Tobin Walter

(Bearbeiten)
Foto gesucht!
Biografie:
HARRY WALTER TOBIN
D.S.O., O.B.E. GEB. 1879 GEST. 1957
Eine enge Freundschaft verband Tobin in den letzten 28 Jahren seines Lebens mit dem Akademischen Alpenverein München.
Nicht der Krieg und nichts von dem, was an Bösem damals und danach getan und geschrieben wurde, hatte diese gegenseitige Zuneigung stören können. Aus der guten Kameradschaft, in der Toby 1929 mit den Männern am Kantsch lebte, war sie geworden; und Tobin übertrug sie unmittelbar auf den A.A.V.M. Der klarsehende, kritische, welterfahrene Brite erkannte ihn als eine Gemeinschaft besonderer Art, der er sich verwandt fühlte.
H. W. Tobin war Offizier gewesen, er hatte in Beluchistan, im Somaliland, in Ägypten, Anatolien und Waziristan gedient und gekämpft.
Als wir ihn kennen lernten, lebte er in Darjeeling als Oberstleutnant a. D. und war schon seit langem der dortige Exponent des Himalayan Clubs, der Betreuer des Sherpaträgerkorps und ein Mann, der aus dem öffentlichen Leben nicht wegzudenken war. Beim Vizekönig von Indien, beim Gouverneur von Bengalen, bei der indischen Armee und Verwaltung und in den Clubs war er ebenso angesehen, wie bei den vornehmen Indern, bei den Teepflanzern und Trägerobleuten, den Kaufleuten und Gewerbetreibenden;
Wenn auch selbst kein Mann der Sieben- und Achttausender, so dürfte Toby doch damals der beste Kenner Sikkims gewesen sein. Zunächst hatte er bei kurzen Urlaubsfahrten 1901-1914 die Berge an der Nordwestgrenze Indiens kennen gelernt. 1920 unternahm er mit Raeburn eine vielbeachtete Kundfahrt zum Kantsch (Siehe: Bauer „Im Kampf um den Himalaya" 1929, mit Routenskizze Raeburns und Tobins). 1927 gründete er mit E. 0. Shebbeare und G. B. Gourlay den Mountain Club of India, der später im Himalayan Club aufging, zu dessen Gründern er gleichfalls gehörte.
Was Tobin uns dann 1929, 1931 und 1936 geworden ist, spricht aus den Kantschbüchern (siehe ferner: Bauer „Um den Kantsch" 1931, „Auf Kundfahrt im Himalaja" 1936 und Hartmann „Das Kantschtagebuch" 1931) besser als es hier auf beschränktem Raum gesagt werden könnte.
Nachdem Tobin mit seiner Familie von Indien nach England zurückgekehrt war, verging kein Jahr ohne daß er einmal nach Deutschland gekommen wäre. Er fühlte sich wohl inmitten alter Expeditionskameraden; im Kreise des A.A.V.M.; in München. 1951 wurde Oberstleutnant Tobin, ein seltener, aber wohlbegründeter Ausnahmefall, als Alter Herr in den A. A.V.M. ein-stimmig aufgenommen. Er freute sich sehr, daß das Band dadurch sichtbarlich noch fester geknüpft war und er scheute sich nicht zu bekennen, daß er stolz darauf war, dieser Gemeinschaft anzugehören.
Sein Heim in Lymington, gegenüber der Isle of Wight am Solent, in dem die Bilder und Trophäen seiner schottischen Seefahrerurahnen hingen, war in einem Teil dem Everest Comitee, dem Himalayan Journal, das er bis zu seinem Tod redigierte, der Royal Central Asian Society, dem Alpine Club, kurz seinen vielfachen alpinen Interessen und Obliegenheiten gewidmet. ¬Ein anderer Teil diente in bester Eintracht als Bootshaus für den Segelsport seiner von allen, die sie kennen lernten, hochgeschätzten Gattin und seiner Tochter Barbara, die das Segelboot ebensogut steuerte, wie den Wagen im Verkehr der Londoner Straßen; beide zählten die Bergsteigerfreunde Tobys auch zu ihren Freunden.
Tobin war eine der populärsten Persönlichkeiten in den Bergsteigerkreisen Englands, und nicht nur dort, er hatte Freunde und Bekannte unter den Bergsteigern aller Völker. Er tat viel um Bande zu knüpfen, auch zwischen Deutschland und England und zwischen England und Deutschland, meist und oft mit Erfolg, doch gab es leider auch unverständige Ablehnung, die ihn schmerzlich traf.
Bei manchem Besuch in England war er mir ein treu sorgender Mentor. Durch ihn wurde mir vieles in England so vertraut, daß ich es wie ein Engländer sehe.
Wir hatten noch viele Pläne, denn niemand dachte bei dem drahtigen, kern-gesunden Mann an den Tod. Als nächstes wollten wir eine Tour durch Schottland unternehmen; da überraschte mich im Januar 195? die Nachricht, daß er eines Abends, nachdem er den Tag über in alter Rüstigkeit im Garten gearbeitet hatte, sanft entschlafen ist.
Mit ihm haben wir einen Freund verloren, wie es keinen besseren geben kann.
Paul Bauer
Quelle: Jahresbericht des Akademischen AV München Jahrgang 64/65, 1955-1958, Seite 11-12


Geboren am:
1879
Gestorben am:
1957