Sonnenwand Hintere

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Höhe:
3.112 m
Infos:
Erstbesteigung durch F. Hörtnagl und Gefährten

Sonnenwände (Vordere 3170m, Mittlere 3584m, Hintere 3207m und Hinterste ca. 3160m). 1. Besteigung der drei letzteren und Überschreitung sämmtlicher Spitzen.
Diese mächtigen Felsgipfel, im Hintergrunde des einsam-ernsten Gleirschthales gelegen, wo dieselben auch mit dem Namen „Ganskragen" bezeichnet werden, waren mit Ausnahme des vordersten die letzten bedeutenden Erhebungen der nördlichen Stubaier Alpen, die bisher noch unerstiegen waren. Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen, auch schon in früheren Jahren, die hauptsächlich infolge schlechten Wetters gescheitert waren, gelang es uns — med. F. Hörtnagl, phil. O. Stolz und dem Unterzeichneten — endlich am 14. Oktober 1897 dieselben zu erobern.
Nachdem wir in Gries im Sellrainthale übernachtet, brachen wir an diesem Tage um 4h früh auf, um hei herrlichem Vollmondscheine weiter thalaufwärts nach St. Sigmund zu wandern. Hier mündet von Süden her das rauhe und unwirtliche Gleirschthal ein, dem wir nun zustrebten. Bei dem einsamen Gleirschhofe, der die einzige ständige Ansiedlung des Thales bildet, und an der schon völlig zerfallenen Vorderen Gleirschalpe vorüber, erreichten wir um 7 Uhr 30 min. früh das kleine Hüttchen der Hinteren Gleirschalpe. Hier hielten wir eine mehr als einstündige Rast und stiegen dann weiter zum Gleirscherferner empor, von wo aus schon bei früheren Partien ein geeigneter Aufstieg auf die Hinterste Sonnenwand ausgekundschaftet worden war. Nach einem höchst mühevollen und anstrengenden Aufstiege über das rauhe „Maurach" wurde nach 3 St. der Rand des Ferners erreicht. Gegen diesen stürzt in mächtigen braunroten Wänden das Felsmassiv der Sonnenwände ab; wir wussten aber, dass dasselbe von einer Schneerinne, die sich ununterbrochen bis zum Grate hinaufzieht, durchzogen wird, die den natürlichen Schlüssel zur Ersteigung bildet. Nachdem wir ungefähr eine halbe Stunde längs der Wände den Ferner aufwärts gequert hatten, trafen wir auch wirklich diese Rinne an. Infolge des reichlich darin gelagerten Neuschnees, der schon ziemlich fest war, konnte dieselbe ohne Schwierigkeiten begangen werden, so dass wir schon nach 1 St. die Scharte, in der dieselbe ausmündet, gewonnen hatten. Von hier schwingt sich zur Rechten ein kurzer Felsgrat zum Hintersten Sonnwandgipfel empor, den wir um 1 Uhr 20 min. über ersteren erreichten.
Etwas nach 2 Uhr erfolgte wieder der Aufbruch. Wir blieben fast immer auf der Gratschneide, die nirgends besondere Hindernisse bot. Schon nach 40 Min. standen wir auf der nächsten Erhebung, der Hinteren Sonnenwand. Wir hielten uns hier nur sehr kurz auf und setzten die Kletterei weiter fort. Den Grat mussten wir nun infolge der allzu grossen Zerrissenheit allerdings verlassen und benützten dann wieder eine seichte Felsrinne, die uns bis zu einem auffallend rot gefärbten Gratthurm emporführte, nach dessen Überkletterung der Mittelgipfel erstiegen wurde (3 h 3o m). Der nun folgende und letzte Gipfel sah mit seinen allseits abfallenden Plattenschüssen so unnahbar aus, dass wir ein glückliches Gelingen unseres Vorhabens sehr bezweifelten, aber versuchen wollten wir es trotzdem.
Zunächst mussten wir gegen die Zwieselbacher Seite zu absteigen und verfolgten dann eine Gerne-spur, die bis unmittelbar unter den Gipfelaufbau führte. Durch die früher erwähnten Platten vermittelte nun ein tiefer Riss den direkten Zugang zum Gipfelgrat, über den wir in lustiger Kletterei endlich die Vordere Sonnenwand glücklich erreichten (4 Uhr 35m). Der Abstieg wurde auf der gewöhnlichen Route, dann hinunter zur Hinteren Gleirschalpe genommen.
Zuletzt möchte ich noch auf die völlig unrichtigen, auch oben angeführten Höhentoten der Specialkarte hinweisen: die höchste Erhebung ist nicht der Hintere, sondern der Vordere Gipfel, auf den auch vielleicht dessen Cote passen dürfte, während für die übrigen fast gleich hohen Erhebungen eine Höhe von ca. 3150 - 3160 Meter anzunehmen ist.
Ludwig Prochaska, Innsbruck.
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1898, 17. März, Folge 500, Seite 76-77


Bild:
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Gebirgsgruppe:
Stubaier Alpen
Erste(r) Besteiger(in):
Hörtnagl Franz Dr.
Prochaska Ludwig Dr. (Wien)
Datum erste Besteigung:
14.10.1897

Routen:
Gesamte Überschreitung vom Zwiselbacher Grießkogel über die Sonnenwände zum Gleirscher Fernerkogel
Ostwand
Südgrat

(Route Neu)