Zeh Maria

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Biografie:
Maria Zeh, geb. Stiegler
*18. Dezember 1898 ? (+) 14. August 1976
Theodor Zeh
*25. Oktober 1903 ? (+) 14. März 1977
Gegen Ende des Ersten Weltkrieges gab es in Krems eine alpin sehr tätige Wandervogelgruppe, deren Angehörige auch Mitglieder der Alpenvereins-Jugendgruppe waren. Bald gingen deren Ziele über den Klettergarten in Dürnstein und die Berg- und Schifahrten in den Voralpen hinaus zu Hochschwab, Gesäuse, Dachstein und Hohe Tauern. Ein Seiler, so etwas gab es damals noch, konnte mit Geld und guten Worten bewogen werden, einen recht bockigen Hanfstrick zu drehen. Mit diesem und Sandalen statt in der armen Nachkriegszeit nicht erschwinglichen Kletterschuhen ausgerüstet, wurde die Pichlführe der Dachstein-Südwand durchstiegen.
Theodor Zeh, von uns nur Thurl genannt, war einer der Eifrigsten und wuchs bald als vielseitiger und erfolgreicher Bergsteiger weit über unseren Kreis hinaus. Als Allein-gänger gelang ihm die Begehung des Steinerweges durch die Dachstein-Südwand, die Winterbegehung, 1922 noch eine Seltenheit, des Dachsteins, des Hohen Dirndls durch die Nordrinne, die 3. Ersteigung des Teufelskamp-Romariswandsattels direkt vom obersten Pasterzenboden folgten. Fahrten wie die Ödstein-Nordwestkante, Tamischbachturm direkte Nordwand, Kalbling-Westwand auf teilweise neuer Route mit erstmaligem Abstieg über die Südkante, machten seinen Namen ganz gegen seinen Willen bekannt. Besteigungen ähnlicher Schwierigkeit im Kaiser, Karwendel, in der Venedigergruppe und im Berner Oberland schlossen sich an. Seine Gefährten stammten fast durchwegs aus dem Wandervogel, unsere späteren Klubbrüder Schwarzgruber, Fritz Hinterberger und Dr. Kurt Mauerböck waren darunter, vor allein aber begleitete ihn Maria Stiegler, die 1925 seine Frau wurde. Mit ihr durchstieg er als 4. Seilschaft, 50 Jahre nach der Erstbegehung, am 28. Juni 1926 bei ungünstigen Eisverhältnissen die Pallavicinirinne, was damals große Beachtung fand und auch verdiente.
Unserem Klub gehörte er seit 1923 an, der Alpenverein verdankt ihm die Gründung der Sektion Tulln. Wenn auch die Verantwortung für die Familie, der drei Kinder entsprossen, ihn dann bestimmten, auf Fahrten schärfster Richtung zu verzichten, so blieb er doch sein Leben lang den Bergen verhaftet. Dafür zeugen zahlreiche Berg- und Schi-fahrten noch nach dem Krieg, z. B. auch Tagesfahrten Tulln?Planspitze (oder ähnliches) und zurück. Er war ein ausgezeichneter Turner und Schwimmer, auf der Donau traf man ihn bei langen Stromauffahrten mit dem Faltboot. Schon lange bevor das modern wurde, bereiste das Ehepaar Zeh mit Auto und Zelt den Süden Europas und Nordafrikas.
Seinem ganzen Charakter nach war er selbstverständlich ein tapferer Soldat. Das Eiserne Kreuz erster Klasse und das Silberne Verwundetenabzeichen geben davon Zeugnis In einem Schijagdbataillon sah er auch den Kameraden früher Bergfahrten, Schwarzgruber, wieder.
In die Heimat zurückgekehrt, war er sehr wesentlich und erfolgreich am Auf- und Ausbau des Tullner Krankenhauses tätig, an dem er bis zu seiner Pensionierung die Stelle eines Oberverwalters innehatte.
Thurl erfreute sich von früh an einer eisernen Gesundheit. Als Kriegsfolge machte ihm eine arge Schwerhörigkeit zu schaffen, doch er trug diese Schwierigkeit mit gewohnter Tapferkeit, wie auch die in allerletzter Zeit nachlassende Gesundheit. Als ihm aber seine geliebte Maria ganz unerwartet genommen wurde, war trotz aller Anhänglich-keit von Kindern und Enkeln, sein Lebenswille gebrochen.
