Wirth Max M.

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Biografie:
gestorben in Frankfurt/Main (Deutschland)

Max M. Wirth Ehrenvorsitzender der S. Frankfurt.
Patentanwalt Max M. Wirth, Mitglied des Hauptausschusses des DAV, konnte am 3 .März das goldene Edelweiß für 50jährige Mitgliedschaft verliehen werden. Er war seit Jahrzehnten wiederholt Vorsitzender der Sektion, hat sich besonders um die Erschließung des Kauner- und Pitztals und um die dortigen Hütten der Frankfurter verdient gemacht und opferte seit Kriegsende sehr viel Zeit und Kraft dem Wiederaufbau des Lebens in den verschiedenen Gruppen des Vereins. Schon 1928 wurde Herr Wirth in den Hauptausschuß des D. u. OAV. gewählt und gehört seit 1946 zu den Persönlichkeiten, die sich um die Wiedererrichtung des DAV in zahllosen Verhandlungen erfolgreich bemühten. Ihn verbinden viele Beziehungen mit der Reihe der letzten Erschließer der Ostalpen, den Pionieren des alpinen Skilaufs, zu denen er seit 1903 in Zürs gehört. Er ist Ehrenmitglied des Deutschen Skiverbandes und durchstreift trotz seiner 72 Jahre noch alljährlich die höchsten inneren Ötztaler Berge im Kreise seiner Bergkameraden. Die Sektion Frankfurt dankte ihm für seine immer unermüdliche, dabei schlichte bergsteigerische Art der Führung in schwersten Jahren durch Ernennung zum Ehrenvorsitzenden.
Dr. Bl.
Quelle: DAV Mitteilungen 1953, Heft 4, Seite 60

Max M. Wirth (+)
Am 29. März starb in Frankfurt am Main Patentanwalt Max M. Wirth im Alter von 76 Jahren. Seine Verdienste um den alpinen Skilauf, den Deutschen Alpenverein und die Sektion Frankfurt werden wir noch eingehend würdigen.
Der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses, Dr. Heizer, schrieb u. a. an Frau Marie Wirth:
?Der Verstorbene ist durch eine lange Reihe von Jahren eine der markantesten Gestalten des Alpenvereins gewesen. Er ist nicht nur in seiner Sektion, sondern auch im Gesamtverein, namentlich in dessen Hauptausschuß, immer wieder durch seine Mitarbeit und seinen Rat hervorgetreten. So lernten die Älteren unter uns den Verstorbenen schätzen schon in den Jahren zwischen den beiden Kriegen, während wir Jüngeren mit Ihrem Gatten zusammenarbeiten durften in den letzten zehn Jahren, als er bei der Wiederaufrichtung des Alpenvereins mit in vorderster Linie stand.
Wir dürfen Sie daher unseres bleibenden Gedenkens an diesen Bergsteiger, der zugleich auch ein Pionier des alpinen Skilaufes gewesen ist, versichern."
Quelle: DAV Mitteilungen 1957, Heft 4, Seite 73

