Gigalitz

(Bearbeiten)
Höhe:
3.002 m
Infos:
Gigelitz 2998 m und Kreuzspitze 2992 m (?).
Der Kamm, welcher das Thal der Floite von dem der Stillupp trennt, der Floitenkamm Sonklar's, unterscheidet sich in seiner Gestaltung wesentlich von seinen Nachbarn, dem Ahorn- und Mörchenkamm: Abgesehen von dem kleinen Lapenkees zeigt er keine Schneebedeckung und seine Erhebungen erreichen nirgends die Höhe von 3000 m; da nun die wenigen Scharten kaum unter 2500 m sinken, so ergibt sich daraus seine bedeutende mittlere Kammhöhe, welche den Gipfelbildungen nur geringen Spielraum zur Individualisirung gewährt; wie anders weiss der Mörchenkamm seine Masse in imposanten Gipfelformen zu verwerthen, in dem kühnen Feldkopf, dem zerrissenen Kiemen Mörchner, dem Firnkegel des Grossen Mörchner. Üeberblickt man vom Grossen Mörchner oder noch besser vom Feldkopf aus den Floitenkamm, so erscheint er als eine dunkle, einförmige Felsmauer, auf welche eine zackige Krone aufgesetzt ist. Dennoch haben auch einige dieser zahlreichen Erhebungen eine charakteristische Form, so besonders die schöne Pyramide des vielbesuchten Tristners, der würfelige Floitenthurm, die Drei Könige, ein Massiv mit drei Zacken von gleicher Höhe, und der Gigelitz, letzterer besonders von S. gesehen. Die meisten Spitzen dieses Kamms sind noch jungfräulich, wenigstens touristisch unerstiegen, nur Jäger mögen die eine oder andere gelegentlich erklommen haben. — Da nun die jungfräulichen Spitzen von Jahr zu Jahr seltener werden, so reizte es mich, eine derselben zu erobern, und zugleich wollte ich durch einen Ilebergang von der Stillupp in die Floite beide Gründe auf einmal kennen lernen. Kurz oberhalb Mayrhofen von der Ortschaft Haus weg steigt der Weg zur Stillupp (der Accent ruht auf der zweiten Silbe) steil empor, führt dann S.-W. um einen Eiegel in die schöne Klamm des Bachs und nach Ueberbrückung desselben bald in das reizende obere Thalbecken, dessen Gefäll von der Taxachalpe bis zur Klamm ganz gering ist, so dass ein behagliches Durchbummeln desselben einen hohen Genuss bietet: Im Thal zahlreiche Asten mit regem Treiben, aus den Karen links und rechts herabstürzende schöne Fälle und im Thalschluss die Eiswelt von der "Wollbachspitze bis zum Frankbachjoch — der Löffler ist nicht sichtbar — gewähren ein Bild reichster Abwechslung. Freudig überrascht war ich durch die Existenz eines zweiten Jägerhauses bei der Taxachalpe, von dem keine Karte etwas weiss, trotz seines siebenjährigen Alters; der Jäger Lechner, vulgo Hasner, überliess mir freundlich sein hübsches Haus und gutes Lager. — Am 2. August 1884, 5 U. 10 ging ich über die nahe Brücke und den jenseitigen Abhang in eine Schlucht. Durch diese empor führt ein sehr undeutlicher Jagdsteig links auf einen Eiegel voll Ehododendronbüschen und zuletzt ins Lapenkar. Hasner, der mir nachgestiegen war, wurde durch den Schuss eines Wilderers im Sonntagskar wieder hinabgerufen. Ich stieg über Alpenwiesen, dann riesige Steinfelder und zuletzt über ermüdenden Neuschnee zur Lapenscharte (8 U. 10). Von hier steigt nach SO. ein Grat voll loser Blöcke zur Lapenspitze auf, nach NW. aber springt ein Horn von imposanter Kühnheit schroff empor, der Gigelitz. So keck herausfordernd blickte dieser doppelt geschweifte Felsbatt auf mich, dass ich ihm sofort meinen Kriegsruf emporsandte und nach Deponirung von Eucksack und Pickel den Angriff eröffnete. Zuerst ging es über Eiesenblöcke zu einer sehr steilen Wand, deren Forcirbarkeit erst zu erkennen war, wenn man sie mit den Händen anfasste; sie zeigte nämlich eine blättrige Schieferschichtung von festem Gestein, so dass der geringste Eiss gute Griffe und Tritte bot. Nach ihrer Ueberwindung ging es über eine lange Folge von plattigen Kaminen und Felsrinnen, anfangs ziemlich weit aussen am Grat, später mehr rechts, als ich die Unmöglichkeit einsah, den Gipfel von vorne zu erobern. Ich erreichte zuletzt eine scharfe Scharte im Hauptkamm, nördlich vom Gipfel, von der aus sich der Gipfelthurm nicht mehr hoch, aber von fatalem Aussehen erhob; aber mehrere Recognoscirungen zeigten die Unmöglichkeit, denselben von einer anderen Seite zu erklimmen. So entledigte ich mich denn des Hutes, des Eockes und der Schuhe, um sicherer klettern zu können. Zuerst ging es in einigen Klimmzügen auf schmalen Bändern zu einem Eisstreifen, nun musste ohne eigentlichen Tritt um eine vom Felsmassiv losgetrennte, senkrechte Platte nach links herum traversirt werden und dann hiess es, an mehreren scharfen Zacken sich senkrecht emporarbeiten; zuletzt erreichte ich leicht über Blöcke den Gipfel. Wie erwartet, befand sich auf dem kleinen verschneiten Plateau kein Zeichen einer Ersteigung, wesshalb ich einen kleinen Steinmann erbaute und meine Karte mit den Ersteigungsdaten hineinlegte. Da ich ohne Schuhe war, verliess ich bald den verschneiten Gipfel und erreichte mein Kleiderdepot in der Scharte nach kurzer Kletterei.
Wien - Dr. Guido Lammer.

Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1884, Seite 292-293

Bild:
Foto gesucht!
Gebirgsgruppe:
Zillertaler Alpen
Erste(r) Besteiger(in):
Lammer Guido Eugen Dr.
Datum erste Besteigung:
02.08.1884

Routen:
Nordwestgrat - (Übergang zur Kreuzspitze)
Ostgrat
von Südwesten (von der Greizer Hütte - Normalweg)

(Route Neu)