Herre Ewald

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Biografie:
Ewald Herre
10. November 1898 — 7. August 1972
Mit fünf Geschwistern in einer kinderreihen Familie glücklich aufwachsend, zeigte sein Vater, selbst ein begeisterter Bergsteiger, den Kindern schon früh die Schönheiten der Natur. Mit ihm durchwanderte er die Voralpen und Niederen Tauern bis er schon als 13-Jähriger die ersten Schier bekam, die er bald gut beherrschte. Mit Lehrbuch ausgerüstet, brachte er sich selbst die Technik bei. Bereits in seiner Mittelschulzeit machte er selbständig Bergfahrten im Hochschwab- und Dachsteingebiet.
Die Realschule verließ er nach vorzeitiger Reifeprüfung, nachdem er sich freiwillig zum Wehrdienst gemeldet hatte. Er wurde zum Kaiserschützenregiment Nr. I einberufen und in St. Christina zum Militärbergführer unter Jahn, Merlett, Bilgeri und Barth ausgebildet. Sella- und Geislergruppe, aber in erster Linie die Langkofelgruppe, lagen im Übungsprogramm, und so führte er damals schwierige und schwierigste An- und Abstiege im Dolomitenfels durch. Nach Beendigung des Kurses machte er Dienst im Presanella- und Adamellogebiet und schließlich als Feldwachkommandant an der Punta San Matten, bis er nach schwersten Kämpfen in italienische Gefangenschaft geriet.
Die Heimkehr 1919 war auch für ihn, wie für so viele, enttäuschend. Studien- und Berufssorgen verfolgten ihn, bis er sich dem Bankwesen zuwandte, in dem es aber zufolge der allgemeinen Inflation immer schwerer wurde vorwärts zu kommen. So war es für ihn ein Lichtblick, durch mehrere Jahre als Techniker bei der Bundesvermessung zu arbeiten. Er nahm an der Triangulierung der Hochalm-, Ankogel- und Glocknergruppe teil. Diese sicher anstrengende Arbeit schenkte ihm herrliche Erlebnisse. Auf dem Gipfel des Großglockners arbeitete er durch 52 Tage vom Morgengrauen bis zur Dämmerung. Nachdem er später noch acht Ersteigungen hinzufügen konnte, stand er sechzigmal auf diesem wunderbaren Gipfel. Um diese Zeit fand er Aufnahme in unserem Klub, dem er fünfzig Jahre als treues Mitglied angehörte.
In ruhigere Bahnen mündete sein Berufsleben im Jahre 1929, als er vorerst als Kanzleileiter bei einem Rechtsanwalt und später im Rechtsbüro der Firma Gebr. Böhler tätig war. Seine Freizeit schenkte er den Bergen und besuchte die Berggruppen, die er unter so schwierigen Verhältnissen im Krieg kennengelernt hatte. Insbesondere erstieg er viele der Gipfel der Ortlergruppe und führte größere Fahrten in der Brenta, den Ötztalern und der Silvretta aus.
Im Zweiten Weltkrieg machte er als Hauptmann den Frankreichfeldzug bis zur Kanalküste mit, den Vormarsch durch Rußland bis Stalingrad, von wo er am letzten Tag vor der Einkesselung abkommandiert wurde. Am Balkan geriet er 1944 in russische Gefangenschaft. Abgemagert auf 47 kg kehrte er nach 8 1/2 Jahren aus dem Krieg in die Heimat zurück. Klubbrüderliche Kameradschaft ebnete ihm den Weg zu einer Tätigkeit inmitten seiner geliebten Berge im Kapruner Tal. Er war nun viele Jahre in der kaufmännischen Abteilung der großen Arbeitsgemeinschaften tätig, die die Kraftwerksbauten ausführte, allseits beliebt und besonders geschätzt. In Fels und Eis oder mit Schiern durchstreifte er die Hohen Tauern, besonders aber seine geliebte Glocknergruppe. Er selbst zählte diese Jahre zu seinen schönsten Zeiten.
Durch die Entbehrungen in der russischen Kriegsgefangenschaft machte sich ab seinem 57. Lebensjahr ein schweres Herzleiden bemerkbar, das ihm nun das Bergsteigen in größeren Höhen verbot. Er fand aber immer noch viel Freude an Wanderungen mit seiner Familie, bis ihm eine sehr schmerzhafte Arthrose das Gehen nur mehr mit Krückstöcken möglich machte. Es blieb ihm nur mehr das Miterleben der Berge durch das Lesen von Büchern und dem Besuch von Vorträgen, zu denen er bis zuletzt getreulich in unseren Klub kam.
Im Sommer 1972 kam dann das Ende durch die Folgen eines Schlaganfalles. Ein hervorragender Mensch von edlem Charakter ist von seiner Familie, um die er sich ein Leben lang vorbildlich sorgte, und von uns gegangen. Ich hatte das Glück, in seiner Kapruner Zeit mit ihm einige Bergfahrten zu unternehmen, die mir alle in hellster Erinnerung sind. Besonders ein Gang zum Klubtreffen in der Hofmannshütte im Jahre 1955, den wir bei schlechtestem Wetter, nach Aufbruch am Morgen vom Schwaigerhaus, über einige Hochgipfel unternahmen.
Und nun hast Du Deine letzte große Fahrt angetreten. Möge Dir drüben so viel Schönes geschenkt sein, wie Dir, trotz aller Fährnisse im Leben, hier beschieden war.
Wir aber werden Deiner gedenken, bis auch uns die Stunde schlägt.
C. R.
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1973, Jänner/Feber, Folge 1387, Seite 30-32


Geboren am:
10.11.1898
Gestorben am:
07.08.1972