Wehrl Alfred

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Biografie:
Univ.-Prof. Dr. Alfred Wehrl
* 3. April 1941 ? (+) 16. Jänner 1994
Unerwartet und viel zu früh verstarb an einem Jännerwochenende dieses Jahres unser Freund und Klubkamerad Alfred Wehrl. Als mich die telefonische Nachricht von seinem Ableben erreichte, reagierte ich mit tiefer Betroffenheit. Wir kannten einander seit dem Beginn der Mittelschulzeit, hatten bald enge Freundschaft geschlossen und verloren uns bis zuletzt nie aus den Augen. Alfred führte seine Tourenbücher mit großer Sorgfalt, Unsere erste Tour, eine Weitwanderung durch den Wienerwald im Jahre 1955, fand ich gewissenhaft dokumentiert, ebenso unsere letzte, die 1984 auf den Schneeberg führte. Dazwischen lagen Bergerlebnisse, oft im Kreise vieler anderer Freunde, an die ich mich stets gerne erinnere. Es gab eine lange Reihe von gemeinsamen Zielen, zu denen das Seil uns verband. Alfred Wehrl wuchs im 16. Wiener Bezirk in einfachen Verhältnissen auf. Nach dem frühen Tod des Vaters war es seine Mutter, die ihm durch aufopfernde Arbeit Schulbesuch und Studium ermöglichte. Er war ein brillianter Physiker und Mathematiker; seine spätere wissenschaftliche Karriere zeichnete sich bereits während der Mittelschulzeit ab. Daneben aber prägte die Liebe zur Natur und zur Musik sein ganzes Leben.
Bereits während der Schulzeit unternahm er ausgedehnte Wanderungen, Schi-und Bergtouren. Bald folgten schwierige Klettereien in unseren Hausbergen und in den Dolomiten. In den Jahren von 1964 bis 1968 fehlen die Aufzeichnungen in seinen Tourenbüchern. Die Beendigung seines Studiums und eine Anstellung am Institut für theoretische Physik ließen anscheinend keinen Platz mehr für bergsteigerische Unternehmungen.
Schließlich trat er einen mehrjährigen Forschungsaufenthalt am CERN in Genf an. Dort hatte er allerdings die Berge vor der Wohnungstür. Als im Sommer 1969 wieder einmal ein Urlaub im Montblanc-Gebiet geplant war, konnte auch Alfred nicht widerstehen. In unserem Zeltlager angekommen sprach er zwar, wie es so seine Art war, von schlechter Form und Mangel an Training, doch bald konnten wir uns vom Gegenteil überzeugen. Er blickte zwar voll Respekt auf die schwierigen Granitwände, die damals unsere begehrten Ziele waren, aber bezüglich Kondition war er uns Flachländern überlegen. Touren wie Aiguille-Verte Nordostwand, Montblanc-Längsüberschreitung und schließlich noch der Brenvasporn bildeten den Einstieg in seine zweite Bergsteigerkarriere. Als ?Spätberufenem" gelangen ihm in den folgenden Jahren Touren, die auch heute noch zu den bedeutendsten Unternehmungen in den Alpen zählen. Alfred stand insgesamt siebenmal auf dem Gipfel des Montblanc. Zu den Höhepunkten in seinem Leben zählten zweifellos der Bonattipfeiler, der Südgrat auf die Aiguille Noire de Peuterey und die Major-Route durch die Brenvaflanke. Wetter-bedingte Rückschläge in den Westalpen zwangen mehrmals zum Ausweichen in die heimischen Kalkwände. Auch Touren wie Fleischbankverscheidung, Dachldiagonale und Maixkante können sich sehen lassen. Bergfahrten in Norwegen sowie eine zweimonatige Expedition nach Grönland füllten ebenso die Seiten seiner Tourenbücher wie einfache Wanderungen, bei denen er vor allem das Naturerlebnis suchte. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen war das Botanisieren. Er verfügte über eine ausgezeichnete Kenntnis der Alpenflora und beschäftigte sich intensiv mit einschlägiger Literatur. Seine große Liebe galt allerdings stets der Physik. So wurde er 1980 zum ao. Universitätsprofessor ernannt. Sein Ruf als Wissenschafter drang weit über Österreichs Grenzen hinaus. Es gab kein Jahr, in dem er nicht mehrmals Vortragsreisen ins Ausland unternahm. Dem österreichischen Alpenklub war er bis zuletzt sehr verbunden. Er nahm häufig an Veranstaltungen und Klubabenden teil und hielt noch wenige Tage vor seinem Ableben einen Vortrag.
Groß war die Zahl der Trauernden, die am 14. Februar auf den Baumgartner Friedhof gekommen waren, um Alfred Wehrl das letzte Geleit zu geben. Wir alle, seine Freunde, Berggefährten, Kollegen und Bekannten konnten den unermeßlichen Schmerz seiner engsten Angehörigen nicht lindern. Wir konnten aber zum Ausdruck bringen, daß der Verstorbene uns sehr nahe stand. Wir werden Alfred Wehrl stets in guter Erinnerung behalten.
Othmar Horak
Quelle: Österr. Alpenklub 1994, Folge 1515, Seite 45


Geboren am:
03.04.1941
Gestorben am:
16.01.1994