Herrmann Ernst

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Biografie:
Unser 60 Jahre-Klubjubilar Dr. ernst Herrmann, Professor i.R., 80 jJahre alt
Am 19. Februar 1984 vollendet unser jahrzehntelanger Mitarbeiter Prof. Dr. Ernst Herrmann, unser geschätztes Mitglied seit dem Jahr 1922, daher 60 Jahre-Klubjubilar, sein 80. Lebensjahr. Wir haben anläßlich von früheren „runden" Geburtstagen in der Februarfolge 1974 und in der Märzfolge 1979 unserer Klubzeitung von seinem verdienstvollen Wirken für unseren ÖTK einiges berichtet. Hierzu wollen wir nunmehr einige Ergänzungen bringen, vor allem aber auf seine langjährige Bergsteigertätigkeit etwas näher eingehen. Unser Jubilar erhielt seine ersten Bergeindrücke, als er mit seinen Eltern zur Sommerfrische in Weidling bei Klosterneuburg war; auf dem Rücken seines Vaters unternahm er einen Ausflug auf den Kahlenberg. Mit 4 Jahren folgte ein viel eindrucksvollerer Ausflug zur Lackabodenhütte oberhalb der Eng mit ihren romantischen Holzriesen von der Sommerfrische Payerbach im Schwarzatal aus; die genannte Hütte war die erste von ihm besuchte Schutzhütte — es sollten noch ungezählte andere folgen! Sie ging später in den Besitz des ÖTK über, wurde aber in den Wirren bei Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört und nicht mehr wiederaufgebaut. Als unser Jubilar im Alter von 10 Jahren mit den Eltern am Wörther See weilte, erweckte der malerische Blick auf den langgestreckten Kamm der Karawanken die verständliche Sehnsucht, einmal auch solche Höhen ersteigen zu können. Durch einen „Ausflugsführer für Velden und Umgebung" wurde auch sein Interesse für das alpine Schrifttum geweckt.
Im ersten „Friedenssommer" nach Ende des Ersten Weltkriegs konnte er endlich vom Urlaubsort Igls aus den Patscherkofel (sein erster Zweitausender!) bei wolkenlosem Himmel ersteigen, eine Fahrt, deren Beginn er kaum hatte erwarten können; bis heute noch hat er die gleißenden Gletscher der Zillertaler und der Stubaier Alpen vor Augen, einer der stärksten Eindrücke am Beginn seines Bergsteigerlebens. Wegen Lebensmittelmangels mußten dann mitten im Sommer alle „Fremden" Tirol verlassen, weshalb es über die bayerische Grenze nach Mittenwald ging; von dort aus lernte er bei einer Besteigung der Westlichen Karwendelspitze mit seinem Bruder erstmals die wilde Schönheit von Felsbergen aus nächster Nähe kennen. Im Jahr 1920 gab es bei der Heimfahrt von einem Urlaub an der Ostsee viele schöne Wandertage im Thüringer Wald. Das erste richtige Hochgebirgsjahr 1921 begann mit einer Vorübung auf Raxalpe und Schneeberg; sodann folgte ein Übergang von der südlich der Hochalmspitze gelegenen Gießener Hütte (erste Nächtigung in einer Schutzhütte!) über die Malinitzer Scharte zum Arthur v. Schmid-Haus am herrlichen Dösener See und eine Er-steigung des Säulecks (der erste Dreitausender!); das Bergjahr wurde durch eine Ersteigung des Rauriser Sonnblicks mit seiner meteorologischen Station beim Zittelhaus auf dem Gipfel abgeschlossen. In den Berchtesgadener bzw. Salzburger Kalkalpen erstieg er im Jahr darauf den Watzmann (mit Übergang vom Mittelgipfel zur Südspitze) und den Hohen Göll, woran er eine Querung des Steinernen Meers vom Königsee über das Riemannhaus nach Saalfelden schloß. Nach der im Jahr 1923 bestandenen Reifeprüfung durchquerte er das Wettersteingebirge von der Höllental-klamm über Zugspitze und Alpspitze mit anschließenden Höhenwegen nach Oberstdorf im Allgäu.
Im Jahr 1924 gab es eine dreiwöchige Querung des Rätikons über die Silvretta und die Verwallgruppe zum Arlberg, im Jahr darauf waren es die Stubaier Alpen (Zuckerhütl und Wilder Freiger) und die Ötztaler Alpen mit Wildspitze und einem kühn unternommenen Abstieg vom Gipfel der Weißkugel über den Nordgrat, alles mit seinem Bruder. In den Dolomiten wurden Langkofel- und Sellagruppe besucht, das Kaisergebirge umrundet und in den Julischen Alpen Triglav und Prisojnik erstiegen. Im Jahr 1927 besuchte er mit seinem jungen Freund Kurt Reifschneider, der im Jahr 1929 Mitbegründer der Bergsteigergruppe des ÖTK war und 1935 an der Roßkuppenkante im Gesäuse zu Tode stürzte, die Steiner Alpen, weiters nach einer neuerlichen Ersteigung des Säulecks die Hochalmspitze und den Hochgolling, den höchsten Gipfel der Niederen Tauern. Im darauffolgenden Jahr betrat er nach einem Besuch der Schobergruppe Österreichs höchsten Gipfel, den Großglockner, aus 1929 wären der Hohe Dachstein und der Peternpfad im Gesäuse herauszugreifen.
