Tauern Odo Deodatus

(Bearbeiten)
Foto gesucht!
Biografie:
gestorben am Paulcketurm/Schwarzwald (Deutschland)

Dr. O. D. Tauern (+)
Am Paulcketurm, einem schwierigen Kletterfelsen des Höllentales im Schwarzwald. ist am 10. Juli Dr. Odo Deodatus Tauern, im oberen Teil der "Westwand" durch Absturz infolge Seilrisses tödlich verunglückt.
Mit ihm verliert der Alpinismus eine markante Persönlichkeit, einen Bergsteiger, der Sportsmann scharfer Richtung, Forscher und Künstler war, dem der Alpinismus in seiner Vielfalt Lebensinhalt war. Schon als Vierzehnjähriger lernte Tauern (geb. 14. 11. 1885 in Newyork) die Berge kennen. Hinter dem pflegemütterlichen Rücken bestieg er damals die Gasteiner Berge und zwar im Renntempo am frühen Morgen, bevor die besorgte Dame am Frühstückstisch erschienen war. Diese „frühen" Touren haben Tauern Zweifellos körperlich und seelisch in besonderem Sinne prädisponiert, dem als Alleingänger (Allalinhorn. Wetterhorn etc.) durchläuft er die alpine Schule. Früh stellt sich bei ihm die Sehnsucht nach der freien Weite ein, 1905 finden wir ihn in den norwegischen Gebirgen und in den Lofoten, wo er im Lyngengebiet und in den Horangern Erstlingslorbeeren pflückt. Tauern, der in Freiburg studierte und dort seine Heimat fand, war in dieser Hochburg des Schilaufs einer der Besten und Tätigsten, der im Akademischen Schiklub, im Schikiub Schwarzwald (wie auch in der Freiburger Alpenvereinssektion) eine führende Rolle spielte. 1906/07 durchquert er mit Meurer das Berner Oberland auf Schiern, besteigt Oberaarhorn. Finsteraarhorn und die Claridenstöcke. Der nächste Winter brachte ihm (mit Mugdan und F. Sommer) den winterlichen Sieg über den Gran Combin wobei zum erstenmal (bis 4139 m) Schier benutzt wurden, (das zweite Mal, das; überhaupt Schneeschuhe in solcher Höhe zur Verwendung kamen). 1908/09 besteigt er im Winter, zusammen mit G, J. Finch, den Mönch, Ebene Fluh etc., während die Zwischenliegenden Sommer zumeist zu erstklassigen Westalpentouren benutz wurden (u. a. 2. Begehung des Eselsgrates, Piz Roseg etc.). 1910 bis 1912 führte Dr. Tauern allein eine große wissenschaftliche Expedition auf den Molukken durch, wobei er besonders auf der größten Molukkeninsel Seren die Gebirge erforschte und die höchsten Gipfel (z. V. den Pinaja 3010 m) als Erster bestieg. Ein sehr gut geschriebenes Werk: "Patasiwa und Patalina, vom Molukkeneiland Seran und seinen Bewohnern", das mit hervorragenden Lichtbildern geschmückt ist und sehr lesbar auch die wertvolle ethnographische Ausbeute verarbeitet (1918 bei R. Voigtländer in Leipzig erschienen) ist die reife Frucht dieser Unternehmung
Wieder zurückgekehrt, setzte Dr. Tauern seine bergsteigerisch Tätigkeit fort: im Winter 1912/13 erreichte er bei einem Schiversuch auf den Lyskamm zum erstenmal das Felikjoch, im darauffolgenden Winter durchquert er die Bernina (Gümels, Tiemoccia etc.) und befährt Allalinhorn, Strahlhorn etc mit den langen Brettern. Eine Hochzeitsreise im Zelt und Boot, die ihn wieder in die Lofoten, ins Lyngengebiet führt, wo er mit seiner jungen Frau den Bröllupstind als Erster besteigt ist charakteristisch für Tauerns tiefwurzelnde alpine Einstellung. Nach dem Krieg finden wir ihn als Schiläufer auf Mönch und Jungfrau. Vor zwei Jahren hat Dr. Tauern auch die erste Durchkletterung der vielumworbenen Seewand des Schwarzwälder Feldbergs durchgeführt, eine sportlich hoch ein geschätzte Leistung, die allerdings durch den tödlichen Absturz des Begleiters ein tragische Trübung erlitt.
Dr. Tauerns Hauptinteresse galt dem winterlichen Hochgebirge. Die stattliche Reihe von 21 winterlichen Viertausendern dokumentiert seine Fähigkeit als Schiturist und Winterbergsteiger. Dr. Tauern aber hat uns und dem großen Publikum die hohen Winterberge, die weiße Herrlichkeit, in besonderer Weise nahe gebracht. Auf seine Veranlassung hin wurde im März 1913 zum ersten Male eine Schihochtur kinematographisch aufgenommen. Die herrlichen Abfahrtsbilder vom Monte Rosa sind wohl vielen noch in guter Erinnerung.
1919 gründete Dr. Tauern zusammen mit dem ihm engbefreundeten Dr. A. Fanck die Freiburger Berg- und Sportfilmgesellschaft, deren Meisterleistungen "Wunder des Schneeschuhs", "Fuchsjagd im Engadin", "Berg des Schicksals" - in Idee und Ausführung unerreicht und vielleicht auch nicht zu übertreffen sind und an deren Schöpfung Dr. Tauern, der sich als Hochgebirgsphotograph schon früh erfolgreich betätigt hatte, ganz wesentlichen Anteil hat.
Der Alpine Skiclub in London hat Dr. Tauern 1912 durch die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft geehrt. Im Alpenverein und namentlich in den verschiedenen Schiverbänden ist Dr. Tauern durch wertvolle Vorträge vielen persönlich bekannt geworden, mit vielen der besten Bergsteiger verband ihn gute Freundschaft, die den jähen, tragischen Tod des erst Vierzigjährigen, der vier Kindern den Vater nahm, tief betrauern. Wir Fernerstehenden wollen den Namen des Mitschöpfers der großen Winterfilme in gutem Gedenken bewahren.
W. Schmidkunz.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1926, Seite 170-171

