Thoma Ludwig

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Biografie:
geboren in Oberammergau (Deutschland)
gestorben in Rottach (Deutschland)

Der Bauerndichter Ludwig Thoma (+) und die Bergwelt.
Zu seinem 70. Geburtstage (21. Januar 1937).
Von Dr. Aloys Dreyer, München.
Seit Haller und Rousseau ist das Interesse für die Alpendichtung erwacht. Nur gefällt sich die Muse mit dem Alpenrosenkranz im Haar häufig in einer unnatürlich süßlichen und schönfärberischen Art. Selbst ein Ludwig Ganghofer entrinnt dem Vorwurfe nicht, daß seine Charakterdarstellung entschieden einige Tasten zu hoch greift. Den älteren wirklichkeitsfrohen Schilderern der oberbayrischen Bergheimat Kobell und Stieler gesellt sich später Ludwig Thoma bei, der weit mehr als seine Vorgänger den herben Realismus seiner Zeit auf das bäuerliche Schrifttum übertrug. Jägerblut rollte in seinen Adern; sein Vater war Oberförster in Vorderriß, sein Großvater Forstmeister in Kaufbeuren und sein Urgroßvater Oberforstrat in München. Dennoch wäre er nach seinem Wunsch „ein rechter alt-bayrischer Bauernbub" gewesen. Der vertraute Umgang mit den Bauern zeitlebens verlieh seinen dichterischen Gestalten aus diesem Stande den Stempel der Echtheit. In Vorderriß und andern Orten des bayrischen Oberlandes (zuletzt als Rechtspraktikant in Traunstein) empfand er in den Jugendjahren den Zauber des bayrischen Alpenlandes.
Seinen Dichterruhm begründeten die Hochlandserzählungen „Agricola", in welchen der bayrische Bergbauer nicht als „Salontiroler", sondern als kraftvolle, lebenswahre Persönlichkeit auftritt. Als eifriger Mitarbeiter des „Simplizissimus", der damals neugegründeten satirischen Münchner Zeitschrift, ließ er seinem losen Spott über allerlei Mißstände im staatlichen und bürgerlichen Leben unbekümmert die Zügel schießen.
Im Gegensatz zu Kobell und Stieler gelangen ihm nur wenige mundartliche Gedichte, mit Ausnahme der tiefsinnigen Legende in Lenggrieser Mundart „Heilige Nacht". Ein alter Bauer erzählt in schlichter Weise von der Geburt des Heilands. Die Natur ist in dieser geweihten Nacht voll Wunder und Geheimnisse und doch dem Einheimischen vertraut. Als kleiner Knabe fragt der Dichter den Lehrer nach der Wohnung des Herrgotts und er meint, von den grauen Felsenbergen aus das offene Himmelstor schauen zu können. Als er später oft und oft auf Bergesgipfeln stand, da ist er enttäuscht; denn „hoch zu Häupten, fest verschlossen, wölbte sich das Himmelszelt, und ich sah nur kleiner werden unter mir die Erdenwelt". Als Bauernmaler in kleinen Erzählungen, in Romanen („Andreas Böst", „Der Wittiber", „Altaich") sowie in Dramen wetteifert er mit, den besten Schriftstellern dieser Gattung. Von seiner Kunst sagt er selbst: „Wenn ich Bauern schildere, fahre ich in ihre Haut, denke ihre Gedanken und rede ihre Sprache und bin glücklich, eine Weile alles andere darüber vergessen zu dürfen." In der politischen Satire schuf er eine Bauerngestalt, den „kgl. Abgeordneten" Josef Filser, die unwiderstehlich die Lachmuskeln reizt, namentlich in dem urdrolligen Schwank „Erster Klasse". Auch in andern Gebirgspässen („Die Medaille", „Die Lokalbahn" u. a.) verspottet er die bäuerlichen Schwächen mit gutmütiger Ironie. Ernste Töne schlägt er an in dem Gebirgsstück „Magdalena", das neben Anzengrubers besten Dramen in vollen Ehren bestehen kann. Es schildert die Rückkehr einer entarteten Bauerstochter in ihre ehrenhafte Umwelt mit erschütternder Einfachheit und zwingender Folgerichtigkeit bis zum bitteren Ende. Daneben gelingen ihm Gestalten, voll gesättigt von echtem Berglerhumor, wie die Dachserin (in den kleineren Erzählungen). Hier zieht er auch gegen die Torheiten der Landbewohner los, gegen das Schwinden der alten Volkstrachten, gegen den volkstümlichen Theaterteufel und (in dem Roman „Altaich") gegen die Sucht, die kleinen behaglichen Landstädtchen des bayrischen Hochlandes mit aller Gewalt in Fremdenindustrieorte zu verwandeln. „Man ließ die Berge höher, die Täler lieblicher, die Bäche klarer und die Lüfte reiner sein, um Leute anzulocken." (Hier kennzeichnet er den Gesamteindruck, den er in der Jugend von dem idyllischen Städtchen Traunstein empfangen hatte.)
Thoma, der eifrige Jäger und Bergsteiger, meint von sich selbst: „Ich gehöre in die Joppe." Im Tegernseer Gebiet, auf der Tufften bei Rottach, erwarb er sich zuletzt ein Landhaus und durchstreifte von hier aus die Gegend. Stundenlang lag er oft, droben auf einem Gipfel „mit dem Blick auf die fernsten Berge".
Das Gefühl für die bayrische Bergheimat begleitete ihn bis zu seinem frühen Tode (26. August 1921). Schon ein paar Jahre vorher gesteht er: „Um mich her ist Heimat. Und ihre Erde kann den, der sie herzlich liebte, nicht drücken."
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1937, Seite 9

Quelle: Mitteilungen des DAV 1971, Seite 169

Geboren am:
21.01.1867
Gestorben am:
26.08.1921