Fischer Walter

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Biografie:
geboren in Dresden (Deutschland)
gestorben in Dresden (Deutschland)

Dr. Walter Fischer
Kurz vor seinem 80. Geburtstag ist am 23. Mai 1960 Rechtsanwalt und Notar Dr. Walter Fischer in Dresden aus Reihen der Lebenden geschieden. Für alle deutschen Bergfreunde, im besonderen aber die sächsische Bergsteigerschaf: und München, ist sein Name zu einem Begriff geworden, der untrennbar mit dem Werden des Bergsteigertums verbunden ist.
Walter Fischer wurde am 5. Juli 1880 in Dresden als eines hochangesehenen Kaufmanns geboren. Nach Absolvierung des Gymnasiums und einjähriger Militärdienstzeit widmete er sich, seiner inneren Neigung folgend. dem Studium der Rechte. Ab 1901 an den Universitäten Freiburg im Breisgau, Leipzig und München. 1905 wieder in Leipzig
stand er die Staatsprüfung. Als Referendar war er in Schandau a. d. Elbe und dann als Rechtsanwalt und Notar, Hills-richtet in Dresden tätig.
Der Beginn seiner Bergsteigerlaufbahn (1902) fällt noch in jene glückliche Zeit, in der in den Alpen noch Neuland war und neue Anstiege ausgeführt wurden. Während seines Sommersemesters 1903 in München wurde er Mitglied des AK Berggeist und fand dort als erfahrener sächsischer Bergsteiger getreu seiner Grundsätze eine auserlesene Gemeinschaft ideal denkender Bergfreunde mit glühender Begeisterung für die majestätische Pracht der Hochgebirgswelt. Er wußte, dort war für ihn das Ziel, die Pflege wahrer Freundschaft am Berg und im Tal des Alltags, männliches Ringen mit der rauhen Gebirgsnatur um ihre Schönheit sowie Ergänzung alpiner Erfahrungen durch gegenseitigen kameradschaftlichen Gedankenaustausch.
Schon in seiner Jugend wanderte er allein oder mit Freunden und kletterte im „Sächsischen Felsgebirge", in dem sein späterer Seilgefährte Dr. Schuster zu Beginn der neunziger Jahre dann die klettersportliche Erschließung einleitete. Während seiner Münchner Studentenzeit begann seine eigentliche alpine Tätigkeit. So war er mit seinen „Berggeist"-Freunden 1902 im Kaiser, Wetterstein, im Sommer mit Gebhardt und Ittlinger in den Dolomiten. 1904 erstiegen Fischer und Volkmar u. a. Grand Combin, Combin de Valsorey, Aiguille du Croissant, Aiguille de la Tour. Ittlinger und Fischer erkletterten dann die Aiguille de Grépon und Aiguille du Dru und standen zum Abschluß auf dem Mont Blanc. 1905 war Fischer allein auf Portjengrat, Weißmies, Monte Leone und auf Bergen im Oberalpstock.
Im Jahre 1906 wurde er durch seine Versetzung als Referendar nach. Schandau a. d. Elbe festgehalten und fertigte dort als Assessor seine Dissertation, nutzte aber doch jeden freien Tag aus und kletterte im Elbsandsteingebirge, um im Training zu bleiben. Für ihn gab es keine Sächsische Schweiz, da diese Bezeichnung nicht den wahren Charakter des Gebirges trägt, und so folgte er im „Sächsischen Felsengebirge" den Spuren der Erstersteiger Fehrmann, Klimmer, Kunze, Pusch, Sattler, Schuster u. a. 1907 war er Begleiter Ittlingers und führte die erste führerlose Begehung über den Nordgrat des Weißhorns durch. Auf teilweise neuem Weg stiegen sie über den Zmuttgrat auf das Matterhorn. Zum Abschluß bestiegen sie noch Dent Blanche und Monte Rosa.