ODO D. TAUERN (+)
Die Tragik des Bergsteigers hat es gewollt, dass am 11. Juli mit Tauern einer der erfolgreichsten und tätigsten Bergsteiger an einem Kletterübungsfelsen im badischen Höllentale tödlich verunglückte, den er schon oftmals bestiegen hatte. Jahrzehnte hindurch hat Dr. Tauern auf vielen und grossen Bergfahrten die Hochalpenwelt durchstreift und, allen oft misslichen Verhältnissen trotzend, zahlreiche schwere Fahrten unangefochten durchgeführt. Seine grosse Bergerfahrung und die überaus praktische Veranlagung dieses weltgewandten Mannes haben ihn alle Fährnisse, welche die Bergnatur oft unerwartet bietet, überwinden lassen. Um so trauriger ist dieser Sturz im Übungsgebiet, der durch Verkettung seltsamer Umstände zum tödlichen Ausgang führte.
Mit Tauern verliert der S. A. C. einen treuen Verfechter seiner Ideen, die Sektion Basel ein Mitglied, das ihr über 20 Jahre angehörte, die tätige Bergsteigerwelt eines ihrer rührigsten Mitglieder. Tauern hatte sich den Hochalpen gänzlich verschrieben und, wenn immer es möglich war, besuchte er die ihm lieb gewordenen Gruppen der Schweiz, unter denen die Bernina, das Wallis, besonders aber das Berner Oberland ihm ans Herz gewachsen waren. Im Schweizer Hochgebirge hat er fast alle hauptsächlichsten Berge bestiegen, manche davon mehrfach. Doch auch in andere alpine Gebiete trieb es Tauern oft, so z. B. nach Tirol oder in die Dolomiten oder ins Dauphiné etc. In Europa hat er fast alle Länder durchstreift, besonders gern weilte er in den einsamen Bergen und Fjorden Nordnorwegens. Bemerkenswert ist noch seine aktive Teilnahme an der Mollukken-Expedition 1912 bis 1914, von der er mit reicher ethnologischer Ausbeute heimkehrte und interessante Beiträge zur Kenntnis der eigenartigen Bergwelt dieser Inselgruppen brachte.
Tauern hat über all dies viel veröffentlicht und mit zahlreichen Vorträgen die Bergfreunde erfreut. Der und jener wird sich erinnern, seinen Namen unter Beiträgen gesehen zu haben, die anregende Fahrtenskizzen, praktische Winke bezüglich Ausrüstung, Rettungswesen oder Fragen rein sportlicher Art und bergsteigerischen Interesses behandelten. Es sei nur an den klaren und mutigen Aufsatz «Alpinismus und Klettersports im letzten Jahrgang der Alpine 1924 erinnert, worin Tauern eindringlich gegen die Sportkletterei und ebenso eindringlich für den reinen Alpinismus das Wort ergriff. Dass Tauern noch den grössten Anteil an der Errichtung und Fortführung der Filmgesellschaft hatte, welche uns die prächtigen Bergfilme «Wunder des Schneeschuhs », «Der Kampf mit dem Berge », «Fuchsjagd im Engadin» schenkte, darf nicht unerwähnt bleiben.
Jäh ist am 11. Juli das Leben eines Mannes beendet worden, der mit inniger Liebe an unserer Bergwelt gehangen hat und oft gebotene Vorteile ausschlug, um der Hochalpenwelt sich weiter widmen zu können. Wer ihn kannte, wird bestätigen müssen, dass unsere aktive Bergsteigerwelt mit Tauerns plötzlichem Tode einen schweren Verlust erlitten hat. Wer enger mit ihm verkehrte, öfter mit ihm in die Berge ging, verliert damit einen unersetzlichen, verlässlichen Kameraden, der nicht nur ein erfolgreicher Bergsteiger, sondern auch ein guter Mensch war.
Otto Roegner.
Quelle: SAC - Chronik des SAC und kleine Mitteilungen 1926, Seite 140



Geboren am:
14.11.1885
Gestorben am:
11.07.1926