Bechthold Fritz

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Biografie:
Am 26. Februar starb in Roth bei Nürnberg Fritz Bechtold.
Er gehörte zur Elite der deutschen Bergsteiger in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg. In den Ostalpen gelangen ihm an die 50 Neutouren, 1929 stand er auf dem Uschba im Kaukasus, und in den Jahren von 1932 bis 1938 war er viermal am Nanga Parbat und leistete dort Pionierarbeit.
Als Mensch war er ein guter Kamerad, lebensfroh und sangesfreudig, obwohl ihm nicht nur goldene Tage beschieden waren und er mit manchem harten Schicksal fertig werden mußte.
Es sei mir erlaubt, nicht nur als Chronist Daten zu berichten, sondern aus dem Herzen zu sprechen. Anfangs der zwanziger Jahre saß ich unterm windschiefen Holzkreuz auf der Hörndlwand und blätterte im Gipfelbuch. Auf jeder Seite fand ich zwei Namenszüge: Fritz Bechtold und Willy Merkl. Sie wurden mir später zum Begriff der Seilgemeinschaft, denn ich fand sie immer wieder, in den Berchtesgadener Alpen, im Kaiser, in den Dolomiten. Bald lernte ich die beiden am Totenkirchl kennen, und wir sind später manche Seillänge mitsammen und nebeneinander gegangen. Es war eine Glanzzeit der Chiemgauer Kletterer. Ich denke an Stunden frohen Beisammenseins in Hütten und am flackernden Feuer, höre rauhe Gesänge herüberklingen aus vergangenen Tagen, sehe Gläser funkeln, die wir, bar jeder Mißgunst, nach schönen Bergerfolgen leerten. In den Chiemgauer Vorbergen begann das bergsteigerische Wirken der Seilschaft Fritz Bechtold und Willy Merkl. In der Nordwand der Hörndlwand eröffneten die beiden eine Reihe eigener Wege. Wände, Risse und Kamine, die zu Prüfsteinen ihres jugendlichen Wagemutes und Könnens wurden. Im Wilden Kaiser fanden die klassischen Dülferwege in ihnen frühe Wiederholer. Der Sommer 1921 brachte ihnen schöne Erfolge: Lärcheck-Ostwand, am Predigtstuhl die Westverschneidung und die 2. Begehung der Schüle-Diem-Route, die 4. Begehung der Kleinen Halt-Nordwand und die 8. Begehung der Totenkirchl-Westwand. Im nächsten Jahr besuchten sie den Gosaukamm und standen als 5. Seilschaft auf dem Däumling.
An Pfingsten 1924 gelang ihnen ein großer Wurf: die Erstbegehung der mauerglatten Südwand des Kleinen Mühlsturzhorns. Wie später noch so manches Mal waren Peter Müllritter und Ludwig Bogner ihre Gefährten. Wir wollten damals eben voll banger Sorge auf die Suche gehen, als sie lachend in die Traunsteiner Hütte traten.
Immer wieder zog es Fritz Bechtold, der zunächst ein begeisterter Felskletterer war, in die Dolomiten; es seien nur genannt die zweite freie Erkletterung des Torre del Diavolo, eine Durchsteigung des Preußrisses an der Kleinsten Zinne und 8 Neutouren im Pala-Nordzug, darunter die Cima-di-Campido-Nordwestwand und eine Überschreitung der Lastei-Türme. In den nächsten Jahren reihten sich viele bedeutende Fahrten in den Berchtesgadener, Loferer und Leoganger Steinbergen daran. 1928 stieg Bechtold mit Merkl, der dabei bergkrank wurde, und mit Georg Mitterer über den Peutereygrat auf den Montblanc.
Im Sommer 1929 erkor Fritz Bechtold gemeinsam mit Willy Merkl und Dr. Walter Raechl den Kaukasus als Tätigkeitsfeld. Sieben Wochen lang schleppten sie Riesenlasten auf den Schultern, kämpften sich durch verschneite Bergflanken und kampierten im Zelt. Ergebnis: 8 Erstersteigungen, 2 Fünftausender und die 2. Begehung des Schulzeweges auf den Uschba-Südgipfel.
Das nächste große Ziel hieß Himalaja. 1932 gelang es Fritz Bechtold und Willy Merkl, eine deutsch-amerikanische Expedition zum Nanga Parbat zu organisieren. In 7000 m Höhe kämpften die beiden Schulter an Schulter um den Erfolg, aber wochenlanges Schlechtwetter schlug sie zurück. Den „Treuesten der Treuen" nannte damals Merkl seinen alten Freund.
1934 kamen sie wieder. Beim Gipfelangriff trennte sich Bechtold im Lager 7 auf 7050 m Höhe von den weiter aufsteigenden Freunden. Er hatte sich schweren Herzens bereit erklärt, erkrankte Träger in tiefergelegene Lager hinunterzugeleiten. Nach einigen Tagen wollte er mit Proviantnachschub wieder oben sein. Aber es kam anders. Das Auseinandergehen mit einem Händedruck — „Macht's gut!" — war ein Abschiednehmen für immer. Fritz Bechtold blieb am Leben; er betrachtete die Heimführung und Abwicklung der Expedition als Verpflichtung. Damals schrieb er das Buch „Deutsche am Nanga Parbat".
1937 wurde die deutsche Nanga-Parbat-Expedition von einem noch schwereren Schlag getroffen. In den Zelten von Lager IV unterm Rakiot Peak verschüttete eine Lawine 7 Bergsteiger und 9 Sherpas, die in ihren Zelten schliefen. Nach Bekanntwerden der Hiobsbotschaft flog Fritz Bechtold mit Paul Bauer und Dr. Karl von Krauß zum Nanga Parbat und beteiligte sich mit allen Kräften an der Bergung und Bestattung der toten Freunde in 6200 m Höhe.
Auch 1938 war Fritz Bechtold dabei, als beim Mohrenkopf die Leichen von Willy Merkl und Gay-Lay gefunden wurden. Es war dies wohl einer der bittersten Augenblicke im Bergsteigerleben Fritz Bechtolds.
Auch mit dem Alpenverein blieb Fritz Bechtold Zeit seines Lebens verbunden. 1938 wurde er in den Hauptausschuß berufen. Nach dem Krieg gründete er in Roth eine Ortsgruppe der Sektion Nürnberg, die ihn 1959 zum Ehrenmitglied ernannte.
Gemeinsam mit Paul Bauer rief er nach der Nanga-Parbat-Katastrophe von 1934 die Deutsche Himalaja-Stiftung ins Leben. Nach dem zweiten Weltkrieg stellte er seine Erfahrung zeitweise dem Auslandsbergfahrtenausschuß des DAV zur Verfügung und setzte sich hier auch für ein Zusammengehen von Stiftung und Alpenverein ein.
F. Sch.
Quelle: Mitteilungen des DAV 1961, Seite 43-44

