Zwiselbacher Grieskogel

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Höhe:
3.066 m
Infos:
c) Neue Touren
21 Juli 1985: Vordere Sonnenwendspitze 3176m, 2. Ersteigung - Zwieselbacher Grieskogel 3032m - Erste Ersteigung J. Pircher, A. Hintner, Fr. Hörtnagl;
Quelle: III. Jahresbericht des Akademischen Alpenclubs in Innsbruck für das S.S. 1895 und W.S. 1895/96, Seite 20

Vordere Sonnenwandspitze (3176 m, II. Erst.) und Zwieselbacher Grieskogel (3032 m., I. Erst.).
Am 20. Juli 1895 wanderten Adolf Hintner, Franz Hörtnagl und ich nachmittags von Praxmar im Sellrainthale über den Sattelberg zur Hinteren Gleirscherhütte (2143 m.) im Gleirschthale, wo wir ein sehr bescheidenes Nachtlager fanden. Infolge des zweifelhaften Wetters wurde am nächsten Morgen erst um 6 U. 45 aufgebrochen, und, links vom Bächlein, das sich bei der Hütte in den Gleirschbach ergiesst, gegen Westen ansteigend, erreichten wir das dem Zwieselbacher Grieskogel vorgelagerte Plateau. Eine Schutzhütte würde hier gewiss am rechten Orte stehen, um die herrliche Umrahmung dieses Thales zu erschliessen und die sehr lohnenden Gipfelbesteigungen und Uebergänge in das Oetzthal (Gleirscher Jöchl) zu erleichtern. Mit diesen Gedanken durchquerten wir die grünen Matten, durchrieselt von zahlreichen krystallklaren Wässerlein, und strebten den Geröllmassen zu, die der spaltenfreie, kleine Ferner aus der Mulde zwischen Vorderer Sonnenwandspitze und Zwieselbacher Grieskogel herausgeschoben hat. Nach Durchschreitung dieses „Mauraches" ging es über den Ferner entlang dem.Fusse des plattengepanzerten Zwieselbacher Grieskogels, bis wir zuletzt über steile Firnhänge den Sattel erreichten, der zwischen unseren beiden Spitzen eingesenkt ist (9 U. 15). Nach einer 3/4 stündiger Frühstücksrast setzten wir den Weg über den Grat zur Spitze fort. In seinem Anfangstheile ist derselbe verfirnt, wird aber bald felsig, indem die glatten Platten jäh gegen das erwähnte Firnfeld hin abstürzen. Bald bietet die Westseite etwas unterhalb des Grates durch die Wände ein Durchkommen, bald geht es auf schwindelnder Schneide mit prächtigen Tiefblicken dem Ziele zu. Noch ist eine etwa 8 m. lange, mit spärlichen Griffen ausgestattete, seichte Plattenrinne zu durchklettern und wir stehen auf der aussichtsreichen Vorderen Sonnenwandspitze (10 U. 40), die einen sehr instructiven Blick in das von der Touristik so stiefmütterlich behandelte vordere Oetzthaler Gebiet gewährt. In einem kleinen Steinmännchen fanden wir die Karte des Herrn H. Delago-Innsbruck vor, der als Erster am 16. August 1894 diesen Gipfel erstiegen hat. Nachdem ein grosser Steinmann erbaut war, kehrten wir 11 U. 25 auf gleichem Wege zu unserem Gepäck auf den Sattel zurück, und bei dem Umstände, dass sich der Himmel völlig aufgeheitert hatte, beschlossen wir, auch dem noch jungfräulichen Zwieselbacher Grieskogel einen Besuch abzustatten, zumal ein von den Herren Peer, Prohaska und mir im Jahre 1894 gemachter Versuch, diesem Gipfel über die mächtigen Platten des Ostgrates beizukommen, fehlgeschlagen war.
Um 12 U. 50 verliessen wir den Sattel und gelangten zuerst zu einer steil gegen die Gleirscherseite abfallenden und nach Westen überhängenden Platte, die nur centimeterbreite Tritte bot. Nach Ueberwindung dieser Stelle umgiengen wir die nächsten zwei Gratzacken mit Benützung von Schuttbändern auf der Westseite, bis wir durch einen steilen Riss und über eine 6 m. hohe, mit guten Haltpunkten ausgestattete Platte den vom Sattel aus als höchsten Punkt erscheinenden Vorgipfel erreichten. Nachdem wir auf der Westseite circa 30 m. abgestiegen, leitete uns ein schmales Band in ein schutterfülltes Couloir, durch das wir steil empor abermals den Hauptgrat und bald in lustiger Kletterei den eigentlichen Gipfel gewannen (1 U. 55). Da wir keinerlei Zeichen einer früheren Besteigung vorfanden, errichteten wir einige Steinmännchen und gönnten uns eine längere, genussreiche Rast auf dieser hehren Hochwarte. Gleich imposant, ob vom Thale oder von hier betrachtet, erhebt sich das stolze Horn der Vorderen Sonnenwandspitze, umringt von der eisigen Kette des „Breiten Grieskogelkammes", während nordwärts der Blick tief hinunter zu der in Grün gebetteten Zwieselbacher Alm dringt. Derselbe Weg führte uns zum Sattel zurück, worauf es in sausender Fahrt über Firn rasch zu Thal gieng. Eben hatten wir das Ende des Gletschers erreicht, als der Himmel uns mit seiner Gabe, diesmal in Form von scharf niederprasselnden Schlössen, reichlichst überschüttete, vor denen wir unter Moränenblöcken Schutz suchten. Am selben Abende wanderten wir noch vom Gleirschthale über den Sattelberg zurück nach Praxmar mit dem Bewusstsein, eine äusserst anregende, lohnende und besonders Freunden der Kletterei zu empfehlende Tour ausgeführt zu haben.
Josef Pircher, Innsbruck.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1896, Seite 48

Bild:
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Gebirgsgruppe:
Stubaier Alpen
Erste(r) Besteiger(in):
Hintner Adolf Dr.
Hörtnagl Franz Dr.
Pircher Josef Dr.
Datum erste Besteigung:
20.07.1894

Routen:
Nordostgrat
Nordwand
Nordwestgrat
Ostgrat
Ostwand
Südgrat
Südostwand

(Route Neu)