Thurner Franz

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Biografie:
Franz Thurner
29. Juni 1899 — (+) 4. Mai 1974
Im Herbst seines Lebens ist unser lieber, treuer Klubkamerad von uns gegangen. Es war ein plötzlicher, schneller Tod, der ihn dahinraffte und ihm den Weg hinüber leichtgemacht hat. Er kam im Jänner 1924 im Alter von wenig mehr als vierundzwanzig Jahren in unseren Kreis und war uns mehr als fünfzig Jahre bestes Klubmitglied, dem unser im Grunde doch so individuelles Gemeinwesen so viel bedeutete. Von ihm stammt der Ausspruch: „Wenn man in den Klub eintritt, so ist es für das ganze Leben, genauso wie man sich entschließt, zu heiraten."
Als er in den Klub kam, war er — wie wir alle — ein „fertiger Bergsteiger", der schon zwei Jahre der Alpenraute Lienz angehörte und in der er sich wie bei uns so wohl fühlte. Einer der Senioren dieser hochalpinen Gesellschaft — unser Rudl Eller war es auch, der gemeinsam mit seinem Freund Ludwig Sinek für die Aufnahme in den Klub bürgte. In seinem Aufnahmeansuchen ist eine große Zahl für die damalige Zeit auch schwerster Fahrten enthalten, die vornehmlich in den Lienzer Dolomiten, der Schober- und Kreuzeckgruppe, den Hohen Tauern, im Kaiser und den Dolomiten von ihm in so jungen Jahren ausgeführt wurden. Es finden sich darunter viele Überschreitungen, die er besonders liebte. So z. B. die Überschreitung des Langkofels (Nordostwand des Langkofelecks—Langkofelkar) und von Winkler-, Stabeler- und Delagoturm. Von Lienz aus — wo er solange lebte — werden weiter unentwegt viele Fahrten unternommen, darunter Triglav-Nordwand und fast alle zu den schweren Touren zählenden Routen der Lienzer Dolomiten. Ein kurzer Sommerurlaub im Wallis bringt ihm das Matterhorn, die Dufourspitze und das Weißhorn. Welch kluge, überlegte Wahl!
Franz Thurner war als mittlerer, technischer Beamter im österreichischen Vermessungsdienst seit seiner Ausbildung tätig. Lienz, Wien und Innsbruck sind die Stationen seines Berufslebens, das nur kurze Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges unterbrochen war. Diese Unterbrechung endete mit einer völligen Rehabilitierung. Lange Zeit war er auch im Grenzvermessungsdienst, insbesondere der österreichisch-schweizerischen Grenze, tätig. Schon seit längerer Zeit im Ruhestand, hielt er zu Vorgesetzten und Kollegen seiner letzten Dienststelle, dem Vermessungsamt der Tiroler Landesregierung, in sehr bemerkenswerter Selbstlosigkeit Kontakt und stellte sich immer noch zur Verfügung.
Franz Thurner hat als außerordentlich gewissenhafter, ungewöhnlich gütiger Mensch, man kann es wirklich sagen, keinen Feind gehabt. So zählte auch seine große Bescheidenheit und seine Vornehmheit der Gesinnung zu seinen liebenswerten Eigenschaften, vor allem aber seine bedingungslose Treue und Kameradschaft.
Wir lernten uns im Zweiten Weltkrieg als Ausschußmitglieder des Klubs kennen und wurden rasch gute Freunde. Er betreute viele lange Jahre als Hüttenwart unsere Erzherzog-Johann-Hütte mit einer ungewöhnlichen Hingabe und einer beispielhaften Arbeitsfreude. Dabei wurde auch für Materialseilbahn und Hütte vermessen und geplant, alles mit der ihm eigenen Gründlichkeit und Verläßlichkeit. Seine Beliebtheit fand auch Ausdruck in dem guten Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung. Sie wurde dokumentiert bei seinem letzten Gang durch die Teilnahme der vielen, vielen Trauergäste, die ihn in Familie, Beruf und seinem alpinen Leben nahestanden. Er hat erst spät geheiratet. Es war eine späte Erfüllung, die durch gegenseitige Liebe und Dankbarkeit charakterisiert war.
Ich nahm Abschied am Grab für den Klub von unserem Klubbruder Franz Thurner, von meinem Freund, mit dem mich oft das Seil verband. Die Dankesworte an ihn, für das Viele, das er für uns und unseren Klub getan hat, sind mir schwergefallen. Es war, als ging ein Stück von mir.
Carl Rind
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1975, Jänner/Februar, Folge 1399, Seite 14-15


Geboren am:
29.06.1899
Gestorben am:
04.05.1974