Fraissl Rudolf

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Biografie:
Rudi Fraissl gefallen
Als ich von seinem Tode zum erstenmal hörte, sagte ich zu mir: also doch. Hat er es doch gemußt. Denn das war mir klar, Rudi stand seinen Problemen anders gegenüber, als wir. Er sah sie nackter, unproblematischer, aber kämpferischer. Das war er: Kämpfer, in jedem Augenblick seines jungen Lebens. Und er war ein großer Gegner, das werden die bestätigen, die je einmal mit ihm zu fechten hatten. .
Am 6. Februar gab er im Abschnitt Juchno an der Ostfront sein Leben für Führer und Reich.
Was war er? Ein Meister am Berg, ein Freund der Feder und ein ganz bestimmter Kamerad. Der Meister am Berg war extrem bis zur letzten Voraussetzung, er wollte immer wieder an einer ganz bestimmten, schweren Tour sein Schicksal versuchen. Wie oft drängten wir ihn davon ab. Nein, gerade in solchen Fällen ging er mit einer unglaublichen Bestimmtheit, die auch eine gewisse Herausforderung in sich barg, zu Werk. Der Krieg mutzte kommen, um ihn zu brechen, sonst glaube ich, hätte ihn nichts gebrochen.
Der Freund der Feder war leicht zu verstehen. Er erzählte flott und gerne und schreckte auch hier vor nichts zurück. In vielen seiner Aufsätze finden wir Anklage und Antwort zugleich. Viele haben ihn deswegen nicht verstanden, nicht verstehen wollen, aber -- wer es verstehen kann, muß es achten, auch wenn es dabei nicht um eigene Komplimente geht. Außerdem — er wollte lieber überhaupt nicht, als mißverstanden werden.
Der bestimmte Kamerad war eigenwillig und stolz. Er führte seine Persönlichkeit mit dem Bewußtsein, daß sie eine ist. Er war eben anders als die andern. Er gab sein Letztes für den Letzten und verlangte vom Ersten, daß er Erster sei. Auf vielen Kursen, die er in den Bergen abhielt, konnten wir dies bemerken und in vielen Vorträgen und Gesprächen kam dies immer wieder durch. Er war Revolutionär und Retter, Freund und Fechter, Genosse und
Gebieter.
Vor zwei Sommern konnte er noch im Rahmen der Heeres-Hochgebirgsschule, der er als Lehrer und Heeresbergführer angehörte und mit der er auch im Einsatz ging, eine deutsch-italienische Gemeinschaftsfahrt durch die Rote Rinne am Montblanc mitmachen und auch hier zeigte er wieder seine ungewöhnlichen Kämpferqualitäten, die immer wieder zum Schwersten, weil Verpflichtetsten, drängten.
In Smolensk habe ich ihn im Sommer das letztemal getroffen. Er wußte — und darum sagte ich das anfangs erwähnte: also doch — daß er diese Zeit nicht überdauern wird. Er sagte es mir beinahe voraus. Aber so wie es ist bei solchen Menschen, sie werden in diesen Ahnungen nur noch stolzer und noch freudiger sagen sie von der Standhaftigkeit ihres Gewissens und ihrer Überzeugung.
Ich kann mich nur vor Rudi tiefst verbeugen. Er wandelte und fiel auf ein und derselben Linie. Diese Stärke hat nicht jeder. Sein totes Angesicht, das ich mir ruhig und entschlossen vorstelle, wird mich lange begleiten. Und in diesem Begleiten und in dem Schweigen, das es ausstrahlt, sehe ich den Wert seines stetigen Ringens.
In den ersten Friedensstunden am Berg wird unser Sieg seiner sein. So wie jetzt sein Tod unser Leben ist.
Hans B a r o b e k.
Österreichische Alpenzeitung 1942, Folge 1226, Seite 39

Gestorben am:
06.02.1942