Knaus Hermann

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Biografie:
Hermann Knaus
*19. Oktober 1892 — (+)23. August 1970
Am 23. August 1970 ist Universitätsprofessor Dr. Dr. Hermann Knaus gestorben. Vor 40 Jahren hat er als junger Assistent der Grazer Universitätsfrauenklinik als Ergebnis seiner jahrelangen Forschertätigkeit und Arbeiten über das Problem der Fortpflanzung beim Menschen und der ihm zugrunde liegenden Naturgesetze seine Lehre über „die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage der Frau" der medizinischen Welt mitgeteilt; sein Name wurde damit alsbald weltbekannt. Natürlich gab es zunächst auch hier Widerspruch und Gegner. Dank seiner unbestrittenen Autorität auf dem Gebiet der Fortpflanzungsbiologie und dank seiner nie erlahmenden Zielstrebigkeit in- zahlreichen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen gelang es Knaus, gegen die Anschauungen und Überzeugung von Generationen seiner Lehre Weltgeltung zu verschaffen. Seine Erkenntnisse bilden die elementare Grundlage für alle Bestrebungen, den durch die explosive Vermehrung der Menschheit heraufbeschworenen Gefahren zu begegnen. So ist die Knaussche Lehre in die Weltgeschichte eingegangen.
Knaus war aber nicht nur Forscher und Arzt, sondern dank seiner prächtigen Körperbeschaffenheit auch sportlich begabt und interessiert. Ich besitze ein Photo von ihm aus bester Jugendzeit — im Handstand mit tadelloser Haltung auf der Spitze einer senkrechten Felsklippe am Meeresgestade von Lussin. Seine mutige Entschlossenheit hat er im ersten Weltkrieg als Fliegeroffizier bewiesen; für eine bravouröse Tat wurde dem Reserveleutnant Hermann Knaus der Orden der Eisernen Krone verliehen — eine ungewöhnlich hohe Ehrung.
Seine enge Naturverbundenheit brachte ihn bald zur Jagd. Ein Schuß Gamsblut war in seinen Adern. Da war ich einmal vor vielen Jahren mit Knaus im Gesäuse; nach dem Buchsteinwestgrat hat uns ein schweres Gewitter in höchster Eile bis Gstatterboden gejagt. Gegen Abend klärte es auf, bis zum Dunkelwerden noch reichlich Zeit, was tun? Der Buchsteinwestgrat war zu wenig. Da kam Knaus der zündende Gedanke — nachschauen, wie es im Stift-Admontschen Revier um Gstatterboden mit dem Garns- und Hochwildbestand steht. Ich war zuwenig Jäger, hielt die Sache auch für riskant und lehnte ab; doch Knaus war schon dahin. Und als er nach wenig mehr als einer Stunde wieder heil bei mir war, erzählte er mit verschmitztem Lächeln und sichtlich befriedigt von seiner gelungenen jagdlichen Kundfahrt. Und bis ins hohe Alter blieb Knaus ein begeisterter und vorzüglicher Jäger, gern gesehener Gast in verschiedenen hochherrschaftlichen Revieren.
Als ich ihm Anfang der zwanziger Jahre von meinen Dachsteintouren erzählte, war Knaus Feuer und Flamme, auch er mußte die Wunder der Felsenwelt kennenlernen. Mit einem jungen Kollegen der Grazer Frauenklinik gelang ihm die Hochtor-Nordwand auf Pfannls Weg, mit H. Mayerhofer der Steinerweg, so war er auf der Spitze des ihm von mir als besonders attraktiv empfohlenen Däumling im Gosaukamm, und was ihm besondere Freude bereitete — es war ihm beschieden, in Gemeinschaft mit den Brüdern Dobiasch und mit Mayerhofer in Fortsetzung des von Fiechtl und mir eröffneten neuen Durchstiegs durch den westlichen Teil der Torsteinsüdwand den direkten Gipfelausstieg durchzuführen. Die Bergsteigerzeit war für Knaus dann bald beendet; seine Berufung nach Prag als Vorstand der Frauenklinik der deutschen Karlsuniversität sowie sein unbändiger Drang zu schöpferischer wissenschaftlicher Arbeit ließen ihm keine Freizeit mehr. Doch die Erinnerung an die Berge blieb- bei ihm bis ins hohe Alter wach; mit stolzer Freude zeigte er mir vor einigen Jahren ein herrliches Bild des Torsteins, ich glaube von Willi End, und wenn ich ihm erzählte, was heutzutage die Sestogradisten in den Bergen leisten, meinte er resigniert: „Ja! das müßte man halt können." Das Erlebnis des Schilaufs aber hat Knaus bis ins letzte ausgekostet. Noch als alter Herr war er alljährlich mehrere Wochen, von einem Schilehrer begleitet, in den bekannten Zentren von Wolkenstein, St, Moritz, Davos, Lech oder Zermatt. Als Schifahrer alter Prägung mußte er sich den neuen Fahrstil erst aneignen; dank seiner Zähigkeit und hellen Begeisterung gelang ihm dies in ausgezeichneter Weise. Doch wieder Schi fahren zu können war auch die Hoffnung des von einer heimtückischen Krankheit dem Tode Geweihten; wenn er wieder einmal eine der schweren Krisen im Verlauf der Erkrankung überstanden hatte und sich besser fühlte, da rief er mich an: „Es geht wieder aufwärts, ich hoffe im kommenden Winter wieder Schi fahren zu können." Es ist bemerkenswert, daß ihm, dem großen Arzt, seine schwere Erkrankung eigentlich nie recht in ihrer tödlichen Gefahr zu Bewußtsein gekommen ist, oder wollte er mit dem ihm eigenen ehernen Selbstbewußtsein die Krankheit einfach nicht wahrhaben und sie ablehnen? Er meinte: „Vor dem achtzigsten Jahr ist noch kein Knaus gestorben".
Bis ins hohe Alter war Knaus auch begeisterter Reiter, und mancher Wiener wird den eleganten Reiter frühmorgens in den Praterauen dahintraben gesehen haben.
Auch die Alpingeschichte wird den Namen Knaus behalten, und in den Felsen der herrlichen Torsteinsüdwand ist mit sein Name eingeschrieben, niemand und nichts wird ihn löschen. Der Österreichische Alpenklub hatte die Ehre, diesen bedeutenden Mann zu seinen Mitgliedern zu zählen, und als Bergsteiger wollen wir dem Klubkameraden und Bergsteiger Hermann Knaus ein stetes ehrendes und treues Gedenken bewahren.
Alfred Goedel
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1970, November/Dezember, Folge 1374, Seite 175-17

1926 1.Beg.Torstein-Südwand „Fiechtl-Goedel-Mayerhofer“mit Direkten Ausstieg,IV,1000 HM,2948m, (Dachsteingebirge)
Beg.Kleiner Buchstein-Westgrat,1990m, (Ennstaler Alpen,Gesäuse)
Beg.Hochtor-Nordwand „Pfannl-Maischberger-Weg“,III-IV,900 HM,2365m, (Ennstaler Alpen,Gesäuse)
Beg.Dachstein-Südwand „Steinerweg”, 2995m, (Dachsteingebiet)
Best.Däumling,2322m, (Gosaukamm,Dachsteingebirge)


Geboren am:
19.10.1892
Gestorben am:
23.08.1970