Ganter Werner

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Biografie:
Werner Ganter (+)
Ein paar Tage vor seinem Tode gingen wir nach einem vergnügten Abend, den wir im Kreise des A.A.V.M. verbracht hatten durch die nächtlichen Straßen Münchens. Ganter oder wie er bei uns hieß „Dagfin" war ein großer Schweiger und besonders im lustig-lärmenden Kreis seiner Kameraden wirkte er manchmal so, wenn man ihm auch die Freude und das Interesse an allen Dingen aus den Augen ablesen konnte. An diesem Abend erzählte er mir, wie unglaublich er sich auf diese Osterfahrt freue, wie er wochenlang auf das heftigste gespart, ja wie er sich geradezu die Erfüllung all seiner Bergsehnsucht von dieser Bergfahrt erwarte. Jubelnd endlich einmal wieder in die tiefverschneiten einsamen Höhen unserer und seiner Berge zu kommen, trat er diese Bergfahrt an, die seine letzte sein sollte.
Dagfin war eine richtige Kämpfernatur, die sich in dem langen und nicht immer glücklich endenden Widerstreit mit den Mühsalen des Daseins noch weiter ausgebildet hatte, die sich nie unterkriegen ließ und selbst wenn es die widrigsten Umstände waren, mit denen das Schicksal bei ihm nicht gegeizt hatte. Er wollte und brauchte bei diesen Kämpfen keine Helfer, wenn jedoch einem seiner Kameraden etwas fehlte, dann war er da, denn nichts zeichnete ihn mehr aus, wie seine Kameradschaft.
Zwei große Leidenschaften erfüllten ihn, seit ich ihn kenne, die Fliegerei und die Berge. Wie oft erzählte er uns von seinen schneidigen Flügen in die Berge und bewundernd staunten wir über seine bei diesen Flügen aufgenommenen Photographien. Wie oft erzählte seine photographische Ausbeute von dem unerhörten Erlebnis, das er in seinen Bergen gefunden hatte.
Besonders die Gaudeamushütte, auf der er — Erholung von einem schweren Leiden suchend - wochenlang gesessen hatte, war ihm zur zweiten Heimat geworden und gerade ihm Winter, wenn der Kaiserfels tiefverschneit war und die Lawinen donnerten, war er dort zu finden und mancher schwere Winteranstieg gelang ihm dort.
Wenn wir nach solch einem Tage wieder bei Maria auf der Hütte saßen, dann ging er manchmal aus sich heraus und es wurde oft bis zum Morgengrauen über Lebensauffassungen und Lebensprobleme gestritten. Er zeigte dabei eine Belesenheit, die manch-einer nie bei ihm gesucht hätte.
Quelle: Jahresbericht des Akademischen Alpenvereins München 1931/32, Seite 6