Fritz Bechtold
Vita *15. 1. 1901, (+) 26. 2. 1961 in Roth bei Nürnberg. Als stud. ing. in Nürnberg trat er 1921 der Sektion Bayerland in München bei. Später war er als Ingenieur in Trostberg beschäftigt. Nach seiner Verheiratung übersiedelte er nach Roth. Verlust der rechten Hand durch einen Arbeitsunfall.
Chronik Führende Persönlichkeit der hervorragenden Chiemgauer Kletterer der zwanziger Jahre. Seine Erstbegehungen mit Willy Merkl begann Bechtold 1920 an den Nordabstürzen der Hörndlwand in den Chiemgauer Alpen, die großzügigste Route war der Nordriß (»Schwarzer Riß«), der sich mit einer schwierigen Kaiser-Führe vergleichen läßt. Weitere Erstbegehungen, überwiegend in den Berchtesgadener Alpen, Loferer Steinbergen und Dolomiten. 1924: Großes-Fieberhorn-Südkante, Tennengebirge; Kleines Häuslhorn-Südwand, Großes-Häuslhorn-Südwestwand und Kleines-Mühlsturzhorn-Südwand in den Berchtesgadener Alpen. 1925: Fünftes-Sauhorn-Nordgrat, Leoganger Steinberge; Hintere-Gamsflucht-Nord-westwand, Kaisergebirge. 1926: Großes Mühlsturzhorn-Südkamine und Knittelhorn Südkamin, Berchtesgadener Alpen; Cima-di-Campido-Nordwestwand und Neuanstiege an den Lasteitürmen sowie Campanile-di-Valgrande Ostwand in den Dolomiten. 1927: Breithorn-Nordgrat und -Nordwestwand, Nördliche-Eiblhorn-Südkante, Kleines-Reifhorn-Nordwestpfeiler, Nackter-Hund-Nordwand, Großes-Rothorn-Nordostpfeiler und -Nordkante, alles in den Loferer Steinbergen. 1928: Großes-Mühlsturzhorn-Südrippe. 1931: Werfener Hochthron, Direkte Südwand, Tennengebirge; Drittes-Watzmannkind-Südkante, Berchtesgadener Alpen. Im Kaisergebirge gelangen frühe Wiederholungen: Schüle-Diem-Route (2. Begehung), Kleine-Halt-Nordwand (4. Begehung) und Direkte¬Totenkirchl-Westwand (8. Begehung). 1928 mit Willy Merkl und Georg Mitterer: Montblanc, Peutereygrat und Alte Brenva-Flanke. 1929 mit Merkl und Walter Raechl im Kaukasus. Erfolge: acht Erstersteigungen, zwei Fünftausender und als Glanzleistung die 2. Begehung des Schulze-Weges auf den Uschba-Südgipfel. Nächstes Ziel: Himalaya! 1932 kamen Bechtold und Merkl am Nanga Parbat bei schlechten Verhältnissen bis auf etwa 7000 Meter. 1934 blieb Bechtold vor der Katastrophe am Nanga Parbat verschont. Vom Lager 7 (7050 m) mußte er erkrankte Träger in tiefergelegene Lager führen. Im Unwetter kamen Merkl, Welzenbach und Wieland sowie sechs Sherpas um. 1937 wurden am Nanga Parbat im Lager 4 sieben Bergsteiger und neun Träger von einer Lawine verschüttet. Nach Bekanntwerden der Hiobsbotschaft flog Bechtold mit Paul Bauer und Karl von Kraus zum Nanga Parbat und beteiligte sich an der Bergung der toten Freunde in 6200 Meter Höhe. Auch 1938 war Bechtold dabei, als am »Mohrenkopf« unterhalb des Silbersattels die Leiche Willy Merkls gefunden wurde.
Bechtold war Gründer der Deutschen Himalaya-Stiftung und Autor des Buches „Deutsche am Nanga Parbat“. Seit 1959 war er Ehrenmitglied der Sektion Nürnberg im Deutschen Alpenverein.
Fritz Schmitt
Quelle: Der Bergsteiger 1984, Heft 11, Seite 93-94


Geboren am:
15.01.1901
Gestorben am:
26.02.1961