Zeppezauer Moritz

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Biografie:
Dr. Moritz Zeppezauer
Am zweiten Weihnachtsfeiertage haben wir ihn begraben auf dem wunderschönen Salzburger Friedhof, auf den der Untersberg so feierlich ernst herniederschaut. Seine letzten Lebensjahre waren, verkümmert durch Krankheit und durch die Kriegsverhältnisse, unter denen er in jeder Beziehung schwer litt, recht traurig: gebrochen der einst so straffe Geist, bei jeder Gelegenheit die niederschmetternde Erkenntnis: „Es geht nicht mehr!", ein fortdauernder Notschrei nach dem Erlöser Tod und ein qualvolles Nicht sterben können!
Aber nicht dieses traurige Bild soll uns von ihm vorschweben! So wollen wir ihn in der Erinnerung behalten, wie er auf dem Höhepunkte seines Schaffens war!
Damals war er sozusagen der Alpenverein, er ging förmlich auf in der Tätigkeit für die Sektion, die er seit 1903 als erster Vorstand leitete. Er hatte die Zügel fest in der Hand und mit einer Art von Eifersucht wachte er darüber, dass alles durch ihn geschehe, dass er zum mindesten von allem wisse, was seine Sektion betraf. Und diese fuhr wohl dabei. Sie erreichte unter seiner Leitung kurz vor Ausbruch des Krieges den Höchststand der Mitglieder; dank den vielen persönlichen Beziehungen, die er, in Stadt und Land wohlbekannt, eifrig pflegte, blühte das Sektionsleben; er sorgte für Vortragsabende, er veranstaltete Vereinsausflüge. Er hatte auch das ungemein mühevolle und zeitraubende Führerreferat inne, er leitete früher persönlich jeden Führertag und übernahm immer selbst die umfangreichen Vorarbeiten für die Abhaltung der Bergführer-Lehrkurse in Salzburg. Obwohl er oft stöhnte unter der selbstaufgebürdeten Last der Arbeit, zog er doch immer neue Pflichten an sich, trachtete er, den Wirkungskreis der Sektion noch zu erweitern; und so wurden unter seiner Vorstandschaft der S. Salzburg die Führeraufsicht und die Leitung des alpinen Rettungswesens im ganzen Kronlande Salzburg übertragen — außer dem Gebiete von Krimml; dass dieses eine Sonderstellung einnehmen sollte, war ihm ein Dorn im Auge. Er war auch Obmann der alpinen Rettungsstelle in Salzburg und versah als solcher das schwere und verantwortungsvolle Amt, Rettungsexpeditionen vorzubereiten und zu entsenden.
Dem Weg- und Hüttenbau hielt er unablässig sein Interesse zugewendet. Unter seiner Vorstandschaft wurde der schwierige Zubau zum Zittelhaus auf dem Sonnblickgipfel hergestellt, und als das Untersberghaus abgebrannt war, mußte an einen Neubau geschritten werden, der durch den Kriegsbeginn empfindlich beeinträchtigt wurde. Unmittelbar vorher aber hatte die Sektion zwei kleinere Hütten erworben, die Sölden- und Torrenerjochhütte; sie sollten zunächst Vollwerke sein, um den damals äußerst gefährdeten Aufstieg auf das Tennengebirge und den Durchgang durch das Bluntautal der Touristik zu sichern. Es war dies die Zeit, da die Fälle sich in unerträglicher Weise häuften, dass Wege von Jagdherren gesperrt, ja ganze Gebiete dem Bergwanderer verschlossen wurden (der von Dr. Zeppezauer angelegte Faszikel „Blühnbach" spricht in dieser Beziehung im wörtlichen Sinne Bände!). Da setzte er sich mit Ingrimm für die idealen Rechte des Alpinismus ein und in diesem Kampfe für die Freiheit unserer Bergwelt sah er sein eigentlichstes Lebenswerk. Nach seinem ganzen Wesen und Beruf — er war Rechtsanwalt — war er eine Kämpfernatur; aber er focht für Recht und Wahrheit! Klein und unansehnlich von Gestalt, war er doch ein aufrechter, ganzer Mann, ein durchwegs gerader Charakter. Unerschrocken und zäh hielt er auch in dem aussichtslos scheinenden Kampfe mit weit überlegenen Gegnern aus und wußte dabei eine oft recht scharfe Klinge zu führen. Unermüdlich rief er zum Verteidigungskampfe auf und es gehörte zu seinen herbsten Enttäuschungen, dass er sein Ziel nicht ganz erreichte.
