Ullrich Raimund

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Biografie:
geboren in Wien (Österreich)

Raimund Ullrich
* 18. März 1884, (+) 25. März 1959
Es war im Jänner 1919, ich war in der Septima, als mich mein damaliger Griechisch-Professor Dr. Raimund Ullrich auf einer gemeinsamen Fahrt in unser Gymnasium im 7. Wiener Gemeindebezirk fragte, ob ich nicht Lust zum Schifahren hätte. Er könne mir ein Paar Schi borgen; von einem sei allerdings durch eine Lawine am Dobratsch das hintere Viertel weggerissen. Am kommenden Sonntag fuhren wir dann gemeinsam auf den Gaisberg bei Kaltenleutgeben. Dies war der Beginn meiner alpinen Laufbahn, und Prof. Ullrich trat damit bestimmend in mein Leben ein, nachdem er mich und meine Mitschüler schon mehrere Jahre, mit viel Verständnis für unsere Streiche, in das Griechische eingeführt hatte.
Dr. R, Ullrich wurde am 18. März 1884 in Wien geboren, besuchte hier die: philosophische Fakultät, wo er sich für das Lehrfach Griechisch und Latein ausbildete.
Gleichzeitig studierte er auch am Konservatorium. Er blieb lebenslänglich ein ausgezeichneter Musiker und gab uns Schülern auch in dieser Hinsicht viele Anregungen. Schon als Student war er jeden. Sonntag mit seinem Bruder Heinrich, wie damals für die Wiener Bergsteiger üblich, am Peilstein oder auf der Rax. Seine erste Schule war 1907 das humanistische Gymnasium in Villach. Hier fand er ideale Verhältnisse für seine alpinen Ambitionen und zog jeden freien Tag, Sommer und Winter, in die nahen Karawanken, Julier und auch in die Dolomiten. 1910 erfolgte seine Versetzung an das humanistische Gymnasium, Wien VII, Kandlgasse, Den ersten Weltkrieg machte er erst in Galizien und dann am Isonzo und am Piave als Hauptmann einer Pioniereinheit mit, und wurde auch mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.
Kaum hatte er sich nach Kriegsende von einer schweren Malaria einigermaßen erholt, als er wieder in seine geliebten Berge ging. Er war der klassische Bergsteiger im alten Sinne; es ging ihm darum, möglichst Viele Berge und Berggruppen kennenzulernen. Demgemäß besuchte er sämtliche Gruppen der Ostalpen systematisch und bestieg kaum je einen Berg zweimal. 1933 war ein großer Dolomiten-Sommer. Der Unermüdliche war fast auf sämtlichen Gipfeln der Adamello- und Presanellagruppe und der Brenta, anschließend noch auf dem Ortler und der Königsspitze.
Dr. Ullrichs Fahrtenbücher sind eine Fundgrube an alpinen Erfahrungen, trug er doch peinlich genau alles Objektive und Subjektive ein, z. B. jede Rast bis auf die Minute. Dadurch hatte er eine ungeheure Erfahrung und erlitt niemals einen ernstlichen Unfall. Besonders an Beurteilung der Wetteraussichten, der Schneeverhältnisse und der objektiven Gefahren der Berge konnte man unglaublich viel von ihm lernen.
Auch seine Frau und später seinen Sohn nahm er viel in die Berge mit, so u, a. auch in das Berner Oberland und auf eine Reihe von Gipfeln in der Umgebung von Zermatt und Saas Fee.
Ich hatte die Ehre und das Vergnügen, zwei ganze Sommer mit ihm und seiner Familie ? sein Sohn war damals noch im Kinderwagen ? in St. Anton am Arlberg zuzubringen, Jeden Berg, den man von dort aus sieht, bestiegen wir und hinterließen unsere Karte auf jedem bedeutenden und auch unbedeutenden Gipfel der Lechtaler, der Ferwallgruppe, der Silvretta und des Rätikons. Die Litzner-Seehorn-Überschreitung, die Besteigung des Patteriols, der Rockspitze-Südwand sind mir heute noch in lebhafter Erinnerung, Letzte Ostern (1959); als Prof. Ullrich schon schwerkrank im Spital lag, sah ich anläßlich einer Schiabfahrt: von der Valluga zu der Weißschrofenspitze hinüber, die ich mit ihm überschritten hatte; unterwegs trafen wir Hannes. Schneider, damals noch nicht Schikönig, als Bergführer mit einem Engländer.
Seit 1907 war Dr. Ullrich Mitglied des ÖAK.; seine Mitgliedschaft fällt also in eine der glänzendsten Epochen unseres Klubs, Leider war er niemals zum Vortragstisch zu bewegen. Dagegen stammt eine Reihe von Korrekturen im ?Hochtourist" von ihm.
Auch das Schifahren bedeutete ihm nur eine Methode, um im Winter auf einen Gipfel zu kommen. So lernte er auch alle lohnenden Schigebiete der Ostalpen kennen; zu einer Zeit, als sie noch unberührt von Liften und der Herde der Pistenjäger waren. Wir fuhren damals nur Telemark, dies mit einer solchen Sicherheit, daß es uns gleich war, ob Pulver, Harsch oder Eis.
Über das Alpine hinaus war Dr. Ullrich ein seiten vielseitiger Mensch; außer dem schon erwähnten Klavierspiel war er ein ausgezeichneter Schachspieler, band sich die vielen Bände seiner Bücherei selbst ein, spielte ausgezeichnet Tarock u, a.; von ihm stammt der klassische Ausspruch für uns Schüler: "Den Homer werdet Ihr vergessen, aber daß man sich den Pagat nicht abfangen lassen darf, werdet Ihr lebenslänglich brauchen".
Am 25. März 1959, kurz nach seinem 75. Geburtstag, verließ uns Prof. Ullrich nach kurzem schweren Leiden für immer. Für mich war es ein schwerer Schlag, meinen alpinen Lehrer und 3 Tage darauf meinen Freund Egon Benisch, mit dem ich außer auf vielen Westalpengipfeln auch im Hohen Atlas und auf Korsika gewesen war, zu verlieren.
Dr. Ehalt
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1959, Folge 1307, Seite 167-168


Geboren am:
18.03.1884
Gestorben am:
25.03.1959