Kucharz Franz

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Biografie:
geboren in Wien (Österreich)
Quelle: Österr. Alpenzeitung 1931, Seite 98 f

Franz Kucharz (+) (Zur fünften Jährung seines Todestages.)
Am 1. Januar 1931 ist in Wien der Inspektor der Österreichischen Bundesbahnen i. R. Franz Kucharz, nachdem er vier Tage vorher sein 75. Lebensjahr vollendet hatte, gestorben. Er hatte sich schon seit Jahrzehnten gänzlich zurückgezogen und verkehrte nur mehr in seinem engsten Freundeskreis. Außer diesem wußte fast niemand von seiner emsigen, stillen Arbeit als Schriftleiter der drei Bände von Meyers Reiseführer „Deutsche Alpen". Durch 18 Jahre war ihm dieses mühe- und verantwortungsvolle Amt anvertraut gewesen und die damit verbundene Tätigkeit sozusagen sein Lebensinhalt geworden. In der Zeit der Erschließung der österreichischen Alpen, des rasch ansteigenden Verkehrs und des sprunghaft sich entwickelnden Bergsteigertums war dies eine schwierige Aufgabe. Sie konnte von Franz Kucharz gelöst werden, da ihm außer der mit seinem Eisenbahnerberuf verbundenen Freizügigkeit auf sämtlichen Bahnstrecken eine unermüdliche Ausdauer und minutiöse Genauigkeit zu eigen war. Sonntag für Sonntag opferte er die beiden Nächte zu systematisch angelegten Fahrten, wanderte, stieg, notierte und registrierte, freute sich jedes neuen Eintrages, jedes neuentdeckten Gasthauses an seinem Weg und jedes neuen „lohnenden" Punktes. So lebte er — von seinen Freunden und Fahrt genossen oft damit gehänselt — von diesem bei seinen Anpreisungen stets gebrauchten „sehr lohnend" von Woche zu Woche, von einer Fahrt nach Tirol bis zur nächsten an die Adria. Seinen Aufschreibungen zufolge legte er mindestens 400.000 Bahnkilometer (allein in den Jahren 1888 bis 1908 genau 324.250 km) zurück, mithin eine Gesamtstrecke von zehn Äquatorlängen, und bestieg an die 500 Berggipfel. Seine langjährigen ständigen Begleiter waren die bereits dahingegangenen Freunde Fehlinger, Niemetz und v. Statzer, in deren Rucksäcke er sein Nötigstes verstaute und ihnen, stets in langen Hosen, nur mit einem kurzen Stock ausgerüstet, als Schrittmacher voraneilte. Was von Wien aus über einen Tag mit raffinierter Ausnützung aller Fahrgelegenheiten zu erreichen möglich war, kam auf seine Turenlists. Und die war für die Ostalpen geradezu erschöpfend. Ohne Spitzen zu sammeln, wie es viele tun, um mit deren Zahl sich zu brüsten, hat Kucharz in Verfolgung seiner durch die Übernahme des Meyerschen Reisebuches sich auferlegten Bereisung der gesamten Ostalpen, planmäßig vorgehend, alle für den Durchschnittsturisten in Betracht kommenden Übergänge und Gipfel besucht. So ist es ihm gelungen, eine einheitliche und lückenlose Darstellung zu geben und den ihm anvertrauten Band zu einem unentbehrlichen Behelf für alle zwischen dem „Baedeker" und dem „Hochtourist" sich stellenden Ansprüche auszugestalten. Vor mir liegt als stummer Zeuge der „Deutschen Alpen" dritter Teil, ein abgegriffener Band, Seite für Seite mit Ergänzungen und Verbesserungen enge beschrieben. Er ist eine eindringliche Erinnerung an den Bienenfleiß seines dahingegangenen Besitzers, der in dieser Form und zum Vorteil aller Alpenfreunde der Begeisterung für seine heimatlichen Berge Ausdruck gab.
H. W.
Quelle: DÖAV Mitteilungen 1936, Seite 22

Geboren am:
1856
Gestorben am:
01.01.1931