Hochfernerspitze

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Höhe:
3.463 m
Infos:
Vom Hochfeiler auf die Hochfernerspitze. (3473 m Sonkl.)
Nach halbstündigem Aufenthalt auf dem Hochfeiler, welche Zeit zur Fertigstellung der nothwendigen Aufzeichnungen vollständig ausgenützt worden war, trieb uns das Gefühl, dass nun erst der unbekannte und wohl auch schwierigere Theil unserer heutigen Expedition seinen Anfang nehme, weiter, ohne dass wir uns Ruhe zu einem Frühstück gegönnt hatten. 9 U. 35 stiegen wir die Hochfeilerschneide in unsern alten Fusstapfen wieder herab vom Gipfel bis zu der flacheren Stelle des Feilerkamms, wo der Weisskarfirn zu ihm heraufzieht. Von hier stiegen wir in derselben Weise wie früher in der hintersten Firnmulde des Gliederkeeses, in grossem Bogen dem vom Hochfeiler zur Hochfernerspitze ziehenden Firnkamm entlang und erreichten c. 40 Min. nach Verlassen des Hochfeiler einen Felsdurchbruch in diesem Kamm (denselben, den auch Löwl bei seiner Hochfeiler-Ersteigung in umgekehrter Richtung passirte, a. a. 0. S. 407), der sich in Gestalt eines schwarzen Felszahns einige Klafter über denselben erhebt. Von ihm weg wendet sich der bisher nordwestlich streichende Kamm nach und nach rein westlich und zieht, wieder bedeutend ansteigend, über einen kleinen Felsvorgipfel zum Culminationspunkt des Hoehfernerzugs, der Hochfernerspitze (Sonklars Grasespitz) empor. Dieselbe hat auf der Weisskarseite einen kleinen, schneefreien Felsfleck , in welchem ich Karte und Flasche barg ; der Gipfel selbst ist eine schöne Firnkuppe , deren Bildung und nördlicher Verlauf uns auffallend an den Gipfel des Schneebigen Nock erinnerte. Wir betraten den höchsten Punkt 10 U. 55 und erkannten sofort, dass wir uns auf einer dem Hochfeiler nur wenig nachstehenden Höhe befanden; nach Sonklar beträgt die Differenz 43 m, nach An. S. nur 35 m. Die Prädicate „ebenso uninteressant als leicht u , welche dieser schöne Gipfel sich (Zeitschrift 1877 , S. 258) gefallen lassen musste, scheinen einseitig und nur erklärlich, solange der Gipfel nicht bestiegen war. Genügt schon ein Blick auf die Karte, um auf der Nordseite das Gegentheil zu vermuthen, so enthüllt die Wirklichkeit dem erstaunten Auge oben ein Bild, das seinesgleichen sucht: den Absturz des Hochfernerkamms in die Tiefen des Oberbergthals mit einem Fallwinkel, der, nach der Karte der N.M.-M. berechnet, den mittleren Neigungswinkel des Hörpinger Kamms, 43°, sogar noch überbietet. Wer einmal das Pfitscher Joch überschritt, vergisst nicht diesen Anblick , der den grossartigsten Theil der dortigen Aussicht bildet: „Mit rothbraunen, lothrechten Wänden entsteigt hier der Zug des Hohen Ferner in einer compacten Masse den Tiefen des Oberbergthaies, aber zu oberst und in den Scharten zwischen den höchsten Zinnen zeigen sich die blaugrünen, plötzlich abbrechenden Eisströme" (Grohmann), und von der Schrammacherspitze aus bezeichnet Löwl S. 377 als den „Glanzpunkt der Rundschau den kurzen, ununterbrochenen Riesenwall des Hochfernerkamms mit seinem glänzenden Firnmantel, seinen unheimlich wilden Eisströmen, den vier Oberberggletschern, und seinen grauenerregenden , mauerähnlichen Felsabstürzen. 1 'Noch interessanter aber wird der Culminationspunkt dieses Riesenwalles, auf dem wir stehen , für den , der sich Klarheit über die Verzweigungen des Hörpinger Kamms zu verschaffen wünscht. Das Resultat der auf der Hochfernerspitze von mir fixirten Beobachtungen liegt in der Gratverlaufskizze Tafel 3 vor.
Von der Hochfernerspitze nach Oberberg. Kehren wir nun auf den Gipfel der Hochfernerspitze zurück und sehen uns nach einer Möglichkeit um, von ihr ins Oberbergthal hinabzugelaugen und so einen neuen Abstieg zu eröffnen, welcher in Anbetracht des leichten Uebergangs von der einen Spitze zur andern auch für den Hochfeiler gelten kann. Leicht Hesse sich zwar, wie schon Grohmann bemerkt hat, auf dem Hochfernerkamm selbst nach W. vorgehend die erste und zweite Weissspitze erreichen und über das Weisskar herab ins Glied zurückgelangen, aber immer schwerer würde zugleich der jenseitige Abstieg ins Oberbergthal, immer steiler und kürzer die in dasselbe hinunterhängenden Gletscher, immer glätter und in grössere Tiefe stürzend die rothbraunen Felsmauern, zwischen deren obersten Zinnen die Gletscher eingebettet liegen. Ohnedies ist die Zeit vorgerückt, Wolken ziehen von W. heran und noch weit draussen im Thale winken die Häuser von St. Jacob und die Kirche von Kematen in Pfitsch, die wir vor Abend noch erreichen müssen.
