Kraus Georg von

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Biografie:
gestorben in München

Mitglied des Akademischen Alpenvereins München

Georg von Kraus (+)
Am letzten Januar-Sonntag 1936 war Georg von Kraus noch gesund und freudig, wie je zuvor in seine Berge gezogen auf eine Schitur ins Werdenfelser-Land. Am Dienstag erkrankte er an einer Lungenentzündung und am Freitag war er tot. So rasch spielte sich alles ab, daß viele seiner Freunde ahnungslos in die Berge gezogen waren, die anderen standen erschüttert an seinem Grab. Oft und oft, eigentlich schon von Kindheit an, hat Krankheit und Unglück ihm nach dem Leben getrachtet. Doch immer hat sein zäher Wille, hat sein Lebensmut den Sieg, wenn auch nach hartem Strauß, davongetragen. Diesmal war es anders gekommen.
Zehn Jahre lang gehörte Georg von Kraus dem A.A.V.M. an. Als er im Wintersemester 1926/27 aufgenommen wurde, war er uns kein Unbekannter mehr. Er besaß schon auf der Schule die Be-geisterung für die Berge und das Verständnis für die Eigenart unseres Kreises. So war er eigentlich schon vorherbestimmt, an allem lebhaften Anteil zu nehmen, was mit dem Leben unseres Vereins zusammenhing und auch dazu, ihm Gedanken und Antrieb in vielen Richtungen zu geben.
Er hat als Bergsteiger eine auf ein gerades Ziel gerichtete Linie durchlaufen. Im Klettern schon während der Schulzeit zum Meister geworden, hat er später alle großen und schönen Kletterwände in unseren heimatlichen Bergen, in den südlichen Kalkalpen und in anderen Gebieten durchstiegen, immer auf der Suche nach großen und schönen Erlebnissen, zu denen ihm diese Unternehmungen wurden. Oft auch zog er aus, um neue Wege zu finden, die er sorgfältig auswählte und vorbereitete. Auch in den Westalpen ist er Sommers und Winters gewesen und hat viele der großen klassischen Fahrten gemacht, aber das liebste waren ihm immer im Sommer die Dolomiten und im Herbst, wenn sich die Laubbäume im Kaisertal golden färbten, der Wilde Kaiser.
Er war ein ganz hervorragender Bergsteiger, in den Sommern 1928 und 1929 finden wir in seinen Turenberichten die allerschwersten Felswände. Im Spätherbst 1929 tat unser Schorsch seinen schweren Sturz in der Westverschneidung des Predigstuhls und mußte dann fast ein ganzes Jahr seinen Bergen fern bleiben. Doch gelang es der Kunst der Ärzte, seiner unerhörten Energie und seinem starken Willen, daß er wieder gesund wurde und daß er im Laufe der folgenden Jahre nicht nur wieder in die Berge gehen konnte, sondern sogar wieder ein guter Schiläufer und Kletterer
wurde. In den letzten Jahren merkten seine Begleiter äußerlich nichts mehr von der Behinderung durch die Folgen seines Sturzes. Er war unter den Ersten beim Abfahrtslauf und er ging als Erster am Seil im schweren Fels. Doch die ihn kannten, wußten wohl, daß es stets eine große zusätzliche Leistung seines Willens war, das auszugleichen, was ihm von seinem Krankenlager geblieben war. Sein letzter Klettersommer endete mit einem Versuch, eine große, schwere Wand im Wetterstein zum ersten Male zu durchsteigen. Durch eine lange, kalte Regennacht seilte er und sein Begleiter sich ab, nachdem im obersten Teil der Wand große Schwierigkeiten, die sich gleich das erstemal nicht überwinden ließen, sie zurückgeworfen hatten. Er kehrte mit dem festen Willen zurück, im kommenden Frühjahr die Tur zu vollenden.
Zehn Jahre gehörte unser Schorsch dem Kreis des A.A.V.M. an, zehn Jahre sind wir Freunde gewesen. Unsere Freundschaft war im gemeinsamen Erleben der Berge geschmiedet, die sich uns Jungen damals langsam erschlossen. über diesen Jugendjahren stand eins: Die Tat in den Bergen. Im gemeinsamen Erlebnis dieser Tat, in der höchsten Kameradschaft fanden wir das höchste Glück für den Bergsteiger und für unsere Freundschaft. So sind wenige Augenblicke, in denen dies alles Wirklichkeit wurde, leuchtende Glieder in der Kette unserer Erinnerung: ein kühler Herbstmorgen in der Steinernen Rinne, wo wir Beide zum ersten Male zu schwerer Felsfahrt rüsteten, eine Sommerbiwaknacht auf dem Hochwannergipfel und noch eine auf der Wettersteinspitze und dazwischen ein langer heißer Tag am Wettersteingrat, eine sonnige Silvesterrast auf einem der Samnaumgipfel und eine eisige Sturmfahrt über den Biancograt des Piz Bernina und vieles, vieles mehr. Ein jeder von uns bewahrt in seinem Erinnern ähnliche gemeinsame Fahrten mit unserm Schorsch, in den Dolomiten und in all den andern Bergen, die sein Leben und das unsere erfüllten.
Wenige A.A.V.M. ler wird es geben, die in nähere Beziehung mit Georg von Krau s gekommen sind und nicht irgendwie seine Freunde geworden sind. In seiner Person vereinigten sich besonders viele Fäden persönlicher Achtung und Zuneigung, wie sie zwischen den Kameraden unseres Kreises geknüpft sind. In ungezählten Augen¬blicken und Gelegenheiten gab er durch seine persönliche Haltung Beispiel und Richtung in unserer Gemeinschaft, unvergeßlich ist es uns allen, wie er oft auf der Gaudeamushütte bei einem des Sanges und des Weines frohen Fest die Führung an sich riß und seine mitreißende Lebendigkeit alle Register zwischen ruhiger Besinnlichkeit und ausgelassenster Freude zog. Doch es ist nicht nur der A.A.V.M., den hier dankbare Erinnerung an Georg von Kraus erfüllt, allen Menschen, welche die Berge lieben und irgendwann mit unserem Kreis in Berührung kamen , ist dieser lebensfrohe mitreißende Schorsch unvergeßlich.
Wir sehen in ihm bei aller Fröhlichkeit und allem Einfluß, mit dem er stets alle seine Freunde hinriß, aber noch mehr. Wir sehen eine große innere Stärke, eine eiserne Härte, die er oft bewiesen hat, ein kluges Urteil, einen scharfen Verstand. Wir sehen in ihm im Charakter und Leben das Bild aufrechter Männlichkeit, das uns nie verlassen wird, dessen letzte Worte waren: "Ich bin ein Bergsteiger, ich ergeb' mich nicht";.
Karl Wien.
Quelle: Jahresbericht der Akademischen Sektion München 1935/36, Seite 3 ff

