Hromotka Anton

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Biografie:
Anton Hromatka
*10. Mai 1899 — (+) 6. Mai 1973
Die erste Begegnung mit dem jungen Vorsitzenden des Akademischen Alpenklubs Innsbruck im Jahre 1923 vermittelte das Gefühl, mit einem echten Aristokraten der Berge bekanntgeworden zu sein. Dr. med. Anton Hromatka, später international bekannter, weitgehend wissenschaftlich tätiger Kieferchirurg und Zahnarzt, zwar nicht in seiner Heimat, wo er zeitlebens wirkte, wohl aber in der Bundesrepublik Deutschland als Honorarprofessor der Freien Universität Berlin geehrt, war ein vornehmer, geradsinniger Mensch — immer ein wenig über den Dingen stehend; sein feiner, intelligenter Humor war nur dem richtig zugänglich, der sich mit ihm im Herzen verstand.
Obwohl er ein trittsicherer, tüchtiger Geher und Kletterer in Fels und Eis war — die erste Ersteigung der Schermbergnordwand im Jahre 1919 (!) gibt davon Kunde —, hatte er sich vornehmlich den großen, hochalpinen Schifahrten verschrieben und hiebei wieder vor allem großzügigen Überquerungen; in den Ostalpen kannte er in dieser Hinsicht wohl alles, was irgendwie von Bedeutung war; frühzeitig lernte er auch eine Durchquerung des Berner Oberlandes, eine Befahrung der Haute Route und vieles andere kennen. Als Höhepunkt seiner schialpinen Tätigkeit muß die erste Schi-Längs-überquerung des Zentralen Kaukasus im Jahre 1937 zusammen mit den Brüdern Hugo (Dachlnordwand) und Fred (Schi-Professor) Rößner bezeichnet werden. Auch die beiden Weltkriege verbanden Dr. Hromatka mit den Bergen: im ersten war er Angehöriger des Tiroler Kaiserschützenregiments 1, im zweiten war er bei verschiedenen Hochgebirgseinheiten sowohl als Instruktor als auch im Fronteinsatz. Irgendeinmal betätigte sich Dr. Hromatka auch sportlich erfolgreich bei spanischen Schimeisterschaften. Toni, wie ihn seine Freunde nannten, war sowohl in seinem Beruf als auch in seiner alpinen Tätigkeit sehr gründlich und gewissenhaft und verstand es auch, seine Gedanken und Erkenntnisse in klarer Form schriftlich niederzulegen. Über 150 wissenschaftliche Arbeiten und zwei Lehrbücher zeugen ebenso davon, wie viele alpine Schriften und Referate (auch in der ÖAZ). Gern erinnere ich mich an unsere Zusammenarbeit bei der Verfassung des einst viel benützten Führerwerks „Dr. Albrecht — Dr. Hromatka: 500 Sonntag-Skifahrten vom Wienerwald bis Zell am See". Dieser heute in Vergessenheit geratene Schiführer war letzten Endes aus dem Zeitgeist einer Gruppe von Wienern geboren worden, die es sich angelegen sein ließ, Sonntag für Sonntag bis in die entferntesten Gebiete zu Berg- und Schifahrten vorzustoßen — selbstverständlich noch per Bahn; dabei war es „Ehrensache", daß der so genützte Sonntag erst Samstag Mittag begann und Montag früh zu Ende war. Ein anderes, von Dr. Hromatka verfaßtes Bergbüchlein trägt den Namen „Ostalpine Großabfahrten".
Aus dem Welser und später Tiroler alpinen Vereinsleben hervorgegangen, gehörte Dr. Hromatka seit 50 Jahren unserem Klub an und erhielt nach seiner zeitbedingten Übersiedlung am Kriegsende nach Kitzbühel schließlich von der dortigen Alpenvereins-Sektion die Ehrenmitgliedschaft zugesprochen.
Geistig sehr rege und interessiert, fand er sich mit der Kunsthistorikerin Dr. Maria Neusser zu einer guten Ehe, der drei Kinder entsprossen. Der Neuaufbau der Existenz und die Schaffung eines Heims in Kitzbühel, die immer regere wissenschaftliche Tätigkeit und der damit zusammenhängende Kräfteverbrauch brachten es mit sich, daß nach dem Krieg keine großen Fahrten mehr zustandekamen; die Kitzbüheler Alpen, das Gebiet um Seefeld und die Dolomiten wurden sein Schireich, das er, oft auch mit seinen Kindern, besuchte. Bis es schließlich aus gesundheitlichen Gründen nur noch Langlauf und Golf für ihn gab. Als ich ihn vor einigen Jahren in Kitzbühel traf, ging er gerade zum Golfspiel; wohl war er älter und müder geworden, doch in seinem Wesen das geblieben, was er bereits zur Zeit unseres Kennenlernens war: ein Herr.
Nimmt man von einem Freund Abschied, leuchten einige Episoden und Momente besonders auf: bei uns waren es manche gemeinsame Schifahrten, darunter zwei unwahrscheinlich schöne Ostertage auf der Hochalmspitze und auf dem Ankogel; dann unsere gemeinsame Freundschaft mit Rudolf Schwarzgruber und schließlich eine wortlose Geste angebotener Hilfeleistung als ich, von der Zeit reichlich zerzaust, nach fünf Kriegsjahren aus der Gefangenschaft heimkehrte.
Deine Zeit, lieber Freund, war um; Du hast sie genützt und lebst über sie hinaus.
Wohl alle, die wir Dir begegnet sind, empfinden dafür herzlichen Dank
Rolf Werner
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1974, Jänner/Feber, Folge 1393, Seite 35-36



Geboren am:
10.05.1899
Gestorben am:
06.05.1973