Innerebner Karl
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Biografie:
Dipl.-Ing. Karl Innerebner, Träger des Goldenen Edelweiß und mit 92 Jahren eines der ältesten Mitglieder des Österreichischen Alpenvereins, hielt anläßlich des von der Sektion Innsbruck des ÖAV veranstalteten Edelweißabends nachstehende Rede, deren Inhalt eine interessante Rückschau auf die Erschließung der Dolomiten und des Ortlergebietes durch den Bau von Straßen darstellt sowie einen Überblick über die Aufgaben und Leistungen des Alpenvereins gibt:
Geehrter Herr Sektionsobmann, meine Damen und Herren! Der Sektionsleitung Innsbruck sage ich für die Überreichung des „Goldenen AV-Abzeichens" anläßlich meiner 60jährigen ununterbrochenen Mitgliedschaft wärmsten Dank. Ich werde das Edelweiß mit Stolz bis zu meiner letzten Fahrt tragen.
Schon viele Jahre vor 1901 war mir der Alpenverein ein eindrucksvoller Begriff. In meiner Heimatstadt Bozen aufgewachsen und als junger Ingenieur vielerorts in Südtirol tätig, erlebte ich eine Glanzzeit der Touristik und der bergsteigerischen Erschließung der Bergwelt durch den Bau von Hütten, Steigen und anderem mehr.
Die berühmten Alpinisten: Joh. Bell, Paul Grohmann, Dr. Christomannas, Albert Wachtler, Johann Santner (Santnerspitze am Schlernmassiv) Delago u. a. In., Bergsteiger mehrerer europäischer Völker, waren bestaunte Vorbilder unserer Jugend, regten sie an, ihnen gleich auch in den Bergen zu wandern, sich an den Naturschönheiten zu erfreuen, aufzusteigen zu den einsamen Domänen der Sennen und Hirten, zu den lichten Höhen der Berge, auf denen man sich dem Himmel und dem Herrgott näher fühlt.
Die DuÖAV-Sektion Bozen, mit dem Vorstand Albert Wachtler, und die Sektion Meran unter Führung Dr. Theodor Christomannas entfalteten eine segensreiche Tätigkeit. Sie setzten sich mit Wort, Schrift und Tat ein für die Erschließung mit Straßen des zwischen den Flüssen Rienz, Eisack und Piave liegenden wegarmen alpinen Dolomitengebietes, mit seiner eigenartigen, landschaftlichen Schönheit, mit den fahlgrauen, hochragenden zerrissenen Felsbergen, in ihrer Mitte die majestätische Marmolata. Ein Dorado für Bergkletterer, das nach dem Mineralogen und Malteserritter Dr. Deodat Dolomieu seinen Namen erhielt.
1897 beschloß der Tiroler Landtag, dank der unermüdlichen Tätigkeit des Alpenvereins, das Dolomitenstraßennetz zu bauen. 1911 wurde es nach Überwindung großer Schwierigkeiten vollendet. Dr. Christomannos tat ein übriges und errichtete die von Alpenfahrern viel besuchten Alpenhotels „Karersee" und „Canazei".
Die Erschließung der Firn- und Gletscherwelt der Ortlergruppe führte Christomannos mit der Sektion Meran ebenfalls durch., baute eine von der Stilfser-Joch-Straße bei Gomagoi abzweigende Wegverbindung bis Sulden, errichtete die Alpenhotels „Sulden" und „Trafoi". Letzteres wurde im zweiten Weltkrieg durch Bomben vernichtet und nicht wieder aufgebaut.
Auf einem imposanten Felsblock am Karerseepaß steht ein 2,50 m hoher Adler in Bronze, der stolz in die Ferne blickt, geformt von der Hand der bedeutenden Bozner Künstlerin Maria Delago, als Denkmal für Christomannos.
Als der Bozner Dr.-Ing. h. c. Josef Riehl, der als erster einen Entwurf für die Straßenverbindung von Bozen über das Pordoijoch (Scheitelhöhe 2239 m) und den Falzaregopaß nach Cortina d'Ampezzo verfaßte, nach Innsbruck übersiedelte, wurde auch ich hier seßhaft und hatte reichlich Gelegenheit, mit Riehl an vielen großen alpinen Bauvorhaben mitzuwirken, wurde bald gewahr, daß der Alpenverein der verkehrsmäßigen Erschließung der Berge Grenzen setzt.
