Nordwestwand - Alte

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Routen Details:
Spritzkarspitze (2609 m.) (I. Erst, über die Nordwestwand) —Eiskarlspitze (2624 m.).
Am 3. August gelang es uns, zum ersten Male einen Theil jener Wandflucht, die sich geschlossen in der in den Ostalpen wohl einzig dastehenden Längenausdehnung von über 9 km und in einer durchschnittlichen Wandhöhe von 800 m. Von den Eiskarln bis zu den Ladizer Flecken erstreckt, zu durchklettern, indem wir die Spritzkarspitze aus dem innersten Thalschluss der Eng (,.Im Grund") erstiegen. Aus dem Grunde zieht durch die Nordwestwand ein sehr breites und flaches Rinnensystem von rechts nach links gegen den Nordgrat des Gipfels empor, der die Eiskarln von der Nordwestwand trennt und nach kurzem Verlauf in einer senkrechten Wand von 600 m Höhe gegen das Engthal abbricht. Ab Branntweinhütte 6 Uhr 5. Einstieg 8 Uhr 20 —9 Uhr Man ist anfänglich nicht genöthigt, in dem Rinnensystem eine ganz bestimmte Route einzuhalten, da die allerdings sehr steilen Schrofen desselben nirgends grosse Schwierigkeiten bereiten. Hoch oben verengert es sich zu einem Couloir, das rechts von auffallenden, phantastisch geformten Felszacken am Nordgrat der Spritzkarspitze mündet. Da der Grund des Couloirs schliesslich kaum mehr gangbar ist, so kletterten wir über exponierte und schwierige Wandeln und Traversen an seiner (im Sinne des Aufstieges) rechten Begrenzungswand zum Nordgrat empor (11 U. 50). Theils über den Grat, theils in der östlichen Flanke ausweichend, erreichten wir um 12 Uhr 45 den Gipfel. Die Kletterei durch die Wand, deren Höhe (Felshöhe) bei einer Horizontalentwicklung von nur 650 m. 1000 m. beträgt, hatte, da die Schwierigkeiten ganz dem Anscheine entgegen keine ngewöhnlichen waren und wir daher grösstentheils ohne Seil giengen, nur 3 8 / 4 St. in Anspruch genommen. Ab Spritzkarspitze 1 U. 25; nunmehr II. Gratübergang zur Eiskarlspitze. Ueber den leichten Südostgrat hinab zu dem grossen Abbruch, mit dem die Eiskarlspitze zur tiefsten Scharte niedersetzt; wir erkletterten denselben auf der Route unserer Vorgänger (A. v. Krafft und E.Platz am 29. Juni 1895) an seiner Stirnseite durch eine schon von Weitem sichtbare, sehr steile Rinne mit brüchigem Gestein. Ein halbe Stunde lang begleitete uns bei diesem Gratübergang das Brockengespenst. Eiskarlspitze 2 Uhr 15 — 2 Uhr 50. Abstieg direct über den Ostgrat zur westlichen Hochglückscharte (3 Uhr 45) und in die Eng (5 U. 25). Die geschilderte Tour ist landschaftlich überaus interessant und grossartig und zeichnet sich namentlich durch herrliche Tiefblicke aus.
Jos. Enzensperger, S. Algäu-Immenstadt.

Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1897, Seite 121
Datum erste Besteigung:
03.08.1896
Gipfel:
Spritzkarspitze
Grafik:

Erste(r) Besteiger(in):
Enzensperger Josef
Leberle Heinrich