Gnambs Wilhelm
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Biografie:
Dipl.-Ing. Wilhelm Gnambs
* 25. Juni 1904, (+) 16. Juli 1956
Lieber Willi!
Als wir uns vor vielen Jahren kennenlernten, damals, in der „goldenen Zeit" der ASW 1), habe ich bestimmt nicht geahnt, daß ich es sein werde, der unserem Freunde Noske und, nun auch Dir das Abschiedslied singen muß. — Ja, nun ist es aber doch so gekommen, daß auch Du hinübermußtest in die andere Welt, von der wir nichts wissen und auf die doch so viel gehofft und gebaut wird.
Merkwürdig, wie das Gedächtnis manche Zeiten und Ereignisse frisch und lebendig hält, daß es uns manchmal vorkommt, als dürften wir sie erst vor wenigen Tagen erlebt haben. Was waren doch das für übermütige Abende trotz dem Ernst und der Not der Zeit, die uns wöchentlich einmal beim Wiehart in der Kochgasse beisammensahen! Welch eigener Zauber umgab die Stunden in der alten Bude der Universität und welch tiefer, ja heiliger Glaube an hohe Ideale füllte den Raum unseres neuen Heimes in der Theresiengasse, das uns der getreue Eckehart der Sektion, Hinterberger, so wohnlich und heimelig eingerichtet hatte! Aber wo sind sie heute alle die Lieben von damals mit ihren leuchtenden Augen, dem ehrlichen Willen und dem treuen Herzen? Weißt Du noch? Die Brüder Sild, Loibl, die Brüder Schmidt, Schwarzgruber, Noske usf. War es nicht ein zwar kleiner, aber fester DAK-Kreis, den wir damals in der Sektion bildeten? Und warst Du da nicht einer der nettesten dieses Kreises, der die Fahne unseres Klubs immer hoch hielt? Und warst es nicht Du, der unserer ASW so viele Jahre als verläßlicher Seilerster vorangingst? Was warst Du doch allezeit für ein glänzender Gesellschafter und zugleich ernstbesorgter und zielsicherer Sektionsvorstand! Wie führtest Du mit gleicher Meisterschaft den Pickel, die Feder, den Pinsel! Wie liebtest Du Musik und Gesang und wie formtest Du die Sprache in der Lust der Kneipen und in ehrlicher und tiefer Trauer bei so manchem Trauerkommers, wenn wir einem, der von uns gehen mußte, den Trauersalamander rieben! Aber das war alles nicht Dein Größtes. Das aber war es, wie Du den Zusammenbruch einer Welt-und Lebensanschauung ertragen und überwunden hast und mit welcher Beharrlichkeit Du um eine neue Existenz für Deine Frau und Deine Kinder kämpftest und — dabei immer der bliebst, der Du immer warst, ein anständiger, geradliniger Mensch mit einem hellwachen Geist und einem guten Herzen. Vaterland, Heimat, Volk und Familie waren für Dich keine leeren Begriffe, Du lebtest sie vom Anfang bis zu Deinem Ende.
Und die Berge? Ja, da hatte ich oft das Gefühl, daß sie Deine heimliche Liebe waren, eine Liebe, die man nicht zur Schau trägt, die nicht die Stufen zur eigenen Erhöhung und Geltung sind. Nein, es war eine Liebe, die Du tief in Deinem Herzen trugst, fast ängstlich gehütet vor allem Profanen der Tage und der Zeit, eine Liebe, die Deines Lebens Kraftstrom war und blieb, wenn Du den Bergen auch oft und lange fernbleiben mußtest.
Deine Tage in den Bergen waren die Feiertage Deines Lebens. Ob Du im steilen Eis der Zentralalpen zur Höhe stiegst oder im Gesäuse die schwierigsten Kletterfahrten ausführtest oder im fernen Korsika neue Anstiege erschlossest, immer leuchtete dabei aus Deinen Augen die Lust am kühnen Wagen, und tief in Deinem Herzen wohnte die Freude an allem Schönen und Erhabenen, das Deine Augen allezeit zu finden wußten, in den Bergen wie im Leben.
Und genau so, wie Du deiner ASW verschworen warst, so warst Du auch allezeit unserem ÖAK in Freundschaft und Treue verbunden.
Schicksal! Gerade jetzt, wo Du zum zweitenmal einem Höhepunkt Deines Lebens zustrebtest, mußtest Du fallen; ein unseliger Autounfall, dem Du übermüdet zum Opfer fielst, machte Deinem Weg höhenwärts ein Ende. — So bist nun auch Du hinübergegangen in die andere Welt, von der wir nichts wisse n, aber von der wir doch glauben wollen, daß es keine schlechte ist und die uns, alle, was und wie wir auch immer gewesen sein mögen, in mütterlicher Liebe aufnimmt und dem ewigen Kreislauf aller Dinge zum ewigen Sein zurückgibt. Was uns aber, alle Deine Freunde, die wir noch das Glück haben, im holden Licht der Sonne auf die Berge steigen zu können, tröstet, das ist der Glaube, daß Gott dem am gnädigsten ist, der sich im. wechselvollen Laufe seines Erdenlebens in jeder Lage selbst treu geblieben ist; und da warst Du wohl einer der Getreuesten.
Leb wohl, lieber Gnambs! Alle, die Dich kannten und gerne hatten, grüßen Dich in weiter Ferne und grüßen zugleich alle Deine und ihre Freunde im Jenseits mit Berg-Heil und — auf Wiedersehen!
Walcher
1) Akademische Sektion Wien des Österreichischen Alpenvereins.
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1957, Folge 1293, Seite 120-121
Geboren am:
25.06.1904
Gestorben am:
16.07.1956