Es führte zu weit, wollte man auch nur in ähnlicher Weise die weiteren Bergjahre schildern. Im Jahr 1930 nahm er als Vertreter unseres Klubs an der Einweihung der Adolf-Noßberger-Hütte am Großen Gradensee in der Schobergruppe teil. Die Meereshöhe des Großglockners wurde im Jahr 1931 durch eine Besteigung des Ortlers übertroffen. Nach dem Zweiten Welt-krieg besuchte er mit Vorliebe die Schweiz (Berninagruppe, Berner Oberland, Umrundung von Matterhorn und Mont Blanc), wobei er oft auch zahlreich und gern besuchte Urlaubsfahrten dort, in den Dolomiten und so manchen anderen Ost- und Westalpengebieten für unseren Klub führ-te. Alle Berggruppen der Ostalpen sind ihm bekannt geworden, neben dem Mönch als einzigen Viertausender gut ein Viertelhundert von Dreitausendern und ungezählte niedrigere Gipfel.
Im Winter hat unser Jubilar fast alle Schi-gebiete der Ostalpen besucht, wobei Rohrmoos bei Schladming und die Gerlitzen bei Villach alljährliche Lieblingsaufenthalte wurden. Den heute so beliebten Langlauf hat er schon 20 Jahre vorher betrieben, aber auch große Überquerungen von Gebirgsstöcken auf Schiern durchgeführt, so in der südöstichen Dachsteingruppe, ebenso kreuz und quer über das Tote Gebirge.
Ein reichhaltiges, voll erfülltes Bergsteigerleben wurde vor uns ausgebreitet. Für unseren Klub gab es dabei auch einen seltenen Rekord: Dr. Herrmann hat sämtliche Schutzhütten des ÖTK samt den umliegenden Arbeitsgebieten besucht! Schon im Jahr 1930 erschien aus seiner Feder im ABZ-Verlag ein Schi- und Wanderführer durch die südlichen Wälzer Tauern, gleich nach dem Zweiten Weltkrieg im Touristik-Verlag ein Führer durch das Bundesland Tirol. Bei Gerlach & Wiedling war es der so beliebt gewordene, bereits in 5 Auflagen vorliegende Tauernhöhenweg-Führer (in unserer Klubkanzlei um S 138,— erhältlich!). Eine Reihe von Jahren betreute er auch das Taschenbuch der AV-Mitglieder sowie das Schi-Taschenbuch, das durch seine sorgende Hand wertvolle Verbesserungen erfuhr. In unserer Klubzeitung, in anderen alpinen Zeit¬schriften sowie in der Reihe der Alpenvereins-Jahrbücher sind sehr viele gehaltvolle Aufsätze aus seiner Feder erschie¬nen, wobei der Hochkönigstock, die Niederen Tauern und die Julischen Alpen eine gewisse Bevorzugung erfuhren. — Durchwegs mit eigenen Aufnahmen hielt er insgesamt etwa 500 Lichtbildervorträge, z. T. auch auf Vortragsreisen.
Bei seinem am 28. Juni 1927 mit dem Doktorat der Philosophie abgeschlossenen Studium an der Universität Wien hatte er für die Fächer Geographie und Geschichte, im Jahr darauf für Deutsch auch die Lehramtsprüfung abgelegt, wofür ihm u. a. auch der Titel „Magister" zustünde. Die vieljährige Tätigkeit als Mittelschul-lehrer beendete er 1968 durch den Über-tritt in den Ruhestand, worauf ihm im Jahr 1977 die Freude zuteil wurde, daß ihm an der Universität Wien das Goldene Doktordiplom am 28. Juni, auf den Tag genau 50 Jahre später, feierlich überreicht wurde.
Wir müssen leider schließen. Unserem geehrten Jubilar gelten unsere herzlichsten Wünsche für eine gute Gesundheit weiterhin, viel Freude mit seinen Studien und noch viel viel Berührung mit der schönen Natur unserer Heimat und unserer Bergwelt. Für die Leitung und die Mitgliedschaft unseres Klubs macht sich hierfür zum Sprecher sein alter Berggefährte und Freund
Robert Hösch
Quelle: Österreichische Touristenzeitung 1984, Jahrgang 97, Seite 22

Quelle: ÖAV Mitteilungen 1986, Heft 5, Seite 29


Geboren am:
19.02.1904
Gestorben am:
26.09.1985