Huter Sepp
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Biografie:
Sepp Huter zum Gedenken
An einem sonnigen Spätherbsttag des heurigen Jahres haben wir uns vor der Hütte die Hände zum Abschied gereicht. Keiner von uns beiden hat damals wohl geahnt, daß es zum letztenmal sein sollte.
Drei volle Jahre waren nun schon vergangen, seit Sepp Huter hier oben als Pächter seinen Einzug gehalten hatte. Auch damals ging das Jahr schon zur Neige, ein Jahr, in dem sich zu den Sorgen um die endgültige Fertigstellung der Hütte auch noch jene um ihren Betrieb gesellt hatten. Eine neue Hütte in einem Gebiet hochzubringen, das fast ein Jahrzehnt ohne Hütte gewesen war und das auch früher mit Besuch etwas stiefmütterlich bedacht worden war, ist eine schwere Aufgabe. Sepp Huter hat sie gemeistert.
Es war ein harter Kampf für ihn, sich durchzusetzen, und es bedurfte eines eisernen Willens, allen Rückschlägen, die sich immer wieder einstellten, die Stirne zu bieten. Aber Huter war, als ein Kind der Tiroler Berge, hart und zäh und dabei von einem unverwüstlichen Vertrauen in die Zukunft erfüllt. Und dieses hat ihn nicht enttäuscht. In wenigen Jahren hatte er es verstanden, der Hütte jenen Ruf zu verschaffen, der es ermöglichte, die Besucherzahl der neuen Tappenkarseehütte auf das Sechsfache jener der alten, früher bestandenen Hütte zu heben.
Das erste Jahr war freilich schwer; Huter, als „lediger" Hüttenwirt, hatte all die daraus erwachsenden Schwierig-keiten zunächst zur Neige auszukosten. Als ihm aber dann im zweiten Jahr Frau Hilde als Gattin und treue Helferin zur Seite trat, wußten wir, daß das Haus nun jene Führung hatte, die wir uns immer gewünscht hatten.
Sepp Huter war, wie schon erwähnt, eine seltene Zuversicht zu eigen. Und diese bezog sich auch auf seine Person. Die Überzeugung, daß ihm nichts geschehen könne, war tief in ihm verwurzelt. Und das Geschick gab ihm auch hierin recht, solange er sich in seinen Bergen bewegte, schien wirklich eine Schutzmacht über ihm zu stehen, die ihn manch böses Abenteuer glücklich überstehen ließ. Dieser Glücksstern verließ ihn leider, sobald er sich ans Lenkrad setzte, denn hier verfolgte ihn dauernd tückisches Mißgeschick, das uns mit aufrichtiger Sorge erfüllte. Sie war nicht grundlos.
Am 8. November dieses Jahres fuhr Sepp Huter mit seinem Wagen, von Salzburg kommend, wieder ins Tappenkar zurück, voll mit Plänen für die Zukunft erfüllt. Was gab es da noch heuer alles zu tun! Ein neuer, in den Berg gebauter Keller war soeben fertiggestellt worden; jetzt baute er an einem seiner Lieblingsprojekte, einer Seilbahn vom Tappenkarsee zur Hütte. Vielleicht ließe sich damit auch ein Schlepplift betreiben? Und dann kam ja bald der Winter, der von Sepp immer heißersehnte Winter, der ihn mit seinen geliebten Bretteln zum kleinen Herrscher vom Tappenkar machte. Vielleicht sah er im Geiste vor sich schon die fröhliche, schneebegeisterte Schar seiner Gäste auf den Hängen sich tummeln, oder gar wieder, wie im Vorjahr, die Flugzeuge vor der Hütte landen. Dazu mußte man aber noch viel besorgen, also heim, rasch heim. Es ist bei Hallein. Die bisher nebelfreie Straße verschwindet in einer Nebelbank. Ein Lastwagen fährt schwerfällig vor ihm. Im Überholen tauchte aus dem Nebel ein Wagen in der Gegenrichtung auf, und das Schicksal schlägt diesmal hart zu.
Unser lieber Sepp hat seinen Traum von seiner Hütte und seinen liebgewonnenen Bergen im Tappenkar ausgeträumt, sein sonniges Lachen, seine gewinnende Art, mit der er die Herzen seiner Gäste für sich gewann, sind für immer dahin. Mit ihm verliert die Sektion Edelweiß nicht nur einen vorbildlichen Pächter, sondern auch einen selbstlosen, treuen Mitarbeiter. Seine Frau aber, der sich unser tiefstes Mitempfinden zuwendet, verliert in ihm ihren Lebensinhalt. Der Name Sepp Huters aber bleibt immerwährend mit der Geschichte unserer Tappenkarseehütte als der Name jenes Mannes verbunden, der ihr den ersten großen Aufschwung vermittelte.
Rudolf Wismeyer
Quelle: Edelweiss Nachrichten 1957, 11. Jahrgang, Folge 12, Seite 81