Bratschko Hermann

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Biografie:
Mitglied des Österreichischen Alpenklubs Nr. 34 (Wiedereintritt 1976)
Mitglied der Akademischen Sektion Graz des ÖAV

Seit 1982 Leiter von Eis- und Kletterkursen im Kaunergrat (Ötztaler Alpen)
Quelle: Archiv Proksch (Österr. Alpenklub)

Der einsame Adler
Hermann Bratschko zu seinem 75. Geburtstag
„Es gibt immer mehr Touristen und immer weniger Bergsteiger." Ein Satz, der sitzt.
Eine Mischung von Ahnung und Resignation.
Hermann Bratschko sah den Gästen nach: beobachtend, aufmerksam. wohl auch kritisch, wie sie sich auf dem steinigen, groben Weg ihre Schritte von der Kaunergrathütte ins Tal suchten. Diesen Satz habe ich damals. im August 1979, von Hermann gehört, auch die darin mitschwingende Bitternis bemerkt und Hermanns Gedanken zu ergründen versucht.
Hier oben war Freiraum, Platz: zum Schauen, zum Nach-denken. Gleich einem Adler, der von seinem Horst aus ein weites Revier überblickt, gar beherrscht, erschien mir Hermann Bratschko,
Heuer, im Sommer 1987, im 60. Jahr der Bergsteiger-schule, war Hermann Bratschko zwar wieder auf die Kaunergrathütte gekommen, diesmal jedoch eher als Besuchender.
„Dem Hermann geht's gut", freute sich Gerda, seine Frau, und plauderte gerne ins Hütten-Funktelefon, wieviele Mitglieder und Funktionäre vom Königlich-Niederländischen Alpenverein sich als Gratulanten eingestellt hatten, um an jenem 22. Juli 1987 dem Hermann auf der Kaunergrathütte zu seinem Jubiläums-Geburtstag zu beglückwünschen.
Doch die Einsamkeit ist selbst an jenem Festtag Hermann widerfahren; kein Gruß aus jenen Kreisen des Vereins, für den sich Hermann Bratschko mindestens so eingesetzt hat, wie dies manche Funktionäre zumindest von sich behaupten.
Nach diesem Telefongespräch mit Gerda hole ich meine Aufzeichnungen hervor, Bleistiftnotizen von einem Gespräch am 1. März 1987, als sich Hermann Bratschko in der Grazer Jahngasse für eine neue Saison innerlich,
Wohl ernsthaft um seine Gesundheit besorgt, vorbereitet.
„Genau hier, in diesem Zimmer, in dieser Ecke, hatte es sich im Jahre 1946 ereignet, daß man meine Forderung nach einem Wiedererstehen des Alpenvereins niederschrie”, umreißt Hermann Bratschkos jene Sternstunde, die sich dennoch, dank seines Willens, zur Wiedergründung des Alpenvereins in der Steiermark wandelte:
„Ein Verdienst für die Akademische Sektion Graz", so Hermann Bratschko.
Unser Gespräch an jenem frühlingnahen 1. März-Sonntag war für mich eher ein Zuhören, Dabeisein, Mitgefangensein in jener Fülle von Erlebnissen, wie sie sich in Hermann Bratschkos Leben ereigneten.
Hermann weiß vor allem die historische Entwicklung des „Verbandes der Berufsskilehrer Steiermarks" (gegründet 1930/31) facettenreich darzustellen, Und es wäre nicht die Handschrift Hermann Bratschkos, wenn nicht er - gemeinsam mit Heinrich Maurer - zum Beispiel anno 1972 den Österreichischen Skilehrplan zerpflückt hätte. „Ein unbequemer Mensch", wird sich gar mancher über Hermann gedacht haben, nein, was sag ich, unbequem ist Hermann bis heute geblieben. Das ist sein Wesen, ja sogar sein wesentlichster Charakterzug.
Aber ist's nicht just dieser Wesenszug des Unbequemen, der Hermann mit der Jugend verbindet? Trotz - oder wegen? - seiner 75 Jahre versteht er die Anliegen der Junioren und Jungmannschaft besser als die Denkmuster altgedienter Funktionäre.
Hermann Bratschko sieht auch die Umwelt kritisch: In seinem Jagdhaus auf der Tauplitzalm erfahre ich, wie einfach es offenbar war, nahe Ödentörl und Großsee rund 1000 - in Worten eintausend! - Lärchenbäume zu fällen; eine achtköpfige Kommission hat's möglich gemacht. Die Lippen von Hermann sind schmal, hart aufeinander-liegend; das Leben hat ihm, dem Kritischen, dem Wachen, keine Prüfung erspart. Weder als Bergführer noch als Skischulleiter, weder als Hüttenwirt noch als Vater.
„Ich bin in Fiume geboren; meine Mutter stammte aus der Urheimat der Kroaten, aus der Lika, und mein Vater aus Pettau. Der Name Bratschko bedeutet im Slowenischen so viel wie Väterchen." Nomen est Omen.
Seine väterliche, innere Autorität hat sich Hermann Bratschko bewahrt; spät, aber doch haben viele seiner Widerstreiter Einsichten gewonnen und zitieren Hermann Brat¬schko als ihren Lehrmeister: Ihm, der sich so vehement für die alpine Ausbildung und für die alpine Sicherheit eingesetzt hat, ja freilich, noch immer einsetzt, ein herzliches „ad multos annos!“
Günter Auferbauer
Quelle: ÖAV Sektion Graz

Geboren am:
22.07.1913
Gestorben am:
25.07.1997