Pracht Egon

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Biografie:
Pracht Egon Dr., * Warnsdorf (Sudetenland),später Karlruhe, Gärtringen (Württemberg)
+ Tschambreuspitze (Silvretta), Lawine
Egon Pracht ist in nordböhmischen Warnsdorf aufgewachsen und lebte seit vielen Jahren in Gärtringen (Baden-Württemberg). Er war als Skibergsteiger,Bergsteiger und Kletterer eine herausragende Persönlichkeit. Bis zuletzt hat er schwierige Felsfahrten und viele Skitouren unternommen. Aus seiner Feder stammen viele Berg-und Skiführer.Er war auch Mitglied im Sicherheitskreis des DAV.
1973 1.Beg.Grandes Jorasses- Nordwand Pointe Croz-Direkter Nordpfeiler (Crozpfeiler)
"Pracht-Schweißhelm-Führe",1000 HM,4110m, (Montblancgebiet)
Beg.Grandes Jorasses-Nordwand "Walkerpfeiler",VI/A1,60°,1200 HM,4208m, (Montblancgebiet)
Beg.Petit Dru-Südwestpfeiler "Bonattipfeiler",V-VI A/2,3733m, (Montblancgebiet)
Beg.Aiguille du Dru-Westwand,3754m, (Montblancgebiet)
Beg.Matterhorn-Nordwand "Schmidroute",V,60°,1100 HM,4478m, (Walliser Alpen)
Beg.Dent d'Herens-Nordwand,4171m, (Walliser Alpen)
Beg.Ortler-Nordwand,3902m, (Ortlergebirge)
Beg.Le Courtes-Nordwand,3856m, (Montblancgebiet)
Beg.Aiguille de Triolet-Nordwand,3870m, (Montblancgebiet)
Beg.Marmolata Punta Penia-Südwestwand "Solda-Conforto Route",VI+/A2,550 HM,3343m,
(Dolomiten)
3.Beg.Marmolata d'Ombretta-Südwand "Via dell´Ideale",VII-,1400 KM,3265m, (Dolomiten)
Beg.Marmolata di Rocca-Direkte Südwand "Gogna/Via del Cinquantenario Fisi",VI/A1,800 HM,
3309m, (Dolomiten)
Beg.Punta Tissi-Nordwestwand "Philipp-Flamm",VI/A1,1130 KM 2992m, (Civettagruppe)
Beg.Scheienfluh (Schijenfluh)-Westwand "Niedermann",VI/A2,300 HM,2625m, (Rätikon)
Beg.Sagwandspitze-Sagwandpfeiler,3227m, (Zillertaler Alpen)
Beg.Hoher Tenn-Nordwand,3318m, (Glocknergruppe,Hohe Tauern)

Gerd Schauer, Isny im Allgäu

geboren in Warnsdorf (Tschechien)
gestorben in Tschambreu/Silvretta (Österreich)

Professor Dr. Egon Pracht
* 18. Dezember 1938 + 8. April 1986
Der Anruf kam, wie die meisten Anrufe dieser Art, unerwartet und erschreckend, machte betroffen, zunächst ungläubig und dann doch ahnend, daß die Nachricht al-lein den Tatsachen entsprach: »Gerade hab' ich es in der Nachrichtensendung gehört; Egon hat den Schirm zugemacht! Eine Lawine in der Silvretta.« Wie oft habe ich in den letzten Jahren diesen so schnoddrig klingenden und doch nur die furchtbare Wirklichkeit umschreibenden Satz gehört!
Eine Lawine! Ausgerechnet Egon, der wohl wie wenige andere um die Tücken und Gefahren des winterlichen Hochgebirges wußte, der auf zahllosen Skitouren in den Ost- und Westalpen jenes Vertrautsein mit Schnee und Eis gewann, das ihm erlaubte, fast alle hochalpinen Unternehmungen für seine Begleiter und sich zu einem glücklichen Ende zu bringen.
Egon, das war seinerzeit ein Begriff, auf der Schwäbischen Alb genauso wie im Gesäuse oder in Chamonix, in der Civettag ruppe wie im Wettersteingebirge; die Ziele für seinen ungebremsten Auftrieb, für seine scheinbar unerschöpfliche Energie lagen verteilt im gesamten Alpenraum, Im Allgäu fingen für ihn die »großen Berge« an und fanden ihre Krönung an den Granitwänden und den Eisgipfeln der Westalpen, an den Bergen rund um Chamonix.
Egon war Dozent an der Pädagogischen Hochschule in Reutlingen. Er hatte sich diese Position, die ihm so viele freie Tage im Jahr bot, durch ungewöhnliche Zähigkeit und Beharrlichkeit, durch ein Übermaß an Wissen und Fleiß erarbeitet. Sein Studium finanzierte er sich mit harten Bauarbeiterjobs. Nun wollte er die Früchte seiner Schufterei, eben jene freien Tage, nicht dadurch gefährdet sehen, daß er montags unpünktlich oder gar nicht vor seine Zuhörer trat. Aber: An manchem Wochenende wurde »Va banque« gespielt, manche Führe in einem Stil und einer Zeit durchstiegen, die viele für schlichtweg unmöglich hielten; oft mobilisierte sein ohnehin eiserner Wille die letzten Reserven in sich und seinem Partner, um rechtzeitig zu Hause am Arbeitsplatz zu sein.
Egon: Seinerzeit ein Begriff auf der Alb und im Gebirge, über Jahre hinweg, als Kletterer, Bergsteiger, Skitourengeher. Hier konnte er, eine geballte Ladung aus Willenskraft, Zähigkeit und körperlicher Kraft, seine Fähigkeiten voll ausleben.
Es ist schwer, über einen Menschen zu schreiben, der allzu früh abberufen wurde, schwer, eine Persönlichkeit, wie es Egon Pracht war, zu skizzieren. Die Zeit hat die Ecken und Kanten, Fehler und Schwächen, die in uns allen sind und auch in ihm waren, abgerundet. Das Wörtchen »war« bedeutet Vergangenheit, das Wissen um die Realität schmerzt. »... und immer wenn wir uns deiner erinnern, spüren wir dein Fehlen.«
Karlheinz Matthies
Quelle: Der Bergsteiger 1986, Heft 7, Seite 33