11 U. 30 brechen wir auf. So behaglich, breit und sanft die Hochfernerspitze aus dem Weisskar sich erhebt, so schneidig und schroff ist ihr Absturz auf der Nordseite. Vom Gipfel zieht der Nordgrat zuerst als scharfe, beiderseits steil abschiessende Firnschneide eine Strecke weit hinab bis zu einem weissen Felszahn (16 der Skizze), über welchen hinaus der Blick des auf dem Gipfel Stehenden vergeblich nach einer Fortsetzung des Grats sucht. Wir hofften eine solche wohl zu entdecken, wenn wir erst beim Felszahn selbst angekommen sein würden. Die günstige Beschaffenheit des Firns ermöglichte es, in gut getretenen Stufen theils entlang, theils auf der Schneide selbst abzusteigen, und nach einer halben Stunde war der Felszahn, bei welchem die Firnschneide endigte, erreicht. Derselbe erwies sich als die Spitze eines steil aufgerichteten Dreiecks, von der eine sich nach unten verbreiternde Felswand mit furchtbarer Schroffheit in ununterbrochener Flucht in die Tiefe des Oberbergthals hinunterstürzte. Die Grösse des Absturzes dieses colossalen Felspfeilers vorstellig zu machen, nahm ich eine Messung vor, welche ergab, dass wir uns hier auf seiner obersten Kante erst 780 W. F. unterhalb der Hochfernerspitze befanden. Diese abgezogen von der durch A Messungen Sonklars und der N. M.-M. gegebenen Höhendifferenz des Thalschlusses von Oberberg und der Hochfernerspitze bleibt eine Vertikaldistanz von 3200 W. F., welche uns hier noch von dem Fussende des Pfeilers trennte. Tief unter uns lag westlich der zwischen Hochfernerspitze und Weissspitze I herniederziehende zweite Oberberggletscher, auf den hinabzukommen nach genauer Recognoscirung wegen glatt abschiessender Felsplatten sich als ganz unmöglich erwies. Oestlich zur Seite unter uns hatten wir den ersten, hintersten Oberberggletscher, in dessen oberste Firnmulde die Hochferuerspitze mit buckligen, theilweise überhäugendeu Eiswänden abstürzt; von unserem Standort und der bis hieher überschrittenen Pirnschneide aus zieht sich eine im Mittel 55° geneigte blanke Eiswaud c. 600' tief hinab auf den Rand der obersten Gletscherterrasse, und von diesem Rand an abwärts konnten wir noch den Anfang des wilden Gletscherbruchs wahrnehmen, dessen weitere Fortsetzung nach der Tiefe sein jäher Sturz unserem Blick entzog. In der Front des Felspfeilers, auf dessen Spitze wir standen, zeigten sich wenige steile, theilweise noch mit Schnee versehene Rinnsale, das Gestein schien wenigstens in den oberen Partien stark verwittert und bröcklig.
Stabeler, der Mann der Felsen, erklärte den Abstieg zum Oberberggletscher I für gefährlich und das Durchkommen durch seinen Eisbruch für unmöglich ; er begann daher recognoscirend in einer der Schneerinnen an der Front des Felspfeilers hinabzusteigen. Aber unter dem Schnee lag eine Eiskruste auf dem Fels, in welcher keine sichere Stufe anzubringen war, und nach manchen vergeblichen Versuchen in verschiedenen Richtungen musste er sich aus peinlicher Situation mit Mühe und Noth zu uns zurückarbeiten. Stephan war mit mir von Anfang an im Stillen darüber einer Meinung, es könne der Abstieg ins Oberbergthal nur dadurch forcirt werden, dass wir über die Eiswand auf die oberste Terrasse des Oberberggletschers I hinunter, von da durch den Eiskatarakt schräg abwärts uns so weit durchwinden müssten, um jenseits an den zur Oberberg-(Gries-) Scharte ziehenden Felshängen des Hörpinger Kamms festen Fuss zu fassen und an denselben hinkletternd uns bis zum westlichen Fuss dieser Scharte in den hintersten Kessel des Oberbergthals hinabzulassen. Der hiegegen protestirende Stabeier wurde überstimmt, und Stephan, der Gletscherführer ersten Rangs, ergriff ohne Zögern die Gelegenheit zu einer Bravourleistung, welcher ich die richtige Anerkennung zu verschaffen verpflichtet bin, indem ich das einer ähnlichen Leistung geltende Lob Dr. H echt s (Zeitschrift 1878 S. 248) auch ihr vindicire 12 U. 45 verliessen wir unsere Felszacke und betraten nach wenigen Schritten die Eiswand. Stabeier voran hieb rasch und gewandt Stufen im Zickzack und jedesmal auf Seileslänge einen sicheren Stand, in welchem ich auf Stephan wartete, der als letzter den schwierigsten Posten übernommen hatte. Langsam, aber ruhig und sicher, ohne Fehltritt und Unfall kamen wir so die Eiswand herab auf die von grossen Scbründen durchzogene obere Gletscherterrasse und wanden uns nun durch dieselben bis zum Rande des eigentlichen Gletscherbruchs vor. Der Blick da hinab in die gleichsam im wildesten Sturze erstarrten Wogen des Eiskatarakts war wunderbar schön und grossartig, überzeugte uns aber sogleich von der Unmöglichkeit, den Gletscher selbst zu unserer Bahn in's Thal zu wählen. Vielmehr konnte es sich an

Bild:
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Gebirgsgruppe:
Zillertaler Alpen
Erste(r) Besteiger(in):
Kirchler Stephan
Niederwieser Johann (Führer - vulgo Stabeler)
Seyerlen Reinhold
Datum erste Besteigung:
08.08.1878

Routen:
Nordnordwestgrat - von der Grießscharte
Nordwand - "Direkte - Hochferner - linker Durchstieg"
Nordwand - "Mittlere"
Nordwand über den Grießferner
Nordwand über den Hochferner - "klassische Nordwand, rechter Durchstieg"
Übergang zum Hochfeiler
vom Furtschaglhaus über die "Röte"
von der ehemaligen Wiener Hütte

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