1908 war er in den Grajischen Alpen mit Dr. Anton Schmid, dort gelangen ihnen: Grivola (II. führerlose Ersteigung über den Nordgrat), Gran Paradiso (Aufstieg Nordgrat), Monte Levanna, und im Dauphié: Barre des Ecrins und Meije-Überschreitung. 1909 führte er mit Ittlinger eine Reihe schöner Bergfahrten durch: Jungfrau aus dem Rottal, Finsteraarhorn (Abstieg Agassizcouloir), Großes Schreckhorn, Combin de Valsorey (Westgrat), Grand-Combin-Überschreitung. Die durchgeführten Westalpenfahrten sind in dem Erlebnisbuch von Ittlinger: „Ewige Berge", erschienen 1924, das nach der Fachpresse an glühender Bergbegeisterung, an dichterischer Gestaltungskraft das erste Buch: „Von Bergen, Menschen und anderen Dingen", erschienen 1922, noch über¬trifft, geschildert.
Den Glanzpunkt Fischers hochalpiner Unternehmungen bilden die vier Kaukasusfahrten: 1910 erreichte er gemeinsam mit Dr. Kufahl, Dr. Oskar Schuster und V. v. Friedrichs folgende Gipfel: Churschaten-Choch (I. Ersteigung), Ziti-Choch (I. Ersteigung), Resi-Choch (I. Ersteigung), Suatisi-Chods (I. Ersteigung), Zariut-Choch (I. Ersteigung), Zachziri-Choch, Sadonwzck-Tau, Kaltber (I. Ersteigung). 1911 zieht es Dr. Fischer von neuem nach den Eisriesen des Kaukasus. Mit Ernst Platz und Dr. 0. Schuster bestieg er folgende Gipfel: Felsgipfel etwa 3850 m zwischen Sirchu barson und Zariut-Choch (Ostgipfel), Wainkpars-Tau (I. Ersteigung und I. Überschreitung), Silga-Choch, Ostgipfel (I. Ersteigung). Schau-Choch (I. Ersteigung), Resi-Choch, Mittelgipfel (I. Ersteigung und I. Überschreitung), Nordgipfel (I. Ersteigung und I. Überschreitung), Zmia-Choch (I. Ersteigung). — 1912 hat Fischer gemeinsam mit Dr. Renner seine dritte Expedition in den Kaukasus unternommen, wo folgende Neuersteigungen gelangen: Lagau-Choch (I. Ersteigung), Sikara¬Tau (I. Ersteigung), Kaltber-Paß (I. Überschreitung), Kalper (I. Ersteigung), P. 3777 westl. des Tepli-Tau (I.Ersteigung). Man sieht, mit welcher Gewalt Fischer die Größe und Unberührtheit dieser Gegenden immer wieder in ihren Bann ziehen. 1914 eilt Dr. Walter Fischer mit Dr. Oskar Schuster zum viertenmal in den Kaukasus. Nach heißem Kampf auf Fels und Eis gelingt es ihnen, vom Hochlager aus in zwölf Stunden den bis dahin vergebens bestürmten Gipfel des Westkaukasus, den 4050 in hohen Dombaiulgen, zu besteigen. Dr. Walter Fischer wurde auf seiner Kaukasusfahrt vom Kriege überrascht und geriet mit seinem Begleiter Dr. 0. Schuster in Gefangenschaft, in der Baschkirensteppe mußten sie viel Schweres erdulden. Fischer wurde aus der Gefangenschaft erst nach vier Jahren erlöst. Hier wollen wir Fischer selbst das Wort überlassen. In seiner „Oskar-Schuster-Gedächtnisrede", die er bei der Einweihung der „Oskar-Schuster-Plakette" am Falkenstein in der Sächsischen Schweiz am 17. Oktober 1919 gehalten hatte, führte er aus: „Unsere Expedition neigte sich ihrem Ende zu, aber schon schmiedeten wir neue Pläne, noch hofften wir zuversichtlich auf manche gemeinschaftliche Bergfahrt in den nächsten Jahren, schon schwärmten wir von einer Krönung unserer bergsteigerischen Tätigkeit in den Eisgefilden des Himalaya. Das Schicksal hatte es anders beschlossen: Bereits wenige Tage darauf irrten wir als Flüchtlinge durch das Gebirge, um so schnell als möglich das rettende neutrale Ausland zu erreichen ... irrten wir unstet und flüchtig in Feindesland umher. Unser Versuch mißlang. Die Hoffnung, unser Heimatland bald wiederzusehen, schlug fehl. Es kam die schwere Zeit der Gefangenschaft, folgten harte Entbehrungen und nagende Sorgen, folgten Krankheit und Tod ...
