Coburg Hannes

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Biografie:
abgestürzt in der Ortler Nordwand (Italien)

Mitglied des ÖAV Zweiges Innsbruck. Dort in der Jugendgruppe "Gletscherflöhe" tätig
Quelle: Oberhuber Klaus (Vorstand ÖAV Innsbruck)

Vermutlich durch Steinschlag bei einer Solo-Begehung der Ortler Nordwand ums Leben gekommen.
Quelle: Archiv Proksch (Österr. Alpenklub)

Mein herbstliches Patagonien-Abenteuer hat mich zeitlich in starkes Hintertreffen gebracht, sodaß ich erst jetzt dazu komme, Dir vom tragischen Bergtod unseres gemeinsamen Bekannten Hannes Coburg zu berichten.
Nach Deiner letztjährigen Kontaktvermittlung kam Hannes regelmäßig zu unseren Clubabenden. Im nächsten Jahr wäre er bei uns als Mitglied aufgenommen worden. Er hätte sehr gut zu uns herein gepaßt. Mit seinem ausgeprägten Individualismus und Selbstbewußtsein sowie mit seinen Ideen war er seinem Alter weit voraus und hat uns immer wieder in Erstaunen versetzt. Allerdings hat er sich im letzten Winter bei einigen Schiunternehmungen mahnende Worte und einige Male auch herbe Kritik bei uns eingehandelt. Die sogenannten Lawinenhänge haben für ihn nicht existiert.
Auf Grund seines Unternehmungsgeistes und seiner unorthodoxen Ideen machte er immer wieder spektakuläre Taten. So überraschte er uns beispielsweise einmal im Frühjahr mit etwas ganz Ungewöhnlichem, was auch einem Hermann Buhl einfallen hätte können. Mit seinem Fahrrad fuhr er noch während der frühen Morgenstunden bei Dunkelheit hinauf zur Rumer Alm, stieg dann über die außerordentlich steile Südflanke zur Rumer
Spitze auf, erwartete den Sonnenaufgang und geeigneten Firn, um dann zeitgerecht um 08:00 Uhr in der Schule zu sein. Mit einem verschmitzten Lächeln erklärte er uns, daß sich die Rechnung allerdings um fünf Minuten nicht ausgegangen sei
Im heurigen Sommer wollte er mehrere Eisanstiege machen, da er mit mir im Juni 1988 - nach bestandener Matura - nach Peru zum Huascaran fahren wollte. Ich mußte für ihn einen großen Farbposter des Huascaran anfertigen lassen. Er hatte schon ausreichend Literatur studiert und war über dieses andine Ziel bestens informiert. Der Huascaran wäre sein alpines Maturageschenk gewesen. Leider wurde der heurige Sommer wettermäßig recht unerfreulich, sodaß ihm bis zuletzt keine ordentlichen Eistouren gelangen. Er war dann offensichtlich des Wartens müde geworden und nützte die erstbeste Schönwetterperiode, um gleich ein ganz großes Ziel anzugehen. Außerdem dürfte er an diesem Wochenende auch keine geeigneten Gefährten gefunden haben, sodaß er im Alleingang die Ortler-Nordwand durchsteigen wollte. Nach dem Unglück rief mich Gerd Presst - ein alter Studienfreund aus meiner Wiener Zeit - an und erzählte mir, daß er am Samstag die Ortler-Nordwand gemacht hätte. Ob er denn wahnsinnig gewesen sei, fragte ich ihn, die Nullgradgrenze lag bei etwa 3500 Meter.
Ich ließ mich von Gerd dann aufklären, daß die Verhältnisse in der Nordwand überraschenderweise sehr gut gewesen wären. Es war verhältnismäßig kalt, sodaß im unteren Bereich bockharter Firn vorherrschte und nur ganz oben Blankeis zu Tage getreten sei. In dieser Hinsicht dürfte also Hannes keinen Fehler bei der Einschätzung der Verhältnisse gemacht haben. Gerd Pressl war mit seinem Freund Gerhard Haberl (ebenfalls aus Salzburg, beide sind übrigens Physiker, die etwa sechs Jahre nach Beendigung des Studiums eine EDV-Soft-Ware-Firma mit dem Namen Technodat in Salzburg gegründet haben und denen es sehr, sehr gut geht) ziemlich spät eingestiegen. Im unteren Drittel fand Gerhard Haberl ein Eisbeil, das im Schnee steckte. Sie wunderten sich beide über diesen seltsamen Fund. Gerhard nahm das Beil mit. Nach der Rückkehr hörten sie auf der Tabaretta-Hütte, daß an diesem Morgen gleich zwei Alleingänger abgestürzt seien. In Sulden angekommen, übergab Gerhard das gefundene Eisbeil dem Polizeiposten.
Wie das Unglück passiert ist, weiß niemand genau. Die Wahrscheinlichkeit, daß Hannes durch Steinschlag ums Leben gekommen ist, dürfte ziemlich gering sein. Die beiden Salzburger jedenfalls berichteten nichts von Steinschlag. Die Wand war still und zahm.
Die Tragik um den Tod von Hannes wird dadurch noch unterstrichen, daß ausgerechnet an diesem Tag auch ein weiterer Alleingänger abgestürzt ist. Warum, wann, niemand kann darüber Auskunft geben.
"Wir sind alle Schicksalsgefährten, vom selben Stern, getragen in den Raum" (Saint Exupéry)
Das alles stimmt mich sehr traurig und so verbleibe ich mit einem stillen Gruß als
Dein Erich Gatt
Quelle: Der Wisch 1987-12 (Graz – Fridl Widder)


Gestorben am:
1987