Goudet Pierre
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Biografie:
In memoriam Pierre Goudet
Zum Aufsatz von E. Vanis: Die Nordwände des Argentiere-Kessels
Im Aufsatz von Erich Vanis über die Nordwände des Argentière-Kessels (ÖAZ 1964, Folge 1336, Seite 100) kann der Ablauf der bergsteigerischen Ereignisse im Verlaufe von fast 100 Jahren genau verfolgt werden. Sosehr man den alpinistischen Leistungen der neuesten Zeit Bewunderung zollen muß, stehen diesen, nicht minder Achtung fordernd, die Taten der alten Pioniere gegenüber, für die in den letzten vier Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts die riesigen Bergflanken absolutes Neuland bedeuteten.
Chronologisch geordnet sehen wir E. Whymper den Reigen eröffnen, als er 1865, im Jahre seiner Matterhornersteigung, am 26. Juni mit M. Croz, Chr. Almer und F. Biner den Eishang, der vom Col du Dolent herabzieht, im Abstieg beging. Elf Jahre später, am 31. Juli und am 4. August 1876, bezwangen Cordier, Middlemore und Maund unter Führung von J. Anderegg, J. Jaun und A. Maurer das Couloir Cordier der Verte, bzw. die Route Cordier der Courtes. Weitere 19 Jahre mußten vergehen, ehe wieder Neuland in den Nordwänden betreten wurde: Ende August 1895 bezwangen Valère A. Fynn und Pierre Goudet die linke Flanke des Nordostpfeilers der Grande Rocheuse.
Zweifellos kommt letzterem Anstieg besondere Bedeutung aus dem Grunde zu, als er das erste führerlose Unternehmen in der langen Reihe der Erstbegehungen in den Argentière-Nordwänden darstellt.
Den Namen V. A. Fynn treffen wir öfters in der Westalpenliteratur, Carl Egger spricht von ihm in seinem Buch „Höhenluft" als den „englischen Führerlosen und hervorragenden Kletterer, dessen Ruf weit verbreitet war." Bei Pierre Goudet handelt es sich aber ohne Zweifel um unser Klubmitglied, das am 11. Juli 1897 am Buchsteinmauergrat einen tragischen Bergtod fand.
Der Unfall P. Goudets machte seinerzeit in Klubkreisen besonderen Eindruck. Einerseits war es nach dem Absturz J. Herzmanns und A. Kupfers das zweite Bergsteigerunglück, das Klubmitglieder in den Gesäusebergen betraf. Des weiteren wurde als bedrückend empfunden, daß es sich bei der ÖAK-Seilschaft um junge Männer handelte, die die Kletterelite der damaligen Zeit repräsentierten (Pfannl, Maischberger, Keidel, Wessely und Kleinwächter) und die man auf Grund ihrer Erfahrung und Intelligenz gegen jeden alpinen Unfall gefeit glaubte. Keidel war damals Vizepräsident des ÖAK, Kleinwächter zweiter Schriftführer. P. Goudet wurde unter Beteiligung aus Klubkreisen am 14. Juli 1897 im Friedhof von St. Gallen begraben.
Das Wissen von dem großen bergsteigerischen Erfolg P. Goudets im Argentière-Kessel klärt gewisse Unsicherheiten, die sich bei der Rekonstruktion der Ereignisse um den Unfall am Buchsteinmauergrat einstellen könnten. Der eventuelle Vorwurf, daß P. Goudet dieser Tour, die damals zu den schwierigsten Routen in den Gesäusebergen zählte, nicht gewachsen war, hat keine Gültigkeit. Goudets Seilgefährten wußten von seinen alpinistischen Leistungen und sahen in ihm einen gleichrangigen Könner,
Über den Hergang des Unfalles findet sich in der ÖAZ 1897, Seite 189 ein genauer Bericht. In unseren Klubaufzeichnungen ist vermerkt, daß der Genfer Pierre Goudet im Jahre 1895 aus geschäftlichen Gründen nach Wien übersiedelte und im selben Jahr dem Klub als Mitglied beitrat, Er war also nicht „Gast" des Klubs, wie Dr. F. Benesch in der Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1916, Seite 163 schrieb, Ein ähnlich irrtümlicher Hinweis findet sich auch in dem Nachruf, den unser verstorbenes Ehrenmitglied Otto Langl für Theodor Keidel verfaßte: „Dem französischen Klubgast Goudet als letzten am Seil brach ein Griff aus ...". Allerdings heißt es zwei Zeilen vorher: „Der Absturz der Seilschaft Keidel-Pierre Goudet als Endglied einer Sechser-Klubmannschaft ..." In der Namensliste der Klubmitglieder, die den Bergtod fanden (Festschrift des Österreichischen Alpenklubs 1954, Seite 91) scheint der Name Goudets auf.
Einen Tourenbericht P. Goudets vom Jahre 1896 bringt die ÖAZ 1897, Seite 35. Wir lesen, daß er u. a. eine Besteigung des Waldhorn-Nordgrates in den Niederen Tauern versuchte und im Winter auf der Adlersruhe war.
Sein Grab auf dem St. Gallner Friedhof ist nicht mehr erhalten, und es ließ sich auch nicht feststellen, wann es aufgelassen wurde. Aus den Pfarrmatrikeln konnte erhoben werden, daß Pierre Goudet, Ingenieur aus Wien, am 10. September 1868 in Genf geboren wurde. Er stand demnach zur Zeit des Unfalles im 29. Lebensjahr. Als Todeszeit wird 16 Uhr 20 Minuten angeführt, als Todesursache Bruch der Wirbelsäule.
Zurück zum Aufsatz von E. Vanis. Er schreibt am Schluß, daß unter den Erschließern der Argentière-Nordwände sich auch solche finden, die das rote Schild mit den drei Edelweiß unseres Klubs trugen und er nennt Julius Kugy und Karl Blodig, Auch Pierre Goudet wollen wir hier nennen. Er war nur kurz unser Mitglied, hat einen frühen Bergtod gefunden und unseren Klubfarben Ehre gebracht.
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Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1964 November/Dezember, Folge 1338, Seite 179-181
Gestorben am:
11.07.1897