Amrhein Willy

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Biografie:
WILLY AMRHEIN (+)
Vor wenigen Wochen bestatteten sie auf dem Friedhof von Engelberg einen Mann, der wie wenige mit unserer Talschaft verwachsen schien, Kunstmaler Willy Amrhein. Wer kannte ihn nicht, den schönen, bärtigen Jäger, wenn er mit Flinte und Pickel auszog an sein Werk in die lieben Berge! Aber auch ausserhalb unseres Tales, vorab in Kreisen der Alpinisten und Jäger, hatte er sich verdiente Achtung und Freundschaft erworben.
Amrhein rann Künstlerblut in den Adern. Idealist ist er Zeit seines Lebens geblieben. Dazu glühte in seiner Seele eine Liebe zur Natur, zu den Bergen der Heimat, die immer wahr und tief ging, die nicht nur nehmen und geniessen, nein, die sich selbst auch hingeben und schenken wollte. Hatte er schon während seiner Lehrjahre in der Münchener Kunstschule jede Mussestunde benützt, um befreiende Bergfahrten zu unternehmen oder auf flinkem Ski den Zauber des Winters zu erkosten, so litt es ihn, in die Bergheimat zurückgekehrt, erst recht nicht mehr in dumpfen Stuben und engem Gemäuer. Er musste hinaus und hinauf zu Luft und Licht und Höhen. Dieser innerste Drang wies auch seiner Betätigung als Künstler die Bahn. Mehr und mehr wählte er die Natur als Gegenstand, bevorzugte die Hochgebirgs-szenerie und die Winterlandschaft, wo er seine gründliche Beobachtungsgabe und seine reiche seelische Empfindung mit der Kunst des Pinsels zu vermählen verstand. Möchte doch eine berufene Feder uns bald einmal die Verdienste Amrheins um die alpine Malerei in Wort und Bild vor Augen führen!
Geräuschvolle Vereinsmeierei war dem Verewigten zuwider. Dem Bergfreund konnte aber die Bedeutung eines S. A. C. für die Erschliessung und wissenschaftliche Erforschung unserer Alpen nicht entgehen. Deshalb sammelte er im Jahre 1910 eine Schar Gleichgesinnter um sich und gründete die Sektion Engelberg, deren Mittelpunkt und Seele er blieb bis zu seinem Tode. Nur wer weiss, welche Hindernisse einer lebenskräftigen Organisation in Berggegenden erwachsen, wo der einzelne Kopf so frei und selbständig. aber oft auch so hart und kantig sein kann wie der Fels, mag ermessen, wie geschickt unser Willy in seiner bedächtigen, ruhigen Art zu Werke ging, bis er seiner Sektion ihre grosse Wertschätzung und Blühte erzielte. 15 Jahre lang, bis ihn seine Krankheit zum Rücktritt nötigte, leitete er sie als Obmann. Eine grosse Summe von Arbeit hat er um Gottes Lohn geleistet. Mustergültig bereitete er jeden Anlass vor. Immer nahm er persönlich Anteil, und wo er selbst die Turen leitete, bewährte sich seine glänzende Führerbegabung bis in alle Einzelheiten. In dankbarer Würdigung seiner Verdienste ernannte ihn die Sektion vor Jahresfrist zu ihrem Ehrenmitgliede.
Seinem Charakter entsprechend, der nicht in die Breite und Weite, wohl aber in die Tiefe ging, blieb der Schauplatz seiner alpinen Betätigung die engere Heimat. Wohl ist er auch mit Befriedigung und schönen Eindrücken von auswertigen Bergwanderungen zurückgekehrt, aber seine ganze Liebe, seine ganze Seele schenkte er nur ihr. Um Engelberg kannte er aber wie kein zweiter jeden Weg und jeden Steg. Alle Gipfel und Grate hat er bezwungen, alle Bänder und Hänge und Wälder durchstreift. Jeder Pflanze und jedem Wild kannte er Stand und Namen. Ein besonderes Geschick verriet er im Auffinden seltener Versteinerungen, wie er überhaupt ein geologisches und botanisches Wissen besass, das an einem Laien überraschen musste. Heimatschutz und Heimatkunde von Engelberg verlieren mit ihm einen ersten Förderer. In der Vollkraft seines Lebens gab der kaltblütige Gemsjäger oft auch Proben als kühner Felskletterer, der vor keinem Hindernis zurückschreckte. Den Hahnen bezwang er von der Westseite, den Absturz des Nünalphorn zum Sonnigberggrat im Abstieg und Aufstieg. Der berühmten Titlisbesteigung über die Nord-wand von Hofad auf den Gaitiberg hat er die Wege geebnet. Nichts war ihm aber mehr zum Ekel als Grosshanserei, Schein und Kraftprotzentum.
Auch der alpine Wintersport fand in ihm einen warmherzigen Freund. Die technische Kommission des schweizerischen Skiverbandes wusste seine rege Mitarbeit dankbar zu würdigen.
Wer den ernsten, stämmigen Mann daherschreiten sah, ahnte nicht, dass hinter der rauhen Schale ein wahrhaft goldener Kern verborgen lag, eine Seele voll Dienstbereitschaft und Treuherzigkeit, hingebender Freundschaft und Liebe, vor allem aber von einer eigenartig tiefen Empfindung für das Wahre. Sein Wesen offenbarte er aber nur denen, die ihm im Leben als Freunde näher getreten sind. Seine Freundschaften aber schloss er nicht am Biertisch und im Geschäft, sondern draussen und droben in der freien Natur.
Wie ein Held in der Schlacht ist er von uns geschieden. Als er mit Nagelschuh und Flinte auszog nach den herbstlichen Höhen, berührte ihn unsanft der Tod und zwang ihn zu Boden. Noch einmal schien seine Kraft zu siegen unter der hingebenden Pflege seiner edlen Gattin, die mit ihm verständnisvoll und treu die Freuden und Mühen des Lebens geteilt hatte. Aber am 1. Oktober liess ihn eine erneute Lungenblutung, noch nicht ganz 53jährig, schnell und sanft ins Jenseits hinüberschlummern. Dort ruhe er in Gottes Frieden!
P. Placidus Hartmann.
Quelle: SAC - Chronik des SAC und kleine Mitteilungen 1926, Seite 213


Gestorben am:
1926