Südwestgrat

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Routen Details:
Gerberkreuz, 2302 m, Erste Begehung des Südwest-Grates: H. Moritz, W. Blume, 7. August.
Auf dem alten Karwendelweg, dann auf verfallendem Jagdsteig zum Lindlahnerkopf 1790 m (3 1/2 Std. von Mittenwald). Der Grat zerlegt sich in zwei Stücke. Der erste (untere) Teil zieht in westlicher Richtung herab. Zuerst über Geröll und steile Schrofen zu einen Absatz empor. Über brüchige Schrofen traversiert man dann nach links in eine teilweise schrofige Schlucht; in ihr empor (einmal schwierige plattige Traverse). Über einen schwierigen die Schlucht abschließenden Überhang nach rechts empor, dann scharf nach links zu einem Schartl. Oberhalb desselben wieder nach rechts über brüchige Felsen zu einem zweiten Schartl hinauf. Hier an einer Plattenverschneidung in die Wand hinaus, zunächst mäßig schwer schräg aufwärts zu einem Stand. Von hier Traverse nach rechts und nun äußerst schwierig und äußerst exponiert über winzige Griffe und Tritte an einer 80 m hohen Platte empor (etwa in der Mitte oberhalb eines in der glatten Wand vorspringenden Postamentels wurde zur Sicherung ein Mauerhaken eingetrieben); dann leichter bei allmählich etwas abnehmender Steilheit 15 m aufwärts und über einen schweren Überhang nach rechts hinaus ; hierauf Traverse über eine Rinne und an der drüberen Seite derselben leicht empor zur Höhe des ersten Gratabsatzes (ab Einstieg ca. 2 1/2 Stunden).
Der zweite Teil des Grates zieht in westsüdwestlicher Richtung vom Gipfel herunter. über den schrofigen Grat zunächst ein gutes Stück leicht empor. Kurz vor dem Gipfel ein schlanker Gratzacken, der schwierig und sehr exponiert überklettert werden muß; er führt in ein Schärtchen. Von hier aus über einer tief eingerissenen, im oberen Teil kaminartigen Schlucht in kurzer Traverse nach rechts und über eine überhängende Wandstufe (sehr schwierig) in einen Kamin. In diesem empor ; dann hinaus auf Grasschrofen und leicht zum Gipfelkreuz (ca. 1 1/2 Stunden von der Höhe des ersten Absatzes, ca. 4 Std. vom Lindlahnerkopf, 7 1/2 Stunden von Mittenwald).
Die Tour ist unzweifelhaft die schönste und schwerste Klettertour in der näheren Umgebung von Mittenwald.
Quelle: 19. Jahresbericht des Akademischen Alpenvereins München 1910/1911, 1912, Seite 72-73

Gerberkreuz – Erste Ersteigung über den Südwestgrat 7. August 1911, Dr. W. Blume, Prof. Moritz, Sektion Hochland A.A.V.M.
Auf dem Karwendelsteig bis zur Abzweigung des Leitersteigs; diesen verfolgend bis zum Beginn des Weges auf den Lindenkopf. Es ist dies ein ziemlich schlechter und stellenweise verfallener Jagdsteig, der nach dreistündiger Wanderung ab Mittenwald auf den Lindenkopf führt. Von hier über Geröll und Latschenhänge, dann über sehr brüchige und immer steiler werdende Schrofen ca. 200m gegen den Gratabsturz empor (teilweise schwierig), der sich einer Steilmauer gleich aufbaut. Nun links traversierend gelangt man an eine versteckte plattige Schlucht. An ihrer linken Seite ca. 10m empor, bis eine etwas schwierige Traverse quer über die Schlucht in eine kleine Nebenrinne führt, die von einem Überhang abgeschlossen wird. Nach Überwindung des Überhanges (sehr schwierig) zunächst 20m gerade empor, dann scharf nach links zu einem kleinen Schartl und von hier wieder rechts (südlich) ansteigend nach weiteren 20m auf eine größere Scharte. Hier gerade empor an der Wand und nach 3m in einen senkrechten engen Kamin, der nach 6 – 8m an einen guten Standplatz auf einem schmalen Band führt. Man verfolgt das Band, bis es an einem schwach ausgeprägten Pfeiler endet. (Henkelgriff 1/2m über dem band links vom Pfeiler, am Pfeiler Mauerhaken). Nun sehr exponiert links vom Pfeiler senkrecht an der Wand empor, dann nach einigen Metern in die vom Pfeiler und der Wand gebildete sehr seichte Verschneidung auf ein kleines, äußerst exponiertes Postamentl (15m sehr schwierig). Über dem Postamentl Mauerhaken. Äußerst schwierig, jedoch um ein Geringes weniger exponiert, geht es an einer 25m langen Plattenschlucht ohne Standplatz weiter; die ersten paar Meter an winzigen Griffen und Tritten, dann an besseren Haltepunkten bis zu einem Sicherungsblock, dann weitere 20m ebenfalls äußerst schwer bis zu einem Überhang. (Sehr schlechte Sicherung für den Nachklommenden!) Der Überhang wurde bei der Erstersteigung äußerst schwierig überklettert; viel besser ist es, man steigt links unter ihm vorbei 2 – 3m auf einem kleinen Geröllfleck ab und traversiert in eine links befindliche Rinne, die nach ca. 40m ohne besondere Schwierigkeiten auf den Gipfel des I. Gratabsatzes führt (ca. 5 Stunden vom Lindenkopf). Die beiden Platten 1. vom Band bis zum Postamentl, 2. vom Postamentl bis zum Überhang führen den Namen „Voggplatten“.
Der II. Abschnitt des Grates besteht aus ziemlich steilen Schrofenhängen und bietet keine Schwierigkeiten; meist in der Südostseite sich haltend, steigt man über diese empor und erreicht nach etwa 1 Stunde
den III. mehr horizontal verlaufenden Teil des Grates, der kurz vor dem Gipfel des Gerberkreuzes noch eine sehr schwierige Unterbrechung aufweist. Der Grat wird zusehends schmäler und bietet eine recht hübsche und abwechslungsreiche Kletterei. Kurz vor dem Gipfelaufbau sperrt ein schlanker Gratzacken den Weiterweg, der sehr exponiert überklettert wird. Man befindet sich dann auf einer Scharte – in Wirklichkeit aber auf einem großen Torbogen, der Ausmündung der Lindlahnschlucht – vor der Gipfelschlußwand. Von der Scharte traversiert man auf schmalem Bande 3m nach rechts (gegen die Ausmündung der Lindlahnschlucht zu) bis man wenige Meter über sich einen kleinen Kamin sieht. Über das kurze Wandl in ziemlich heikler Kletterei an kleinen und recht brüchigen Griffen und Tritten in den Kamin und durch diesen leicht auf Grasschrofen hinaus, die in wenigen Minuten auf den Gipfel des gerberkreuzes führen (1 1/2 Std.). Die Tour ist in der Nordkette bis zum Wörner entschieden die interessanteste, aber auch weitaus die schwerste Gratkletterei. Von Mittenwald bis zum Gipfel 11 – 12 Stunden.
Quelle: XVI. Jahresbericht der Sektion Hochland des DÖAV 1918, Seite 48-49

Datum erste Besteigung:
07.08.1911
Gipfel:
Gerberkreuz
Erste(r) Besteiger(in):
Blume Werner
Moritz Heinrich