Auch im Alpenverein selbst, besonders bei den Hauptversammlungen, an denen er seit vielen Jahren als regelmäßiger Besucher tätigen Anteil nahm, war er meist auf Seite der Opposition zu finden; aber „Sauerteig muß sein, sonst geht das Brot nicht!". Und er, der die Jugend unseres Vereins miterlebt hatte, glaubte mit Besorgnis im Vereinsorganismus Spuren beginnender Alterserscheinungen zu entdecken, denen man beizeiten sein Augenmerk zuwenden müsse. So „zentralistisch" er in seiner Sektion wirkte, so „zentrifugal" erstrebte er das Heil und die Gesundung des Gesamtvereins. Dieser war ihm schon zu groß, zu einem zu schwerfälligen Körper geworden, seine Hauptversammlungen schienen ihm immer mehr zur bloßen Formalität herabsinken zu wollen. Demgegenüber sah er frisches, gesundes Leben in dem Zusammenschluss von Sektionen einheitlicher Gebiete zu kleineren Verbänden, wofür der schon 1874 gegründete „Salzburgisch-chiemgauische Sektionentag" wohl das älteste Beispiel bildet. Auf diesen hielt er große Stücke; die jährlichen Sektionentage Pflegte er mit regem Eifer und es schmeichelte ihm, dass er regelmäßig mit ihrem Vorsitz betraut wurde. Auch dem Hauptausschuh unseres Vereins gehörte er nach dessen Erweiterung an; doch nur ein Jahr, denn bei der ersten Auslosung der Auszuscheidenden wurde sein Name aus der Urne gezogen. Das kränkte den ehrgeizigen Mann und scherzhaft äußerte er sich oft über die Bosheit dieses Loses.
Bissig und scharf konnte er sein, aber er meinte es gut dabei und hinter einer rauhen Schale barg sich ein trefflicher Kern. Darum hatten ihn auch z. B. die seiner Aufsicht unterstellten Führer gern, weil sie merkten, dass er trotz seiner mitunter etwas unwirschen Art ein Herz für sie habe. Und an seiner Heimat, im besonderen an deren erhabener Bergwelt hing er mit begeisterter, treuester Liebe. Diese Liebe war es, die ihn seine Stimme dagegen erheben ließ, daß der Alpenverein seine Tätigkeit auch auf auswärtige Gebiete ausdehne, Liebe zur engeren Heimat war auch der Grund, weshalb er nicht miteinstimmen mochte in den fast zum Kampfgeschrei gewordenen Ruf „Exzelsior!" Selbst ein tüchtiger Durchschnittstourist und guter Kenner unserer Ostalpen, maß er die Berechtigung des Alpinismus nicht nach Höhenmetern.
Für den Alpenverein hat er gelebt und besonders die S. Salzburg hat ihm viel zu danken. Sie hat dies dadurch anzuerkennen gesucht, dass sie zu einer Zeit, als es ihm schon nicht mehr gut ging, das neue Schuhhaus auf dem Untersberg ihm zu Ehren „Zeppezauer» Haus" nannte; das war im Dezember 1914. Es war ihm nicht mehr beschieden, seinen lieben Untersberg zu besteigen. Wie Moses das gelobte Land, so sollte er nur aus der Ferne das schmucke Haus sehen, das seinen Namen trägt und das er so gerne zur Sieges- und Friedensfeier eröffnet hätte. Still schaut es nun von ragender Höh' auf sein Grab in der weiten Ebene herab, und seine blinkenden Fenster winken dem müd' gewordenen Wanderer zu: Exzelsior! Und nun hat er gegen diesen Ruf nichts mehr einzuwenden.
Dr. H. Hackel, Salzburg.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1918, Seite 10-11

Dr. M. Zeppezauer (+)
Am 24. Dezember v. J. ist nach langem, schwerem Leiden der langjährige, verdienstvolle Vorstand unserer S. Salzburg, Dr. M. Zeppezauer, verschieden. Mit ihm ist einer der treuesten, begeistertsten Anhänger unseres Vereins dahingegangen, einer jener Männer, die durch unentwegte, selbstlose Mitarbeit zur überragenden Entwicklung des Gesamtvereins beigetragen haben. Seine Verdienste um diesen und um den Ausbau und die Förderung der S. Salzburg werden an anderer Stelle dieses Blattes ausführlich gewürdigt.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1918, Seite 11



Gestorben am:
24.12.1918