Bender Eugen

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Biografie:
Basel (Schweiz), + durch Blitzschlag auf dem Gipfel des zweiten Kreuzberges (Alpstein)

Eugen Bender war einer der aktivsten Basler Bergsteiger der 1950er- und 1960er-Jahre.
Der "Benderpfeiler" im Basler Jura wurde nach ihm benannt.
1957 1.Winterbeg.Ruchenfensterturm-Südwand,VII-,170 HM,2918m, (Wingällengruppe,Schweiz)
1969 1.Beg.Bietschhorn-Südwestpfeiler,1000 HM,3934m, (Walliser Alpen)
Gerd Schauer, Isny im Allgäu

Eugen Bender
1936-1975
gestorben am 8. Mai 1975 durch Blitzschlag auf dem Gipfel des zweiten Kreuzberges.
Ansprache an der Trauerfeier
Eugen Bender ist in die lange Reihe unserer Kameraden eingetreten, die in die Berge gingen und nicht mehr zu uns zurückgekehrt sind. Für seine Kameraden in der Sektion Basel und im Kletterclub Alpstein darf ich hier einige Worte an Sie richten.
Wir wissen es alle: Er gehörte zu den Besten unter den Bergsteigern unseres Landes. Die Liste der schwierigen Touren, die er zwischen Mort Blanc und Dolomiten mit sicherer Überlegenheit ausgeführt hat, enthält alle die grossen, den erfahrenen Meister auszeichnenden Routen. Könnte Eugen jetzt zu mir sprechen, so würde er mich schweigen heissen; denn er war ein wirklich und wahrhaftig bescheidener Mensch. Nie sprach er von seinen Leistungen; man musste ihn schon fragen, wollte man darüber etwas erfahren, und wenn er dann erzählte, dann war es ohne Heldenpose, in schlichter Sachlichkeit und mit lächelndem Humor. Er glaubte nicht, deshalb ein besonderer Mensch zu sein, weil er ein ausgezeichneter Bergsteiger war. Jede Überheblichkeit war ihm fremd; er fühlte sich als einer in der grossen Bergsteigergemeinschaft, in welcher jeder, der die Berge liebt, seinen Platz findet. Er wusste, dass die Liebe zur Familie, die Zuneigung zu allen, die ihm nahestanden, und die Verpflichtung zum Beruf ebenso hoch im Wert stehen und ebenso ernst zu nehmen waren. Dieser Verbundenheit mit der Gemeinschaft entsprach auch seine Tätigkeit in der Sektion Basel. Spitzenbergsteiger sind oft Einzelgänger, die sich schwer einordnen. Nicht so Eugen Bender. Seit 1963 diente er der Sektion Basel zunächst als Tourenleiter und dann als Tourenchef. Im Kletterclub Alpstein betreute er das unspektakuläre Amt des Kassiers mit Sorgfalt und stellte sich immer wieder als Leiter unserer Rettungskurse zur Verfügung.
Tourenleiter, Rettungschef, stets bereiter Ratgeber von Kameraden: In all diesen Funktionen wollte er seine Erfahrungen weitergeben, seine Erfahrungen im Bestehen der Gefahren in den Bergen, jener Gefahren, denen er nun erlegen ist.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein Wort über diese Gefahr sagen :
Extremes Bergsteigen ist gefährlich; wir alle wissen es, und Eugen Bender hat um diese Gefahr gewusst, er hat sie angenommen, ja - er hat sie auch gesucht. Er hat sie nicht leichtsinnig gesucht; sein Leben war ihm lieb, und er hat sich auf das Bestehen der Gefahr mit Sorgfalt vorbereitet.
Bergsteigen kann aufgefasst werden als ein Weg zum eigenen Selbst. Es gibt viele Wege zu diesem Selbst - Wege, die zu gehen unsere Lebensaufgabe ist. Es gibt den Weg der Besinnung und Besinnlichkeit in der Ruhe, in der Zurückgezogenheit von der Welt ; es gibt auch den Weg des Tuns und Handelns im Leben, den Weg der Begegnung mit den Schwierigkeiten und der Schönheit der Welt, dieser Begegnung, die uns auch das Wesen unserer eigenen Persönlichkeit aufschliesst. Es gibt keine reinere Form die¬ses Tuns und Handelns in den Schwierigkeiten und Schönheiten der Welt als das Bergsteigen, als das Bergsteigen mit seinen Gefahren. Nirgends wie in der Gefahr erschliesst sich uns der Kamerad, nirgends sind wir enger mit ihm verbunden, nirgends lernen wir seine Hilfe, seine Stärke, aber auch seine Schwäche besser kennen und schätzen.
Nirgends sonst als in der Gefahr öffnen sich unsere Sinne weiter, erleben wir tiefer, nehmen alles auf, was um uns ist und was in uns vorgeht. Nirgends sonst als in der Gefahr erkennen wir, was innere Freiheit ist ; die kleinen Sorgen des Alltags, die oft so wichtig scheinen, die Sorge um die nächste Mahlzeit, die Sorge um die eigene Gesundheit, die Sorge um die Kleinlichkeiten der Existenz sinken zurück ; die Dinge rücken ihrem wahren Wert gemäss an ihren Ort, und wir fühlen uns frei von der kleinlichen Sorge um unser Wohlergehen. Nirgends sonst als in der Gefahr erkennen wir uns selbst, unsere Ängste, unsere Stärken, unsere Liebe und unsere Schwächen ; in der Gefahr erkennen wir manche Wahrheiten, die uns sonst verschlossen blieben.
Dieses Bergsteigen hat Eugen Benders Wesen geprägt. Heute könnten wir versucht sein zu bedauern, dass er ein Bergsteiger war; wir könnten denken, er wäre noch unter uns, wäre er nicht in die Berge gegangen — ich glaube, dass dieser Gedanke falsch ist. Wäre Eugen Bender nicht Bergsteiger gewesen, er wäre nicht Eugen Bender gewesen. Das Bergsteigen entsprach seinem innersten Selbst. Wenn wir es bejahen heute und immer, da wir ihn kennen durften, müssen wir und dürfen wir Ja zu ihm sagen als Bergsteiger. Als Bergsteiger haben wir Eugen Bender gekannt und geliebt, und so, wie er war, wollen wir ihn in der Erinnerung und im Herzen tragen.
Ruedi Schatz
Quelle: SAC Die Alpen Jahrgang 52, 1976, Seite 48

Geboren am:
1936
Gestorben am:
08.05.1975