Allgäuer Oskar

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Biografie:
Oskar Allgäuer
Dr. iur., alt Präsident und Ehrenmitglied der Sektion Pilatus,
1894-1980

Die lange Krankheit unseres hochverehrten Dr. Oskar Allgäuer bereitete ihn auf die letzte Fahrt vor. Gefasst sah er dem unentrinnbaren Tod entgegen, wohl auch gestärkt durch den tröstenden Rückblick auf das, was er während mehrerer Jahrzehnte für den geliebten Schweizer Alpen-Club getan hatte. Aus echtem Bedürfnis widmete er sich mit ganzer Seele den Aufgaben, die sowohl unsere Sektion als auch den Gesamt-SAC beschäftigten. So verschlossen und wortkarg er sich äusserlich gab, so sehr war er zeitlebens mit allem tief verbunden, was Bergwelt und Naturschutz betraf. Wie vielseitig und erfolgreich er wirkte, können wir nur in wesentlichen Zügen festhalten, die dennoch veranschaulichen, welch überragende Gestalt der im November 1980 Verstorbene war und welch grosse Verdienste er sich erworben hat.
Dr. Allgäuer übernahm bald nach seinem Eintritt in unsern Verein das Amt des Bibliothekars (1920-1927) und des Archivars (1928-1930), worauf er neunzehn Jahre lang gleich zwei verantwortungsvolle Posten innehatte: nämlich den des Vorsitzenden der Sektion Pilatus und des Clubredaktors (1931-1950).
Bereits zu Beginn musste er eine heikle Angelegenheit meistern, die sich auf unsere grenznahe Tuoihütte im Unterengadin bezog. Sie stand damals unter keinem guten Stern. Diebstähle, Zechprellereien, Unordnung und schlechter Zustand auf rutschendem Moränengrund, auch die zu selten mögliche Aufsicht (Kontrollgänge erforderten drei Tage) bewogen Dr. Allgäuer und die Clubversammlung, die Unterkunft der kleinen Sektion Engiadina Bassa unentgeltlich abzutreten, damit sie dem SAC erhalten blieb. Der Beschluss, von den Abgeordneten in Winterthur im Jahr 1933 gutgeheissen, erwies sich als richtig. Wir waren ein Sorgenkind losgeworden, ohne jedoch die neue Besitzerin dadurch zu belasten. Sie vermochte wieder bessere Verhältnisse zu schaffen und erklärte nach 25 Jahren, dass sich die Übernahme bewährt habe, was auch uns freute. Weitere wichtige Meilensteine bildeten der Bau des geräumigen Brisenhauses und der dritten Hüfihütte, die indessen wegen ungünstiger Umstände eine Menge zusätzlicher Umtriebe bescherte.
Auch in literarischer Hinsicht vollbrachte Dr. Allgäuer aussergewöhnliche Leistungen, indem er, unentgeltlich, die drei Bände des «Tourenführers durch die zentral-schweizerischen Voralpen» bearbeitete und dabei ungezählte Schwierigkeiten überwand. Der Wander-, Kletter- und Skiführer erfreute sich dann eines ausgezeichneten Zuspruchs. Besonders wertvoll für uns wurde sein 416 Seiten umfassendes Werk «80 Jahre Sektion Pilatus SAC», das die Entwicklung von den Anfängen bis 1944 schildert. Die mehrjährigen und gründlichen Nachforschungen, gepaart oft mit mühsamem Entziffern eigenwilliger Schriftzüge, haben sich gelohnt. Heute besitzen wir ein vorbildliches Nachschlagebuch, das bis ins einzelne Auskunft über sämtliche Fragen gibt und auch von tiefschürfenden besinnlichen Gedanken eines sehr eifrigen Naturfreundes zeugt, weshalb wir ihm für die gewaltige Aufopferung nicht genug danken können. Überdies hielt Dr. Allgäuer zwölf Vorträge in unsern Reihen, stellte ein Inhaltsverzeichnis für die ersten zwanzig Jahre der Monatsschrift «Pilatus» zusammen, diente als Rechtsberater für die neuen Sektionsstatuten (1931) und verfasste viele Beiträge sowohl in unserm Mitteilungsblatt als auch für die «Alpen» sowie etliche Aufrufe zugunsten des Natur-und Heimatschutzes, dessen Bestrebungen er überzeugt verfocht, wo immer sich Gelegenheit bot.
Noch nicht genug damit. Dr. Allgäuer veröffentlichte auch Fahrten-berichte bei den Sektionen Uto und St. Gallen, deren Mitglied er war, gehörte der Zeitschriftenkommission des SAC an (1934-1956) und leitete den SAC-Verlag in Kriens (1934-1943). Als er nach dreissig Jahren aus dem Vorstand zurücktrat, ernannte ihn die Vereinsversammlung im Jahr 1950 unter rauschendem Beifall zum Ehrenmitglied, dadurch seine überaus um-fangreiche und fruchtbare Tätigkeit würdigend. Fast dürfte man vermuten, er habe das Bergsteigen und Skifahren wegen der Verpflichtungen aller Art vernachlässigen müssen. Trotzdem besuchte er zahllose Gipfel vom Grossglockner bis zu den Ligurischen Alpen, erkletterte Spitzen im Bergell und in den Engelhörnern, erreichte auch einige Viertausender, bestieg Parnass, Olymp, Ätna, Pico de Teyde, Adams Peak (Ceylon), Olavberg (Spitzbergen), Nyamlagira (Ostkongo), bereiste ganz Europa und lernte noch ferne Länder kennen: Abessinien, Sudan, Kenia, Uganda, Westafrika, Türkei, Syrien, Israel, Iran, Indien, Thailand, Kambodscha, Japan und Nordamerika.
Ein Herz, das sich stets für die Ideale des Bergsteigens und des Naturschutzes, hat nun zu schlagen aufgehört. Ein äusserst belesener und hochgesinnter Geist, der uneigennützig, voll innern Dranges und nie erlahmend für unsere Sektion und den Gesamt-SAC sein Bestes gab, ist kurz vor seinem 87. Geburtstag von uns geschieden. Dr. Allgäuer aber lebt in der Erinnerung fort als hervorragender Leiter einer grossen Sektion, der bleibende Werte hinterlassen hat, so dass wir seiner immerzu und aufrichtig dankbar gedenken.
So wie er zurückgezogen und einsam seine letzten Jahre verbrachte, treu umsorgt nur von einer Haushälterin, so still wollte er beerdigt werden. Ausdrücklich wünschte er eine Beisetzung im engsten Kreis. Auch seinem Wunsch, ein SAC-Abzeichen in Bronze auf die Grabplatte zu erhalten, haben wir entsprochen.
H. Nünlist
Quelle: SAC Die Alpen1981, Seite 7-8


Geboren am:
1894
Gestorben am:
1980