Pawel Otto
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Biografie:
Dr. Otto Pawel (+).
Einem wie es scheint unberechenbaren Unfälle ist am 30. Juni d. J. ein Original unter den Besuchern Tirols und ein gründlicher Kenner unserer deutschen Alpenwelt zum Opfer geworden: Dr. Otto Pawel aus München, der am Gantkofel bei Bozen verunglückte. Pawel lebte seit Jahrzehnten drei Viertel des Jahres in den Bergen. Schon Ende Februar, wenn die ersten lauen Lüfte den Lenz ankündigten, verließ er sein Winterquartier München, um die Frühlingsmonate im Eisacktale oder an den sonnigen Ufern der Etsch zu verleben. Mit Beginn des Sommers suchte er ein kühleres Hochtal und lebte hier als eine Art Einsiedler, wobei er auf einsamen Wanderungen die Umgegend durchstreifte; erst im Herbste, wenn der Fremdenstrom sich verlaufen hatte, trat er als einer der letzten Touristen eine größere Wanderung durch Tirol an, das ihm vertraut war wie wenigen. Wenn man an seiner Seite auf einem Gipfel oder einer Aussichtswarte stand, so konnte man jedes gedruckte Panorama entbehren; jede Ortschaft, fast jeden Bauernhof vermochte er zu benennen; jede der unzähligen Spitzen im Umkreise war'ihm bekannt; auf mancher davon ist er eher gewesen als diejenigen, welche in der alpinen Literatur als die ersten Besteiger erscheinen. Aber er ist nie irgendwie schriftstellerisch hervorgetreten und blieb daher in den alpinen Kreisen unbekannt und ungenannt. Und was vermochte der unansehnliche Mann, dessen Bedeutung nur sein scharfblickendes, geistvolles Auge ahnen ließ, zu leisten!
Für ihn schien es weder Gefahren noch Ermüdung zu geben. Dabei hatte er sich ein empfindsames und empfängliches Gemüt für bequem erreichbare Schönheiten bewahrt. Wie gern geleitete er seine Bekannten nach dem von ihm als Aussichtspunkt entdeckten Gschnapenhart gegenüber den Geißlerspitzen oder auf die nach ihm genannte Ottohöhe bei St. Peter im Villnös, und wie leuchtete sein Auge, wenn die Freude über das Geschaute bei seinen Wandergenossen zu Tage trat. Wer jemals solche Stunden mit dem liebenswürdigen Manne in der erhabenen Bergeinsamkeit verleben durfte, bei dem wird sein Bild unvergessen weiterleben. Requiescat in pace! F.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1903, Seite 185
Gestorben am:
30.06.1903