Oskar Schuster war schon ein kranker Mann, als er in Taschla etwas aufatmen konnte; den Anstrengungen und Entbehrungen seiner weiteren Verschickung nach Astrachan. die im Winter 1916 in brutaler Weise erfolgte, war sein geschwächter Körper nicht mehr gewachsen; am 2. Juni 1917 machte ein schneller Tod seinen Leiden ein Ende. Ein selten reiches Leben hatte damit seinen Abschluß gefunden. Wir alle, die wir ihn gekannt haben, wissen, was mit ihm dahingegangen ist: ein Bergsteiger von hervorragenden Fähigkeiten, ein Mensch von lauterstem Charakter, ein Freund von unerschütterlicher Treue. Oskar Schuster war der geborene Bergsteiger, in ihm wohnte wie bei wenigen der Drang nach der Höhe, jenes unbezwingliche „Exzelsior!“ Selten hat wohl ein Mensch die Goethesche Forderung der umfassenden, harmonischen Ausbildung der Persönlichkeit so restlos erfüllt wie Oskar Schuster."
Sein Gefährte auf schweren Eistouren, Dr. Anton Schmid, schreibt im Jubiläumsbericht des zwanzigjährigen „Berggeist": „Einer von vielen, der den Willen aufgebracht hat, Ungewöhnliches zu leisten, und der einen eigenen Typ innerhalb der Bergsteiger darstellt, ist Dr. Walter Fischer. Erst unternahm er mit Ittlinger eine Reihe schwerer Eistouren, dann widmete er seine Tätigkeit der Erforschung des Kaukasus. In seinem großen Reiche hat er eine Reihe von Gipfeln zum erstenmal bestiegen. Dr. Fischer verlangt für seine Tätigkeit nach großen Maßstäben. Vier Kaukasusfahrten hat er unternommen, er muß also nicht nur als ein Bergsteiger, sondern als ein Forscher im wahren Sinne angesprochen werden."
Es ist ein schwerer Verlust für seine Lieben, für die sächsische Bergsteigerschaft und für unsere AV-Sektion „Berggeist" des DAV, der er fünf Jahrzehnte als Ehrenmitglied angehörte. So denke ich zurück an die Jugendzeit, wie alle Bergfreunde, die mit ihm in Berührung kamen, alle werden dafür Sorge tragen, daß sein Andenken unvergessen bleibt.
Paul Hübel
Quelle: Der Bergsteiger 1960-61, Heft 1 Oktober, Seite 51-54

DR. Walther Fischer
The death took place at Dresden in May, 1960, of Dr. Walther Fischer at the age of seventy-nine. His early mountaineering was done in the Eastern Alps ; he had also climbed in many of the Western ranges and in 1907 led the first guideless ascent of the North ridge of the Weisshorn.
It is, however, for his Caucasian journeys that Fischer will be chiefly remembered. Between 1910 and 1914 he paid four visits to the Caucasus accompanied always by Dr. Oscar Schuster, and by other companions. In the course of these expeditions he made sixteen first ascents. In 1914 he and Schuster climbed Dombai Ulgen (13,255 ft.).*) They were still in the Caucasus at the outbreak of war and were unable to get out of the country, being captured and interned. Fischer was released after four years but Schuster died in captivity at·Astrakhan in 1917.
*) This peak is the highest Caucasian summit west of Elbruz. It was unsuccessfully attempted in 1904 and again in 1912, when a Swiss rope was very unlucky not to have made the first ascent; one of the party being injured within a few hundred feet of the summit the attempt had to be abandoned.
Quelle: Alpine Journal Volume 66, 1961, Seite 162



Geboren am:
05.07.1880
Gestorben am:
28.05.1960