Bogendörfer Ludwig
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Biografie:
Ludwig Bogendörfer
* 22. Jänner 1892 - (+) 15. Juni 1963
Seit einer ganzen Reihe von Jahren wußten wir voneinander, ohne uns aber persönlich zu kennen. Bogendörfer, ?Bogus" genannt, war AH eines Würzburger Corps und war in seinem Bund als ?der" Alpinist bekannt, und dasselbe war bei mir der Fall als "der" Bergsteiger meines Münchner Corps, dessen AH ich bin. Unsere Bünder standen im Kartellverhältnis und hatten infolge dessen besonders freundschaftliche Beziehungen. Wir lernten uns dann auf eine sehr eigenartige Weise kennen, als er mit zwei Kameraden am Aufstieg zur Cabane du Goüter war, und ich dabei zu ihm stieß.
In der damals schäbigen kleinen Hütte verstanden wir uns sofort auf Anhieb und bestiegen dann am nächsten Tag gemeinsam den Mont Blanc, allerdings bei einem fürchterlichen Sturm, so daß wir nach Betreten des Gipfels uns sofort wieder zum Abmarsch rüsteten. Eine Reihe von schlechten Tagen folgte, und als es aufklarte, stiegen wir zum Refuge Couvercle auf, um am nächsten Tag die Droites zu besteigen. Er war diesmal nur von einem Kameraden begleitet, der aber dieser Bergfahrt nicht gewachsen war, so daß wir, unter außerdem sehr schwierigen Verhältnissen, mit langer Hackarbeit und darauffolgender Schneewaterei spät auf den Gipfel kamen und dann beim Abstieg am unteren Gletscher ein übrigens sehr angenehmes Biwak bezogen. Einige Jahre darauf wußte er, daß ich im Vorfrühling in Gurgl weilte, um dort zu malen, und so stieß er zu mir, weil er keine Tourenbegleiter zur Verfügung hatte. Das Wetter war fast die ganze Zeit miserabel, und es gelang uns nur eine einzige Tour, der Hintere Seelenkogel, und dabei hatten wir unerhörtes Glück, weil unmittelbar, nur nach Sekunden, als wir einen kurzen Hang überschritten hatten, eine Pfundslawine niederging, so daß andere Schifahrer glaubten, es hätte uns erwischt. Zu weiteren Touren kam es mit ihm dann nicht mehr, aber ich weilte in seinem schönen Heim in Würzburg eine Woche lang, da ich dort eine große Ausstellung hatte. Bei unseren vielseitigen gleichartigen Neigungen hatten wir starken geistigen Kontakt, so daß ich ihn wirklich als Freund bezeichnen kann, ein Ausdruck, den ich sonst nicht oft verwende. Bogendörfer hatte eine aus gezeichnete Laufbahn schon in jugendlichen Jahren hinter sich, wurde bald Dozent und als ich mit ihm befreundet wurde, war er bereits außerordentlicher Professor als Internist in der Universitätsklinik in Würzburg. Wie es sehr oft bei Medizinern der Fall ist, hatte er auch künstlerische und geistige Neigungen, in seinem Fach hervor ragend und den Bergen verschworen. Er sagte mir selbst, es vergehe kein Tag, wenn er von seiner Wohnung zur Klinik ging, daß er nicht an die Berge denke. Besonders die Westalpen hatten es ihm gleich mir angetan, und er hatte gute Touren hinter sich, und trat auch mit einigen Aufsätzen im Schrifttum hervor. Im Zweiten Weltkrieg schickte er mir noch durch einen Linzer Bekannten Grüße. Er war inzwischen nach Paderborn als Chefarzt des dortigen großen Krankenhauses übersiedelt, wo er sich anscheinend sehr wohlfühlte. Nähere Einzelheiten über sein Leben, um die ich ersuchte, habe ich bis jetzt leider nicht erhalten. Es erscheint auch nicht so wichtig. Ich kann von ihm nur sagen, er war durchaus Mann, ein energischer offener Charakter, ein wirklicher Freund, der, wie so viele andere, von mir gegangen ist. Es sind nicht viele, die fern von Österreich unserem ÖAK angehören; von diesen war er einer der Besten. Nach unseren Gepflogenheiten rufe ich ihm als letzten Gruß verspätet ein "fiducit" nach.
Egon Hofmann
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1963, Folge 1332, Seite 185-186
Geboren am:
22.01.1892
Gestorben am:
15.06.1963