Posch Werner

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Biografie:
POSCH WERNER
"Na, Burschen, jetzt könnt's amal drei Sunntig mit mir nit rechnen am Berg, isch eh lei a Sauwetter bei uns, i fahr mit der Familie ins Gargano und mach an gepflegten Campingurlaub!" So oder so ähnlich verabschiedete sich Werner an jenem Clubabend, an dem ihn die meisten seiner Gipfelstürmerkameraden zum letzten Mal sahen. Wie es so seine Art war, machte er sich auch an dieses Unternehmen mit der Vollkraft seiner Begeisterung, wodurch es noch einige Tage ungetrübten Beisammenseins mit seinen Lieben gab. Untätig in der Sonne liegen konnte Werner aber unmöglich. Er und sein Partner Herbert Knoflach hatten die Rennräder mitgenommen und fuhren fleißig durch die Gegend. Natürlich kamen sie auch am Wahrzeichen von Vieste vorbei, dem Pizzo Munno, der Werner gleich so faszinierte, daß er beschloß, diesen ca. 26 m hohen und von allen Seiten senkrecht aufstrebenden Felsturm so bald als möglich zu besteigen. Wer von den Kletterern diesen Turm gesehen hat, war wohl sicher vom gleichen Gedanken durchdrungen: "Nix wia aufi da!" Ich kenne etliche Beispiele aus dem Kreise abgestürzter, großartiger Kletterer, bei denen man zu ihrem Schicksal immer wieder sagen möchte: Das hätte nicht sein müssen, bei denen man aber die unabänderliche Bestimmung für dieses Tun erkennen kann.
Werner war gerade am Beginn der heurigen Klettersaison in Hochform. Beim Pfingsturlaub in den Calanques holte er sich auf schwierigsten Anstiegen Selbstvertrauen und war auch danach öfters im Fels als die meisten von uns. Es wundert mich daher nicht, daß er es sich zutraute, diesen Turm auch alleine zu ersteigen. Ohne jegliche Hilfsmittel erklomm Werner barfuß die Spitze dieses äußerst schwierigen Turmes und daß er sich das nicht als alpine Großtat vorstellte, erkennt man aus der Tatsache, daß er nur schnell ein einziges Foto von unten durch Herbert aufnehmen ließ, das ihn auf dem Gipfel zeigt. Beim Abklettern, ca. 4 m unter dem höchsten Punkt, ist es dann passiert. Rechts brach ein Griff aus und Werner stürzte gut 20 m auf den kompakten, nassen Sand des zeitweise umspülten Strandturmes. Jede Hilfe war vergeblich. Werner schied zu einer Zeit und in einer Art und Weise aus dem Leben, um die man ihn eigentlich beneiden müßte, wäre es dem Menschen nicht von Natur aus eingegeben, jede Art von Weiterleben der Endgültigkeit des Todes vorzuziehen.
Werner stand in der Hochblüte seines Lebens, er hatte alles erreicht, was uns erstrebenswert erscheint. Er war in seinem Beruf ein anerkannter Fachmann und durch seinen Fleiß und seine positive Lebensauffassung war es ihm gelungen, seine Familie nicht nur zu gründen, sondern auch in idealer Weise zusammenzuhalten. Obwohl er sich in seiner Freizeit auch dem Schilanglauf und dem Radsport widmete, gehörte seine ganze Liebe dem Bergsteigen in jeder Form und alles andere konnte nur als Training zu diesem eigentlichen Ziel seines Strebens gelten. Er war die Seele unserer Tourenschiwochen, bei denen er Gratüberschreitungen im Winter durchführte und Gipfel erreichte, die sogar im Sommer nur selten erstiegen werden. Als Techniker war er immer über den neuesten Stand der Entwicklung auf dem Materialsektor informiert und scherzhaft bezeichnete ich ihn einmal als "Materialfetischisten", da er sich diebisch freuen konnte, wenn z.B. seine Schi mitsamt der Bindung nur soviel wogen, wie bei mir ein Schi alleine. Langsam, überlegt und sicher steigerte Werner seine Leistungen beim Klettern und seit zwei Jahren gehörte er zu den Besten, die in eleganter Manier schwierigste Wände bezwangen. Der Bogen seiner alpinen Tätigkeit spannt sich von den Schüsselkarwänden bis zur Buhlvariante am Ciavazes und läßt sich hier in der Kürze nicht entfernt beschreiben. Mit Werner hat uns ein Kamerad verlassen, dessen ungezwungene Heiterkeit, dessen lustige Sprüche und dessen riesigen Auftrieb wir wohl immer vermissen werden.
Walter Spitzenstätter
Quelle: Festschrift 70 Jahre Alpine Gesellschaft Gipfelstürmer 1981, Seite 61-62