Reinhard Heinrich
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Biografie:
Heinrich Reinhard
* 11. August 1874, (+) 16. November 1961
Mit dem am 16. November 1961 im 88. Lebensjahr verstorbenen Direktionsrat i. R. Heinrich Reinhard ist ein begeisterter Freund der Berge, ein liebenswürdiger und grundgütiger Mensch dahingegangen. Sein Leben stand so ganz unter dem Motto: Arbeit und treueste Pflichterfüllung — Sorge um die Familie — Berge und Bergsteigen.
Seine bergsteigerische Tätigkeit geht bis in das Jahr 1890 zurück. Sein erster Berg war der winterliche Unterberg bei Gutenstein, seine letzten Bergwanderungen fallen in den Herbst 1960; er machte sie in der ihn immer wieder beglückenden Landschaft Südtirols. Dazwischen liegen volle sieben Jahrzehnte, randvoll ausgefüllt mit Bergfahrten in fast allen Teilen der Ostalpen und auch auf einige der gewaltigsten und schönsten Berge der Westalpen: Matterhorn, Monte Rosa, Bernina, Badile und andere. Seine ganze Liebe galt aber doch den Bergen der Heimat und zwar dort, wo sie am einsamsten und vielleicht am schönsten sind, in den Niederen und Hohen Tauern. Manchen der weltverlorenen Gipfel der Radstädter und Schladminger Tauern und der Schobergruppe hat er allein oder mit nur ganz wenigen Begleitern auf neuen Wegen erstiegen, hauptsächlich in der Frühzeit seines Bergsteigens, in den Jahren zwischen 1890 und 1900. Voller Lebensfreude und Begeisterung schildert er diese Fahrten in den Jahrgängen 1897 und 1898 der „österreichischen Alpenzeitung" . Als ich vor wenigen Jahren die auch heute noch selten besuchten Berge zwischen Murtörl und Arlscharte durchstreifte, war mir dabei sein bezüglicher Bericht ein wertvoller Behelf. Auf Schiern, die er sich um die Jahrhundertwende aus Norwegen kommen ließ, machte er seine ersten Versuche als Schiläufer, um auch im Winter hohe Berge besteigen zu können. Von den Bergen, die er damals unter Zuhilfenahme der Schier erstieg, seien der Zinödl und der Lugauer in den Ennstaler Alpen genannt.
Im Spätwinter 1932 lernte ich Freund Reinhard in den „Wienerwald-Kletterschulen“ kennen, und seitdem vergingen, bis auf die Jahre vor seinem Tode, nur wenige Sommer, ohne daß wir nicht irgend eine größere Tour gemacht hätten. Die Hafnergruppe, die Schobergruppe und die Schladminger Tauern, die westlichen und die mittleren Julier, die Ötztaler Gletscherberge waren da unsere Ziele; dazwischen liegen die vielen Wanderungen und Touren im Wienerwald und in der engeren niederösterreichischen und steirischen Heimat; fürwahr eine gewaltige Fülle von Erinnerungen! Und ein Vielfaches größer ist die Zahl der Berge, die Freund Reinhard allein bestieg oder in Begleitung anderer, zum Großteil schon längst dahingegangener Freunde, von welchen ich nur den erst im Jahre 1959 verstorbenen Josef Borde nennen will.
Am 8. Dezember 1960 wollte Freund Reinhard zur Feier seines 70jährigen Bergsteigerjubiläums mit mir noch einmal den Unterberg besteigen, von dem er einst zum ersten Male weit hinein in die Berge geschaut hatte. Dazu ist es jedoch nicht mehr gekommen. Ein Schlaganfall warf ihn knapp vorher auf das Krankenlager und nun ist er, nach einjährigem, geduldig ertragenem Leiden, dahingegangen. In diesem, seinem letzten Lebensjahre durfte er aber oftmals noch in Ruhe und tiefer Besinnlichkeit die einzelnen Abschnitte seines langen, reichen und glücklichen Lebens vorüberziehen lassen. In einem kurzen, wohl nur ganz persönlichen Aufsatz hat er hiebei auch seine bergsteigerische Tätigkeit umrissen. Kurze Zeit vor seinem Tode war es mir noch vergönnt, ihm gut gelungene Farbdias aus seinen geliebten Ennstaler Alpen und aus den Niederen Tauern zu zeigen und ihm damit eine besonders schöne Stunde der Erinnerung zu bieten. Tiefbeglückt dankte er mir hiefür.
An einem sonnigen Novembertag haben wir am Gersthofer Friedhof zu Wien der Erde übergeben, was an Heinrich Reinhard sterblich war.
Die Worte, die ich ihm ins Grab nachgerufen habe, seien an den Schluß dieser ganz bescheidenen Würdigung gestellt. Sie lauteten: Lieber toter Freund! Deine hochgemuten Berg- und Wanderfahrten sind nun zu Ende. Sie gehören auch unserer Vergangenheit an. Hoch über allen Bergen und Tälern bist Du nun schon, weit auf der Wanderung in ein fernes, vielleicht schöneres Land. Und so wollen wir nun von Dir Abschied nehmen, schlicht und einfach. Wir wünschen Dir, daß ein Abglanz des Glückes, das Du stets auf den lichten Höhen gefunden und heimgetragen hast, manchmal auch den Weg zu diesem einsamen Grabe finden möge, in dem Du nun, befreit von den Gebrechen, Sorgen und Kümmernissen Deiner letzten Lebensjahre, der Ewigkeit entgegenschlummerst! „ „
Josef Pirger
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1962, Seite 46
Geboren am:
11.08.1874
Gestorben am:
16.11.1961