunden. In ihrer siebenjährigen „Amtszeit" kam es zu drei Unfällen mit einem Lawinentoten, einem Steinschlag-Verletzten und einem Beinbruch. Größter Wunsch: ein Telefon...
Jetzt erst fiel uns das virtuose Violinspiel auf — irgendwo im Hinter-grund. Annemarie nickte. „Das ist Felix, unser Hüttenhelfer im zweiten Jahr. Er studiert Musik und Geographie. Letzte Woche hat er seine Geige geholt, jetzt ist er erst richtig zufrieden!"
Einziger Zugang zur Tuoi-Hütte, wenn nicht über die Pässe der Silvretta, ist Guarda, ein schlafendes Winter-Kleinod ohne Schlepp- und sonstige Lifte 300 Meter über dem, Inntal. Hoffentlich bleibt es so.
-ine.
(Öffnungszeiten: 1. März bis 20. Mai; 1 Juli bis Ende September)
Quelle: Mitteilungen des DAV 1984, Seite 210