Georg von Kraus kletterte viele Touren in der Hornbachkette (Allgäuer Alpen). Seine Kletterpartner waren meistens Peter Hardegg,Ludwig Kubanek u.Karl Wien
1909 1.Beg.Mitterspitz-Direkte Nordschlucht,2922m, (Dachsteingebirge)
1927 1.Beg.Hintere Kopfwand-Nordostwand,2102m, (Dachsteingebirge)
1927 2.Beg.Große Bischofsmütze-Südwand „Steiner-Hein",2455m, (Dachsteingebirge)
1927 1.Beg.Rofanspitze (Hauptgipfel)-Nordostwand „Nordostkante -Variante",2259m, (Rofangebirge)
1927 Beg.Scharnitzspitze-Direkte Südwand,2463m, (Wetterstein)
1927 1.Beg.Sonneck-Direkte Südwand "Kraus-Sitte-Führe",V+/A0,2261 m, (Wilder Kaiser)
1927 1.Beg.Campanile Alto-Westkante,IV+,600 HM,2937m, (Brenta)
1928 1.Winterbest.Piz Chamins,2933m, (Samnaungruppe)
1928 1.Beg.Kreuztörlturm-Südostkante "Akademikerkante",IV+,60 HM,2173m, (Wilder Kaiser)
1929 1.Beg.Westliche Plattenspitze-Südwand,2493m, (Allgäuer Alpen)
1929 1.Beg.Östliche Plattenspitze-Direkte Südwand,2486m, (Allgäuer Alpen)
1929 1.Beg.Nördliche Wolfebnerspitze- Westwand "Gerade Westwand",V,200 HM,2433m,
(Allgäuer Alpen)
1929 Beg.Fleischbank-Ostwand "Dülfer-Führe",V+,400 HM,2187m, u. Beg.Predigtstuhl-Nordgipfel-Westwand "Fiechtl-Weinberger-Weg",V+/A1,200 HM,2116m an einem Tag, (Wilder Kaiser)
1929 1.Beg.Ackerlspitze-Gesamter Südgrat,2331m, (Wilder Kaiser)
1929 Beg.Riffelhorn "Matterhorn-Couloir",2928m, (Walliser Alpen)
1929 Beg.Weißhorn-Schalligrat,4505m, (Walliser Alpen)
1929 Beg.Aiguille Verte "Wympercouloir",4121m, (Montblancgebiet)
1929 Überschr. Courtes,3856m, (Montblancgebiet)
1929 Beg.Aiguille Bionassay-Nordwestwand,4052m,von der Tete Rousse-Hütte in 2Std.30Min.
(Montblancgebiet)
1931 1.Beg.Goinger Törlspitze-Südostkante,V,200 HM,2227m, (Wilder Kaiser)
1931 1.Beg.Östliches Törleck-Südostwand,V,300 HM u.1. Abstieg nach Süden,2198m, (Wilder Kaiser)
Gerd Schauer,Isny im Allgäu

Gestorben am:
1936

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