1952 jährt sich zum hundertsten Male der Gründungstag des Österreichischen Alpenvereins. Die Naturschönheiten zu hüten, zählt ganz besonders zu seinen Aufgaben, wobei er erfolgreich bestrebt ist, in der Bevölkerung das Verständnis für die Pracht der Berge und den Sinn für die Pflege der Naturschönheiten zu wecken, Eine Reihe von Berggebieten soll unberührt von Seilbahnen den Hochtouristen und Kletterern reserviert bleiben, eindrucksvolle Gebiete (Karwendel) gesetzlichen Naturschutz erhalten, Der Alpenverein erhebt stets Einspruch gegen Ausführung von Bauten, welche Naturschönheiten zerstören und erhält dabei die lebhafte Zustimmung weiter Kreise der Bevölkerung, die aber das Gute, die Erschließung schöner Landschaftsbilder, die mit alpinen Bauten auch verbunden ist, als Selbstverständlichkeit hinnehmen und nicht besonders werten. Hierzu einige Beispiele:
Seit dem Bau der Straße über das Stilfser Joch 1825 (Scheitelhöhe 2758 m) fand die Kunst des Straßenbaus in Tirol meistermäßige Anwendung und wurde zur Tradition.
Einstens schenkte man jedoch der Schönheit der Bergwelt geringe Beachtung, heute sind unsere Straßenbauer bestens bemüht, bei Legung der Trasse, die eindrucksvollen Landschaftsbilder zu erschließen.
In guter Weise ist dies mehrmals gelungen, so bei der Achenseestraße mit der Kanzelkehre, bei der Straße Ötz- Imst u. a. in. Die in Bau befindliche Autobahnstrecke Innsbruck-Europabrücke-Schönberg erschließt- den Ausblick auf die Bergwelt besser als die 100 m tiefer verlaufende alte Straße mit ihren 84 Windungen. Die neue Straße wird zu den schönsten Alpenstraßen zählen.
Beim Bau von Wasserkraftanlagen lassen sich. Verletzungen der Naturschönheiten leider nicht immer vermeiden, doch sind alle Beteiligten schon wegen der scharfen Kritik der Öffentlichkeit bestrebt, die Schädigungen auf ein erträgliches Maß herabzusetzen, was bei einer Reibe von Kraftanlagen in vorbildlicher Weise gelang, bei gleichzeitiger Pflege von Naturschönheiten. Nicht zuletzt ist dies ein Verdienst der erzieherischen Tätigkeit des Alpenvereins. Unserer AV-Sektion danken wir wärmstens für ihr ständiges erfolgreiches Bemühen, die Jugend für das Bergwandern zu begeistern. Nicht vergessen sei, daß an der Entwicklung des alpinen Skilaufes unsere einheimischen Alpinisten Hannes Schneider, St. Anton, und Oberst Bilgeri wesentlichen Anteil hatten.
Der furchtbare Weltkrieg mit seinen Folgen hat auch. den DuÖAV getroffen. Die Eigentumsverhältnisse der Sektionen des Deutschen Alpenvereins an den von ihnen erbauten Hütten wurde strittig. Hohen Dank und restlose Anerkennung zollen wir dem verblichenen 1. Vorstand des ÖAV, Hofrat Professor Martin Busch, seinem Stellvertreter Univ. Prof. Dr. Hans Kinzl und ihren Mitarbeitern für die Ermöglichung einer glücklichen Lösung der Angelegenheit, nach der die Hütten den deutschen Sektionen verblieben. Dies entspricht nicht nur voll und ganz unserem Rechtsempfinden, sondern auch unseren freundschaftlichen Beziehungen zu den Bergsteigern jenseits unserer Staatsgrenzen, insbesondere zu den Mitgliedern des DAV und des AV in Südtirol. Als uneigennütziger Bauberater der Sektionen des Österreichischen und des Deutschen Alpenvereins sowie als bewährter Helfer bei der Planung des AV-Hauses in Innsbruck hat sich Baudirektor Dipl.-Ing, Jakob Albert besonders verdient gemacht.
Der Gesamtheit des DAV unter Führung des nunmehrigen 1. Vorstandes, dem Kenner und wissenschaftlichen Erforscher der europäischen Alpen und der südamerikanischen Bergwelt, Universitätsprofessor Dr. Hans Kinzl, und der Sektion Innsbruck des ÖAV unter seinem zielstrebigen Vorstand Dr. Rudolf Pfeningberger wünsche ich auch weiterhin Gedeihen, Blühen und Erfolg.
Nochmals: Habet Dank!
Quelle: Der Bergsteiger 1960-61, Heft 11 August, Seite 671-672