Quelle: Bergwelt 1986, Heft 6, Seite 33

Egon Pracht
* 18. Dez.1938 ? (+) April 1986
In den ersten Apriltagen ist Egon Pracht zusammen mit seinen Gefährten Georg Embacher und Gottfried Fischer durch eine Lawine ums Leben gekommen. In der Nordostflanke der überm Vermunt-Stausee stehenden Tschambreuspitze, 2604 m (Nordwest-Silvretta), hatte sich unvorhersehbar ein Schneebrett gelöst und die drei Skitourenfahrer unter sich begraben. Erst Tage später, als sie nach der Osterwoche nicht heimkamen, begann man zu suchen, fand alsbald ihr Auto und schließlich am 8. April auch die Toten.
Unser Klubkamerad Pracht stammte aus Warnsdorf in Nordböhmen, heute CSSR, einem zwischen Zittauer- und Elbsandsteingebirge gelegenen, einst rein sudetendeutschen Gebiet. In jenem, damals nicht ganz 30.000 Einwohner umfassen¬den Städtchen ist er am 18. Dezember 1938 geboren worden. Nach dem Krieg aus der alten Heimat vertrieben, ging ihm die Erinnerung an das ursprüngliche Zuhause nie verloren; ich habe wenige kennengelernt, die sich nach so vielen Jahren noch immer derart lebendig mit ihrer verlorenen Heimat verbunden fühlten.
In Schwaben fand der junge Egon eine neue Heimat. Sein beruflicher Werdegang ließ ihn nach Schulzeit, Studium und Promotion in Württemberg Gymnasiallehrer werden und schließlich Professor für Mathematik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Er wohnte in Gärtringen, nicht weit von Stuttgart. Egon Pracht hinterläßt eine Frau mit drei Kindern.
Uns wird er als einer der leistungsfähigsten und vielseitigsten deutschen Bergsteiger in Erinnerung bleiben. Prachts Stärken lagen sowohl bei der Mittelgebirgskletterei in seiner schwäbischen Umgebung wie bei alpinen Unternehmen jeder Art, im schwierigen Fels ebenso wie im kombinierten Gelände oder im reinen Eis sowie bei winterlichen Skihochtouren. Immer wieder veranlaßte seine unermüdliche Aktivität zum Staunen. Ihm glückten nicht nur zahlreiche Extremtouren im ostalpinen Raum, angefangen bei fast allen namhaften Rätikonrouten über Wetterstein-, Kaiser-und Karwendelanstiege, dazu etwa Sagwandpfeiler und Ortler-Nordwand, bis hin zu einigen der bedeutendsten Dolomitenwände, beispielsweise Via dell'Ideale an der Marmolata (3. Begehung) oder die Philipp-Flamm-Route an der Punta Tissi im Civetta-Massiv. Nicht weniger erfolgreich betätigte er sich in den Westalpen, wo ihm an den Grandes Jorasses Croz- und Walkerpfeiler gelangen, an der Dru die Westwand und der Bonattipfeiler, weiter die Nordwände von Courtes und Triolet,
von Dent d'Hérens und Matterhorn und vieles mehr. Egons Umsicht bei allen seinen Unternehmungen, seine enorme Erfahrung, seine Konditionsstärke, Schnelligkeit am Berg wie sein Durchhaltevermögen und sein oft trockener Humor galten bei allen, die ihn kannten und schätzten, als rundherum vorbildhaft. Mit ihm am Berg zu sein, war in der Regel mehr wert als die beste Lebens¬versicherung. So kamen seinem Wort und seinem klaren, nüchternen Sachverstand beim Sicherheitskreis im Deutschen Alpenverein, dem er jahrelang angehörte, erhebliches Gewicht zu. Gleiches läßt sich über die Zuverlässigkeit der von ihm verfaßten Alpenvereinsführer sagen, seinen Sellaführer wie seinen Skiführer "Silvretta und Rätikon". Zur Fertigstellung weiterer Führer, an denen er arbeitete, sollte es nicht mehr kommen. Wer den stets bescheiden gebliebenen, sympathischen Egon Pracht sonst nicht kannte, kannte doch zumindest seine fundierten und gut geschriebenen Zeitschriftenartikel zu vielerlei alpinen Themen. Und es war keineswegs nur das Bergsteigen in allen seinen Erscheinungsformen, dem aktiven Tun wie der geistigen Auseinandersetzung damit, was ihn während der wichtigsten Jahrzehnte seines Lebens fasziniert hat. Da gab es auch noch manches andere, den geschätzten Beruf, das Werden und Vergehen der Welt um uns, Literatur, Politik. 48 Lebensjahre, sie hätten eigentlich kaum mehr als die Mitte seines erfüllten Hierseins bedeuten sollen.
Dietrich Hasse
Quelle: Österr. Alpenzeitung 1986, Folge 1469, Seite 96-97

Quelle: DAV Mitteilungen 1986, Seite 198





Geboren am:
18.12.1938
Gestorben am:
08.04.1986