Max M. Wirth zum Gedenken.
Wie im letzten Heft der ?Mitteilungen des DAV" angekündigt, bringen wir nachfolgend Gedenkworte von Dr. Kurt Blaum, veröffentlicht im ?Nachrichtenblatt der Sektion Frankfurt".
Vom Großvater und Vater her war Max Moritz Wirth an die Alpengebirge Europas gewöhnt, als er Student in Zürich war an der Technischen Hochschule und die kaum aus den skandinavischen Hochebenen nach Mitteleuropa gekommenen Skier erprobte. 1900 sah man ihn am St. Gotthardpaß, als die Straßburger Mönnichs und Ehlert das erstemal das Berner Oberland durchquerten und wir als Primaner staunend in der Sektion Straßburg ihre Schilderung und die (schwachen) Photos sahen. Aber schon 1902 bestieg er den Titlis, 1903 die Weißseespitze, unseren Hüttenberg, der das Kaunertal krönt, von der Faggenschleife nördlich Feichten ab, als das Gepatschhaus noch ?das alte Haus" war. Im gleichen Jahre
stöberte er gemeinsam mit Kurt Sohm den Wirt des Zürser Gasthofes auf dem Flexenpaß nächtlicherweile auf, weil der Karlsruher Student dort das Silvester im winterlichen Skilauf
feiern wollte. Er tat's dann in den nächsten Jahren noch oft
als einer der ?Skipetaren", der Begründer des Hochschulgebirgslaufs in den Ostalpen. Wie oft hat er uns das alles launig und in heiterer Ausschmückung am ?Sektionstisch" im Gepatsch erzählt! Immer lauschten alt und jung und bewunderten die Frische des alten Herrn und sahen in die aus der Erinnerung leuchtenden blauen Augen ihres Führers in der Frankfurter Bergheimat.
Ja, das war er nämlich! Im besten Sinne des Wortes, als Bergkamerad, als eifrigster Mitarbeiter im Vorstand der Sektion, als Berater für Hunderte von Hochtouristen über ein halbes Jahrhundert hin. Wohl war er ein Schüler unseres Gründungsvorsitzenden Professor Dr. Petersen, der schon 1913 seine Berufung in den Vorstand durchsetzte, 1919 die Wahl zum I. Vorsitzenden. Aber, da die Zeit der Erforschung und Erschließung der Ostalpen damals schon auslief, galt es nun der Breitenarbeit des Alpinismus die Wege zu ebnen. Und das hat er, wie keiner seitdem, getan!
Er hat bis 1953, 'also volle 34 Jahre lang, abwechselnd den ersten oder den zweiten Vorsitz geführt, besonders stark wirkend in den vereinsorganisatorischen Fragen nach 1933 und bei der Wiedergründung der Sektion 1946. 1939 zum Ehrenmitglied, 1953 zum Ehrenvorsitzenden jeweils einstimmig gewählt, erhielt er die höchsten Auszeichnungen, die wir vergeben konnten.
Aber, wie hat er die Sektion geführt! Alle Untergliederungen spürten seine Fürsorge, seinen Rat und die Hilfe in schwierigen Fragen, waren sie personeller oder fachlicher Art. Überall war er in den Aufgaben der Sektion mit ihrem großen Hüttenbesitz zu Hause und wußte oft Dinge, die wichtig waren für die Betreuung gerade unseres Besitzes im Kauner- und Pitztal im Verhältnis zu den österreichischen Behörden und amtlichen Stellen im Tal und in Landeck und Imst. Da war ihm kein Weg zu mühsam, kein Besuch zu 'schwierig, wenn es galt, die deutschen Auffassungen mit den österreichischen zu vereinen. Da wußte er die Beziehungen zwischen den Bauern und Werkern der beiden Täler menschlich richtig einzuschätzen und für den weiteren Aufgabenkreis der Frankfurter Sektion dienstbar zu machen. Da gab er in den Familien der Führer manch guten Rat für ihre wirtschaftlichen Sorgen und die Kinderausbildung. Man hörte auf ihn beim Bürgermeister wie beim Schullehrer, ja (darf ich's sagen?), manch' Mädelherz dort fragte ?Papa Wirth" um Rat vor der Wahl des Lebensgefährten, Ähnlich war nur Ministerialdirigent Leupold, unser verstorbener Kaunertaler Freund, mit Feichten verwachsen.
