Göriacher Röte - Nördliche

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Höhe:
3.011 m
Infos:
Von den Erstbesteigern fälschlicherweise "Bretterspitze" bezeichnet!!

Als ich vom Wildenkogel, den ich Endejuli 1905 besucht hatte, in das Froßnitztal abstieg, waren meine Blicke von der gegenüberliegenden Eichamgruppe gefesselt, insbesondere die Bretterspitze, die Mittereckspitze und der Galtenkopf, die sich zu einem schönen Bilde vereinigten, hielten mich gebannt. Sie stürzen scheinbar in senkrechten Wänden zu den Schuttböden ab, und es schien mir etwas Undenkbares, diesen Bergen von dieser Seite beikommen zu wollen. Aber der nächste Tag sollte mich eines anderen belehren. Es ist eine alte Wahrheit: Bevor man nicht Hand an die Felsen legt, kann man über ihre Begehbarkeit oder Ungangbarkeit kein richtiges Urteil abgeben. Um 4 Uhr morgens waren wir aufgebrochen und anfangs ein Stück das Froßnitztal einwärts gewandert, bis wir auf einem Steg den Bach überschritten, der im Mail-Froßnitzkees seinen Ursprung hat. Dann verfolgten wir einen Steig, der uns genau nach Süden auf den Galtenboden führte. Nachdem wir die erste Mulde erreicht hatten, überschritten wir abermals den nun in mehrere Arme geteilten Gletscherabfluß und stiegen am rechten Ufer über sehr steile Grashänge in gerader Richtung gegen die Bretterspitze hinauf. Nach i'/z Stunden hatten wir das »Kleine Kees«, wie es die Bauern nennen (nordwestlich von der Bretterspitze), erreicht. Hier hielten wir Rast und Umschau. Die Nordwände der Berge sahen jetzt, da wir ihnen etwas näher gerückt waren, schon besser aus, ja die Bretterspitze zeigte sich von Rinnen durchfurcht, und an mehreren Stellen erkannten wir die Möglichkeit, hinaufzukommen. Bald hatten wir denn auch unsern Angriffsplan festgestellt.
Wir stiegen über den hart gefrorenen Firn auf dem Kees gegen die Scharte im Nordgrat des Gipfels empor. Die Felsen rückten, je höher wir kamen, desto näher zusammen, das Kees sandte eine Eiszunge zu einer Rinne empor, in der einige Stufen das Gehen auf dem steilen Schnee erleichterten. Knapp vor der Scharte stiegen wir rechts in die Felsen hinaus. Rinnen und kurze Kamine wechselten mit Partien lockeren Gesteins und Schuttplätzen. Der Nordgrat war bald erreicht, und nun konnten wir erkennen, daß man von der Ostseite leichter auf denselben gelangen kann, als auf der von uns benützten Anstiegslinie. Eine anregende Kletterei führte uns nun auf ein kleines Plateau an der Ostseite des Gipfels, von dem wir in 10 Minuten auf letzteren gelangten. Dieser bildet einen horizontalen Grat, der in ost-westlicher Richtung verläuft. Es war 3/ 4 8 Uhr und unsere Arbeit war leichter gewesen, als wir erwartet hatten; aber wir sollten uns in der Folge hierüber nicht mehr zu beklagen haben. Wir zierten den Gipfel mit einem Steinmann, an dem wir uns niederließen und den sehr schönen Ausblick auf das Virgental, aus dem die goldgelben Kornfelder heraufglänzten, genossen. Es war unsere Absicht, den Grat weiter zu verfolgen, und wir stiegen zunächst durch einen Kamin über den ersten Absatz hinab. Sehr bald erkannten wir aber, daß wir hier in sehr schwierige Lagen gekommen wären. Wir vertrauten uns daher der Südflanke an, stiegen vom Gipfel über den Kamm ein Stück nach Osten, gelangten aber auch hier, nachdem wir die Platten der Wand schräg nach abwärts gequert hatten, wieder an eine Stelle, die uns Halt gebot. Also nochmals auf den Grat hinauf! Durch einen Kamin, der die Muskeln stark in Anspruch nahm, erreichten wir eine Scharte östlich von einem rotbraunen Turm. Und nun zeigte sich die Nordflanke, die uns zuerst als unmöglich erschienen war, bedeutend besser als die Südseite. Wir kamen denn auch jetzt rascher vorwärts. Einige Seillängen weiter erreichten wir wieder den Grat, gingen nun auf die Südseite über und gelangten auf schmalen Grasbändern in den glatten Platten querend und abwärts steigend in eine Rinne, durch welche wir ein kurzes Schneefeld erreichten, von dem wir eine schmale Terrasse gewannen, auf welcher wir kurze Rast bei einem Schmelzwasser hielten.

Quelle: Zeitschrift des DÖAV 1908, Seite 319 - 320;

Bild:
Foto gesucht!
Gebirgsgruppe:
Venediger-Gruppe
Erste(r) Besteiger(in):
Franzelin Eduard
Hechenbleikner Ingenuin
Datum erste Besteigung:
27.07.1905

Routen:
Gratübergang zur Südlichen Göriacher Röte
Nordgrat
Südwestflanke
Westgrat
Westgrat - "Direkter"

(Route Neu)