Amort Konrad

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Biografie:
Geologe.
Mitglied der DÖAV Sektion Bayerland
Mitglied des Österreichischen Alpenklub
In den Bergen verunglückt - Kleine Zinne am 15.9.1924

Konrad Amort
(1921 - 1924)
"Mitten in einer wunderschönen Hochgebirgsgegend steht auf keck vorspringender Felskanzel ein junger, schlanker Zirmbaum. Seine nächsten Nachbar sind knorrige, rauhrindige Riesen, vom Sturm zerzaust, die mächtigen, braunroten Stämme über und über mit Narben bedeckt. Man sieht es, daß sie schwer zu kämpfen haben. Uralt sind sie schon und jedes Jahr reißt neue Lücken in ihre Reihen. Frische Kraft tut not. Wohl tragen sie reichlich Frucht, aber zum großen Teil umsonst.
Ihr bester Stolz und ihre beste Hoffnung ist unser junger Zirmbaum. Frei steht er da, der schlanke zähe Stamm, bolzengerade, geschmückt mit dem breiten Kegel dunkler Nadelpracht und mit festem, weitklammerndem Wurzelwerk haftet er tief in der heimatlichen Scholle.
Gute und auch manch schlechte Stunden hat das Bäumchen schon erlebt. Das Schöne hatte es freudig dankbar empfangen, das Schlechte war in ihm und drängte nach Befreiung, nach Kampf.
Es war ja auch schon die Zeitgekommen, wo es seine ersten Früchte tragen sollte. Die Äste bogen sich unter der Last der schweren, blauschimmernden Frucht.
Doch es sollte anders kommen.
Herbstwetter im Gebirge. Leise tropft der Regen. Naß rieselt es über Wand und Block, durch Spalt und Ritze und wäscht und löst und lockert. Und eines Tages bewegt sich droben im wilden Gemäuer des Grates, wo Himmel und Erde sich zu berühren scheinen, ein Felsblock. Schwerfällig fällt und poltert er erst herab, dann scheint Leben und Wille in ihn zu fahren und in mächtigen Sprüngen eilt er zur Tiefe.
Scharfe Wunden reißt er in die magere Grasnarbe, Äste und Nadelschöpfe fliegen. Zum letzten Sprung hebt er sich jetzt. Ein Sausen, ein Krachen und Prasseln? und alles ist vorüber. Zerschmettert und zerknickt liegt der jugendkräftige Stamm tief unten in der wilden Steinrunse.
Der Wind heult in den Felsen, die alten Bäume stöhnen und ächzen und der Himmel trieft und tropft. Grau ist alles rundum, und traurig, Allerseelenstimmung in der Natur."
Ein trauriges Märchen habe ich euch da erzählt, liebe Klubbrüder und doch geschieht es so oder ähnlich tausendmal in der Natur und im Menschenleben. Für den Fernstehenden ist es etwas Natürliches, Unabänderliches, ein Zufall, höchstens ein bedauerliches Unglück, für den Nahestehenden ein grausamer Schicksalsschlag.
Und voriges Jahr im Herbst, da hat es uns getroffen. Einer der Jüngsten und Besten von uns, unser Aktiver Konrad Amort fand den Tod in den Bergen.
Kurz war sein Leben, aber so rein und schön wie das des jungen Zirmbaumes. Kaum einundzwanzig war er alt, ein junger Aktiver, mitten im Studium, gerade dabei, sich den starken Grund für sein künftiges Leben zu schaffen.
Aber bei all seiner Jugend schätzen ihn die, die ihn kannten, schon sehr hoch, seine Lehrer, Seine Bergkameraden, seine Freunde. Nur diese können ermessen, was mit Konrad an unverbrauchter Kraft, gründlichem, gediegenem Wissen, was mit ihm für ein hoffnungsvoller Mensch verloren gegangen ist. Halbheiten liebte er so wenig, wie er sich auch nicht an Vielerlei zersplitterte. Sein Leben, Tun und Denken war erfüllt von den Bergen und seinem Fach, der Geologie. Darin Hervorragendes zu leisten, war sein fester Wille und er hätte es sicher wehr weit gebracht.
Von seinem Wesen, von seiner Art und seinem Denken könnte ich euch viel erzählen, doch wozu? Wirkliche Freunde hatte Konrad wenige. Er war ja ein so ruhiger, wenig mitteilsamer Mensch. Man mußte ihn suchen, wollte man ihn kennen lernen.
Diesen wenigen nun kann ich nicht mehr Neues sagen, die werden ihn ihr Leben lang in guter Erinnerung bewahren, als einen treuen, rechten Freund.
Euch anderen Klubbrüdern aber, die ihr weniger einen guten Freund, als ein hervorragendes Mitglied unserer Korporation verloren habt, Euch will ich kurz seinen Lebenslauf schildern, und Euch zeigen, was Amort in seinem kurzen Leben geleistet hat.
Konrad Amort wurde am 24. Jänner 1903 in Innsbruck geboren, wo er auch seine ersten Kinderjahre verlebte. Die Volksschule besuchte er in Kufstein. 1913 trat er dort ins Gymnasium ein, wo ich ihn als Mitschüler bald kennen lernte. Konrad war damals körperlich etwas zurückgeblieben und schwächlich, da er in der Volksschule viel krank war. Schon im Untergymnasium, stärker aber in der fünften Klasse erst, machte sich bei Konrad ein starker Wanderdrang geltend, gepaart mit einem starken Interesse an den naturwissenschaftlichen Fächern. Viel gemeinsame Spaziergänge machten uns zu jener Zeit zu Freunden. Als wir dann aber in der sechsten Klasse mit dem richtigen Bergsteigen begannen, wurden wir gar dicke Freunde. In der Schule schlugen wir uns recht und schlecht durch und als wir im Frühjahr 1921 maturierten, hatten wir weniger Schulkram im Kopf, als Freude an der Natur und am frischen, fröhlichen Wagen in Wänden und auf Graten.
