Übergang zum Kleinen Mörchner

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Routen Details:
Mörchenschneide und Kleiner Mörchner (I. Erst, von Südosten und Grat Wanderung).
Mit Stabeler-Jörgl aus Taufers. Am 21. Juli 1895 von der Berlinerhütte ab 5 U. 10 zur Westl-, richtiger Südwestwand des Mörchenmassivs, den Firn querend und hinauf zu jener Scharte, die links vom Grossen Mörchner eingebettet ist. Dr. Guido Lammer nennt diese Einsattlung Rinnenscharte, die Bezeichnung „Mörchenschneidscharte" dürfte sich vielleicht, da diese Benennung auch die Lage kundgiebt, besser empfehlen. An Scharte 7 U. 55—8 U. 35. Nachdem Jörgl recognoscierend den Südgrat bis zu den senkrechten gelben Platten erklettert, stieg ich nach. Der untere Theil bietet keine Schwierigkeiten, anders gestaltet sich die Situation bei den gelben Platten; dieselben thürmen sich theils neben, theils übereinander vertical auf und müssen überklettert werden. Durch einen sehr engen Spalt, gebildet von zwei hintereinander aufragenden Platten, zwängten wir uns mühsam in die Höhe; die obere Kante der vorderen Platte giebt dem Fusse einen Halt, während die dahinter liegende weiter in die Höhe ragt. Es gilt nun einen Quergang nach rechts zu machen, wenige Schritte nur, aber äusserst exponiert und gefährlich. Ein winziger Plattenriss an überhängender Wand — vorsichtig schiebt sich der Körper hinüber, dann heisst es einen weiten Schritt hinab thun, mit der rechten Hand um eine brüchige Gratkante greifen und den Körper zur Floitenthalseite herumschwingen. Diese Stelle ist sehr schwer und dürfte wohl auch dem besten Kletterer Respect einflössen. Durch einen Riss und über leichte Blöcke gelangten wir zum Südpunkt der Mörchenschneide, an 10 U. 34. Auf der weit vorragenden Felsplatte bauten wir ein Steinmanndel. Um 11 U. 5 wurde die Gratkletterei auf luftiger Schneide fortgesetzt; zahlreiche Steindauben geben Kunde, dass sämmtliche Thürme und Zacken überklettert wurden. Um 12 U. standen wir auf der höchsten Graterhebung (3207 m.). Diese ist ein imposanter Felsblock, der auf den ersten Blick ganz unersteiglich erscheint, ein flacher Spalt mit guten Griffen erleichtert jedoch die Erkletterung. Im kleinen Steinmann Ueberbleibsel einer Karte; hinab über eine Platte zum Grat, Rast 12 U. 35. Ein grösseres Steinmanndel fanden wir dort, und ich fand die Karte des Herrn Aug. Wagner, der die Spitze am 25. August 1892 mit Stabeler Hans durch die Rinne der Westwand erstiegen hat. Allmälig senkt sich nun der Grat bis zu einer Scharte, von der ein Couloir westlich hinabzieht. Ueber brüchige, verwitterte Gratzacken, auf scharfer Schneide wieder empor, über glatte Platten und nach Ueberwindung einer sehr brüchigen Gratstrecke zum höchsten Thurm zwischen Mörchenschneidspitze und Kleinem Mörchner, an 2 U. 15. Das nun folgende Gratstück bildet eine messerscharfe Schneide, nach beiden Seiten stürzen die Wände in gewaltigen Platten ab, zum Theile hängt der Grat nach der Floitenseite über, theils rittlings, theils hangelnd wurden die Stellen bezwungen. Gewitter und das unheimliche Surren der Eispickel nöthigten uns eine halbstündige Rast auf, dann gieng es weiter. Ein glatter Thurm sperrt den Grat, Jörgl steigt mir auf den Rücken und Schulter, um einen Griff zu packen; schwierig geht es hinauf und hinab zum vorletzten Gratzacken, rittlings wird dieser bezwungen, dann folgt der letzte, viereckige Thurm und von diesem über leichten Fels zum Kleinen Mörchner (3194 m.), an 3 U. 55. Die Ueberkletterung des kurzen Grates vom Südpunkte an hatte 4 St. 50 Min. Zeit gekostet. Die Tour bietet eine hochinteressante, aber sehr schwere Gratkletterei. Ab Gipfel 4 U. 25, an Berlinerhütte 5 U. 53.

Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1896
Datum erste Besteigung:
21.07.1895
Gipfel:
Mörchnerschneidspitze (Mörchenschneide)
Erste(r) Besteiger(in):
Niederwieser Johann (Führer - vulgo Stabeler)
Treptow Leon