So war es nicht erstaunlich, daß solcher Bergsteiger sehr früh auch in den Dienst des großen Deutschen und Österreichischen Alpenvereins eingespannt wurde. 1921 bis 1924 und wieder 1929 bis 1933 wurde er von der Hauptversammlung in den Hauptausschuß gewählt und hat dort vor allem auf den Gebieten der Wintertouristik und des Skilaufs im Hochgebirge als Referent starken Einfluß ausgeübt und reichen Nutzen gerade für die bergsteigerische Jugend geschaffen. Die Winterräume 'in den inneren Skigebieten, die Ausbildung der Bergführer im Skilauf, die Förderung des Jugendwanderns waren seine besonderen Arbeitsgebiete, auf denen er mit großem Erfolg tätig war.
Ganz besonders aber trat M. M. Wirth hervor, als es nach dem Zusammenbruch galt, den alpinen Gedanken und die Gemeinschaft seiner Träger in Deutschland nicht untergehen zu lassen. In unseren ersten Besprechungen 1945/46 schwebte uns unverrückbar als Ziel vor Augen, die Sektionen in Deutschland nicht nur zu erhalten, sondern sie baldigst wieder zu vereinen und die enge Bindung mit den Sektionen in Osterreich und den dort im gleichen Geiste führenden Alpinisten auch für die Zukunft zu pflegen. Er war einer der Gründer der ersten Zusammenschlüsse der außeralpinen Sektionen, der als ?Beratungsstelle" getarnten Gemeinschaft in Stuttgart, und bei all ihren Bemühungen und Kämpfen stand er an vorderster Stelle im Bestreben zur Erreichung jenes Zieles. So war es natürlich, daß dieser bewährte Kämpfer nach der Neugründung des Deutschen Alpenvereins 1950 in den ersten Hauptausschuß von 1951 bis 1955 gewählt wurde.
M. M. Wirth war in seinen Ämtern in der Sektion wie im großen Gesamtverein nicht ein häufiger und besonders mitreißender Redner: Seine Stärke und seine Wirkung lag im Einzelgespräch von Mensch zu Mensch. Dort, meist neben oder nach den Sitzungen und Beratungen, heim Wein oder auf der Bank vor der Hütte, da gelang es ihm, so manche Schwierigkeit auszuräumen, so manchen personellen Streit beizulegen ? manches Mal mit ernstem Wort, zumeist aber mit dem gütigen Zureden und dem Anruf an den Idealismus des Bergsteigers. Es war bewundernswert, wie gut er es verstand, auszugleichen und zu vereinen, und wie er dabei immer die Achtung vor der überzeugten Meinung des anderen nie¬mals vermissen ließ. Hier entwickelte M. M. Wirth besonders Jüngeren oder Neulingen gegenüber eine stets beachtete pädagogische Fähigkeit, um die ihn viele beneiden konnten. Er war im besten Sinne ein ?Mentor" in unserem Kreise.
Aber das alles gibt es und gab es in anderen Verbänden und Vereinen öfter ? das, was unseren M. M. auszeichnete, war der Idealismus des alten Bergsteigers, der von Jugend an in ihm glühte und wachte! Wer mit ihm auf die Berge stieg, wie es dem Schreiber dieses Nachrufs in den letzten zwanzig Jahren oft geschenkt ward, der ging zur Seite eines Kameraden, der das große Erleben des Hochgebirges in gleicher Melodik in stillem Schweigen und in Ehrfurcht vor der Allmacht des Schöpfers dieser Erde durch seine Seele strömen ließ. Da war des Staunens und Wunderns soviel, vor dem kleinsten Moos, das Obdach suchte am Felsenschoß, wie vor dem weitesten Fernblick, den eine Gipfelstunde schenkte. Und wer mit ihm im fremden Felshang den Durchstieg suchte oder in dunkler Nacht in Gewitter und Sturm den Abstieg zur Hütte ertastete, der fühlte warm die Bergkameradschaft, die Treue, die wortlos von einem zum andern schwangen.
?Alpinismus ist Sache der Gesinnung und Haltung!" Das Wort hat unser M. M. Wirth gehalten!
Quelle: DAV Mitteilungen 1957, Heft 5, Seite 92-93



Gestorben am:
29.03.1957