Im Herbst begann dann die Hochschulzeit. Konrad wählte Naturwissenschaften, als Hauptfach Geologie. Mit Eifer und Liebe arbeitete er in den einzelnen Fächern seines Wissenszweiges, fleißig wurden Vorlesungen besucht, praktische Übungen mitgemacht. Seine Lehrer waren voll des Lobes. Nebenbei aber wurde das Bergsteigen immer noch in einem staunenswerten Umfang betrieben.
Schon am 10. Februar 1922 trat Konrad in den Klub ein. Unter der Schar der Klubbrüder fand er einige, die seinem Denken und Wesen entsprachen. Mit Ihnen hat manch lange und schwere Bergfahrt ausgeführt und an stillen Hüttenabenden haben sie ihn besser kennenlernen können.
Als erster Schriftwart und zweiter Vorstand war Konrad im Ausschuß tätig und wußte dort, zum Erstaunen mancher, seine Meinung stets treffend Ausdruck zu geben. Er sprach wenig, aber was er sagte, hatte Kopf und Hand. In bester Erinnerung wird uns allen wohl sein letzter Klubvortrag ?Die Watzmann Ostwand? bleiben, ein Vortrag, der so ganz seinen Charakter und seine Anschauung über das Bergsteigen widerspiegelt.
So kam der Sommer 1924. Nach einer herrlichen, lange ersehnten Schweizer Tur, zog er hinab in die Sellagruppe. Die geologische Verarbeitung derselben sollte seine Doktorarbeit sein. Nach dreiwöchentlicher, fleißiger Arbeit, war das Werk beinahe vollendet. Ein kleiner Teil blieb für den nächsten Sommer.
Schon hatte er zur Heimreise gepackt. Mit seiner Base wollte er nur noch eine kleine Abschiedstur machen. Es galt der Kleinen Zinne. Diese Tur sollte seine letzte werden.
Am 15. September 1924 stürzte Konrad Amort am gewöhnlichen Anstieg auf die Kleine Zinne ab und fand dabei den Tod.
Die Ursachen und Umstände, die das Unglück herbeiführten, sind nicht geklärt. Seine Begleiterin sah Konrad nicht, als er stürzte, und er selbst sagte nichts mehr.
Jetzt ruht er im Friedhof von Sexten, inmitten der herrlichen Südtiroler Berge.
Viel zu früh ging sein Leben zu Ende. So einfach ist es zu erzählen, zeigt so wenig Äußerlich-Prunckendes. Es ist so, wie Konrad selbst war. Etwas rauh und ungesellig, einfach und anspruchslos und gediegen, echt und wertvoll durch und durch.
Nun noch einige Worte über die bergsteigerischen Leistungen Konrads: Schon mit 7 Jahren erstieg er mit seinen Eltern einige Höhen in den bayerischen Voralpen, in den folgenden Jahren einige leichte Berge in Kufsteins Umgebung. Seit 1917 führte er ein Turenbuch. Als 15-jähriger Bub erstieg er im Sommer 1918 eine Reihe von Bergen im Kühtai allein. Damals legte er den Grund zu seinem bergsteigerischen Können, damals begann das schmächtige Pflänzchen zu einem kräftigen Stamm zu heranzuwachsen. Im Jahr 1919 wurde ich sein Turenkamerad. In den fünf Jahren, die seither verflossen, führten wir rund 150 Turen miteinander aus und manch Schönes war zu erleben vergönnt auf diesen oft einsamen Turen.
Wer die lange hagere Gestalt Konrads mit den eigenartig ungelenkig jungenhaften Bewegungen kannte, muß sich wundern, wie leistungsfähig er war. Außerordentlich zäh und ausdauernd vermochte er auf Grund seiner Erfahrung, die er auf Kletterfahrten, auf Eisturen im Sommer, im Winter, beim Schifahren gesammelt, und auf Grund seiner staunenswerten Literatur- und Kartenkenntnisse an schwere Turen heranzutreten und sie ebenso sicher auszuführen.
Man konnte Konrad einseitig nennen, da er soviel in die Berge ging. Aber eben dieses Bergsteigen betrieb er außerordentlich vielseitig. Im bunten Wechsel führte er schwere Kletterfahrten, leichte Bummel aus, bald war er im Kalk, bald im Urgebirge, im Winter führte er neben Schifahrten, viele Winterturen aus. Er suchte nicht Ruhm und Ehre, ihm war das Bergsteigen Selbstzweck und Ziel.
Achtung und Erstaunen wird jeden erfüllen, wenn er nachfolgende Satistik etwas genauer ansieht. Und wenn man in Betracht zieht, daß Amort erst 21 Jahre alt war, so muß jeder zugeben, daß Konrad zu den besten unter den Bergsteigern gehörte. Daß er auch zu den Idealisten gehörte, das wissen die, sie seine Freunde waren, und werden es mir gerne bestätigen.
Fidicut!
Erich Raitmayr

Quelle: Klubnachrichten des Akademischer Alpenklub Innsbruck, 1924/25, Seite 42-45


Quelle: 50 Jahre Alpenvereinssektion Kufstein 1877-1927, Innsbruck 1927, Seite 184

Geboren am:
24.01.1903
Gestorben am:
15.09.1924

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