Ratzenberger Hans

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Biografie:
Hans Ratzenberger (+)
Der Lebensfaden meines treuen Berggefährten ist jäh gerissen; ganz unvermutet und vereinsamt ereilte ihn am 11. 10. 1947 der Tod, fern von seinen Lieben und Freunden, als er schon im Begriffe war, nach einem mehrtägigen Urlaub aus Wald und Flur wieder heim­ zukehren. Es ist unfaßbar, warum dies alles so plötzlich und unerwartet geschehen mußte! Nur das eherne Gesetz, daß wir alle dereinst den gleichen Weg gehen müssen, läßt uns dieses ver­hängnisvolle Geschick begreifen und es so nehmen wie es ist — als normalen Ablauf jedes irdischen Daseins.
Mit Ratzenberger ist ein begeisterter und leidenschaftlicher Bergsteiger der alten Schule dahingegangen. Nur um der Berge und der Naturschönheiten willen zog er hinaus; die sportliche Seite war ihm fremd, er lehnte sie grundsätzlich und entschieden ab. Offen und aufrichtig, von gediegenem Charakter und heiterem Gemüt, meisterte er mit zielbewußtem Willen nicht nur alle bergsteigerischen Probleme, die er sich stellte, sondern auch alle jene, deren Lösung das Leben von ihm forderte. Er war ein ausgesprochen begabter Felsgeher und Kletterer — dort lag auch sein Herz und sein Sinn —, bewährte sich aber ebenso in Firn und Eis, und manche schöne Bergfahrt verdankten wir seinem zähen Tatendrang. Der Winter sah ihn als unermüdlichen Schiläufer im Gebirge, seine Naturbegeisterung zog ihn auch in dieser Jahreszelt als Tourenläufer hinaus. Und dennoch galt ihm stets als höchste bergsteigerische Tugend, jede Bergfahrt vorher abzuwägen und abzuschätzen und, wenn die Verhältnisse dazu zwangen, bestehende Gefahren zu erkennen und darnach zu handeln.
Es gibt nur wenige Gruppen der Ost-Alpen, welchen Ratzenberger nicht jahraus, jahrein die schönsten Fährten abgerungen hätte. Von allen seinen Bergfahrten zu berichten, würde viel zu weit führen. Besonderheiten herauszugreifen würde aber das Gesamtbild seines Bergsteigertums empfindlich stören, denn wir erfreuten uns gleichermaßen Über jede gelungene Tour, ob sie sich in schwierigem oder leichtem Gelände vollzog. Darin eben lag der ganze Sinn seines Bergsteigerlebens und seiner Liebe zu allen Schönheiten der Natur. Es war mir vergönnt, alle diese Freuden mit ihm zu teilen.
Nun ist die Zeit vorüber, lieber Freund, da wir Sonntag für Sonntag, Urlaub für Urlaub, mit lachendem Herzen und inniger Befriedigung über jede gelungene Bergfahrt wieder heimwärts pilgerten, vorüber aber auch, lieber Kamerad, die Zeit, da ich — nun vereinsamt und auf verlorenem Posten stehend — mich auf fernere Taten freuen kann. Unser seinerzeitiges Kleeblatt ist durch Tod und sonstige mißliche Umstände jetzt endgültig zerpflückt und auf­gelöst. Einen ständigen Berggefährten, Dir gleich, werde ich nicht mehr finden. Die unaus­ löschliche Erinnerung an Dich und ein getreues Andenken seitens aller, die Dich kannten, ist Dir sicher. Dein bergsteigerisches Erbe bleibt als Vorbild in bester Hut. Ein letztes Berg-Heil begleite Dich in die Ewigkeit.
Josef Decker.
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1948, Folge 1241, Seite 156-157

Gestorben am:
11.10.1947