Egger-Lienz Albin

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Biografie:
geboren in Stribach (Österreich)
gestorben in Rentsch (Italien)

Albin Egger-Lienz
Zum 60. Geburtstag des verstorbenen Künstlers am 29. Januar 1925.
Von Dr. Hans Krey, Stuttgart.
Eine harmonische Dreiheit war es, die den Künstlermenschen Egger-Lienz werden ließ: im Grenzort Mauthen, hart an Italien, hatte seine Großmutter, italienischem Blute entstammend, das Licht der Welt erblickt; von ihr hatte er das südlich-heiße, sich in seinem Auge spiegelnde Temperament, die hingebungsvolle Glut des Schaffens geerbt; im sonnigen Bergland Kärnten war sein Vater geboren, und dieses hatte ihm auch ein wenig Humor geschenkt; in Tirol war er selbst am 23. Januar 1868 zur Welt gekommen, und dieses hatte ihm den schweren wuchtigen Ernst seiner Hochberge aufgeprägt. So standen ihm drei Welten Pate.
Aber auch seine Heimat Lienz hat in einer dreieinigen Naturgeste seine Kunstform bedingt, denn dort strömen drei verschiedene Landschaften ineinander: die Lieblichkeit der Kärntner Bergwelt, der schneeherrliche Wall der Hohen Tauern und das felsige Märchenreich der Dolomiten. Um Eggers Kunst ganz zu verstehen, muß man in Lienz diesem dreifachen Bergklang auch gelauscht haben; man muß im Abenddämmer den Wänden des Hochstadls, der Laserzwand und des Spitzkofels in ihr rosiges Verglühen schauen oder man mag zum Tristachersee emporgestiegen sein, um durch die Baumkronen hindurch auf das von den Mäandern der Drau durchzogene Tal und darüber auf die schneeigen Ferner gesehen haben. Man muß den Berghang emporklimmen, der einen Blick nach Kärnten gestattet. Da erst tritt die Gestalt des großen Malers vor unser geistiges Auge, da erst wird der Verehrer seiner Werke die an diese Erde gebundene, schollengeborene Ursächlichkeit seines Schaffens gewahr.
Wir wissen heute, da wir den 60. Geburtstag des dahingegangenen Meisters feiern, nicht, welcher Epoche seines Schaffens einmal der erste Platz zuerkannt werden wird: den Gestaltungen der tirolischen Historie 1809 oder seinen im Volksverstehen wurzelnden Gemälden, die Arbeit oder Gottesdienst der Bergmenschen darstellen; vielleicht seinen Werken, die das Walten der Bergnatur zum Inhalt haben oder vielleicht seinen meisterhaften Gleichnissen von Betern vom Berge, seinen Frauen des Krieges — das zu beurteilen, wäre heute wohl verfrüht. Aber eines wissen wir: seine Kunst war ein Spiegel der Hochalpennatur, so wie diese rein und licht, und die Schau in den Bereich seiner Kunst wie die von einem Berggipfel: weit und groß und schön.
Viele schrieben über Egger-Lienz und seine Kunst; sein erster Biograph, Dr. Weigelt, gab eine mit 1912 abgeschlossene Monographie heraus. Sie ist musterhaft und vorzüglich geschrieben und längst vergriffen. Erst in Josef Soyka erhielt Egger den ihm und seiner Kunst gemäßen Schilderer und Kritiker seiner Werke wie seines Menschentums; er war eigentlich derjenige, dem es gelang, die spröde, herbe Kunst Eggers weitesten Kreisen zu vermitteln, ja, sie erst volkstümlich zu machen. Meisterhaft verstand er es, das Schaffen des großen Malers aus den Wurzeln des tirolischen Heimatbodens zu erklären und die ungemein lebensvolle Art der Darstellung sichert diesem wertvollstem Kunstbuch *) der letzten Jahre, das noch zu Lebzeiten Eggers, 1925, entstand und auch des Meisters uneingeschränkte Anerkennung fand, einen dauernden Wert. Als zweites Werk widmete Josef Soyka anläßlich des Hinganges des Malers diesem ein bibliophil gehaltenes, besonders kostbares „Gedächtnisbuch" **) das unter anderem auch mehrere Briefe (faksimiliert) Eggers an Josef Soyka enthält und einen hochinteressanten Einblick in Eggersche Kunst und auch in sein Menschentum gewährt.
Während diese beiden Werke Soykas über Egger in Österreich entstanden, wollte nunmehr auch Deutschland nicht abseits stehen und ging vor kurzem daran, dem großen Maler ein würdiges, kunstliterarisches Denkmal zu errichten. Es geschah dies in Form eines prachtvollen Mappenwerkes,***) das in 10 Original-Handkupferdrucken die Hauptwerke des Künstlers an uns vorüberziehen läßt. Trotz kostbarer Ausstattung ist das Werk schlicht gehalten und paßt sich so den Werken und dem Wesen des Malers am besten an. Der stille, unaufdringliche und dabei doch warme Ton des Handkupferdruckes dürfte den Werken Eggers auch am besten entsprechen. Die Abfassung des eingehenden, auf großen Blättern gedruckten Textes wurde vom Verlag natürlich dem Biographen Eggers, Josef Soyka, anvertraut; dieser hat seine große, reife Kunst hier zu einer wunderbaren, dichterischen Klarheit gesteigert. Dieser mit dem schlichten Worte „Biographie" umschriebene Text ist ein einziger Sang, ein Hymnus von den Alpen- und ihrem großen Künstler, ein Epos, das spricht von dem Erleben des Künstlers und Menschen Egger-Lienz.
Es sind Stellen in dieser Darstellung von erschütternder Schönheit, und eine der schönsten sei am Schluß angeführt:
„In den Felswänden des Rosengartens glühte am 4. November 1926 der neue Tag; das Licht hatte die schwarze Eisnacht der Hochalpen wachgeküßt — Sieg — Sieg — Sieg kündete es jubelnd und rosenrot, das Leben lachte in trunkenem Sonnengold von den steinernen Mauern; doch unten am ,Grünwaldhof", da war es diesmal Nacht geblieben — ewige, finstere, schweigende Nacht... Der sich nie im Leben gebeugt, der immer gestanden wie der Fels seiner Heimat — der Allbesieger hatte nun auch ihn bezwungen — er brach in die Knie, demutsvoll, wie das Kind, das einst der Mutter aus der Bibel las. Das dämonische, traumschwere Auge gebrochen — die Hand, die ein Genius geführt, starr, tot. Tot, was an ihm sterblich war, doch ewig lebend, was von ihm unsterblich!"

*) „A. Egger-Lienz, Leben und Werke" von Josef Soyka. Verlag K. Konegcn, Wien. Mit 50 Bildtafeln und einem faksimilierten Brief des Künstler
**) „Albin Egger-Lienz zum Gedächtnis" von Josef Soyka. Krystallverlag, Wien. In Ganzleder geb., des D. u. Ö. A.-V. in München.
***) Verlag L. Möller, Lübeck.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1928, Seite 14-15

Geboren am:
23.01.1868
Gestorben am:
04.11.1925