Ein guter Kamerad mit einem seelensguten Herzen in einer rauhen Schale, so bleibt er in unserer Erinnerung lebendig.
Die Persönlichkeit Maria Zehs wird uns deutlich, wenn wir lesen, was eine Angehörige ihrer Wandervogelgruppe schreibt:
?Es war mitten im Ersten Weltkrieg, Hunger und Not begannen bereits merkbar zu werden. Uns machte das nichts aus. Wir zogen mit Rucksack, Kessel und Klampfe hinaus in den Wienerwald. Die großen Mädchen kochten recht und schlecht aus minderen Lebens-mitteln Nockerln, Nudeln und Erdäpfel. Es schmeckte herrlich, wie das beste Essen. Dann wurde gespielt, gesungen, getanzt, und Maria konnte das alles am besten. Die Höhepunkte des Fahrtenlebens bildeten die großen Unternehmungen in den Ferien. Zusammengehalten und geleitet wurden wir von unserer ?Alten", wie wir unsere Führerin liebevoll und des Spaßes halber nannten, die uns zu Heimatverbundenheit und sicherem Gefühl für echtes Volkstum und echte Volkskunst verhalf. Ich kann rückblickend und als Lehrerin von Beruf sagen, daß Maria eine sehr große Erziehungsarbeit an uns geleistet hat, aber ohne daß je eine von uns sich erzogen oder geleitet gefühlt hatte. Sie hätte sich auch nie als Erzieherin bezeichnet. Alles ging selbstverständlich, ohne viel Reden, man fügte sich zur eigenen Freude ein. Auch die ?Großen" und die ?Buben", darunter Studenten und Soldaten, konnten sich dem Einfluß ihrer starken und geraden Persönlichkeit nicht entziehen."
Aber auch ein Brief Thurls vom 7. Mai 1926 an den Klub anläßlich ihres Aufnahmeansuchens charakterisiert seine Frau treffend:
?Es mag selten vorkommen, daß Frauen um Aufnahme in den Ö.A.K. ansuchen, und es ist schwierig, sich für eine solche Aufnahme ein klares Bild zu machen. Wenn bei einem Mann sich die technische Vollendung die Waage halten soll mit einem seelischen Mitklingen bei seinem Tun in den Bergen, so muß wohl bei einer Frau dieses als erstes, bei einem Mann als zweites, gesetzte innere Hingezogensein vorhanden sein, neben großer alpiner Erfahrung. Wenn sie auch vielleicht nicht Führerin von schwierigsten Unternehmen sein wird, kann sie doch Triebfeder sein zu mancher großen Tat und dazu ein erstklassiger Kamerad, auf den man sich unter allen Umständen verlassen kann. In diesem Sinn ist meine Frau Bergsteigerin, die mit mir die größten Bergfahrten im Winter und Sommer ausführte und die ich im Herzen als größere Bergsteigerin achte als mich selber, weil mir eben in ihr das Einstellen zum Berg ein schöneres und tieferes scheint. Ich will damit nicht sagen, daß sie keine selbständige Bergsteigerin ist, da ich als Gegenbeispiel eine Menge Alleinfahrten im Winter und Sommer stellen kann.
Mir ist unser Abzeichen immer mehr gewesen als das eines exklusiven Klubs. Wäre es da nicht naheliegend, wenn ich dem Menschen, der wirklich voll und ganz in seinem Bergsteigertum lebt, das Zeichen der Ganzgetreuen vom Berg wünsche? Ein Kreis von Bergsteigern besteht, wenn auch ohne feste Form. In ihren Herzen bestehen ähnliche Empfindungen und Bindungen im Hinblick auf den Berg und das bringt diese Menschen einander nahe. In diesem Kreis ist meine Frau schon lange, und zwar nicht als Gast, sondern als Führer."
Alle, die Maria Zeh gekannt haben, werden diese beiden Zeugnisse über eine unglaublich vielseitige und tatkräftige Persönlichkeit überaus treffend finden; unsere bewundernde Anhänglichkeit an sie bleibt bestehen.
Sulke-Hiedler
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1977, Juli/August, Folge 1413, Seite 98-100



1924 1.Beg.Admonter Reichenstein-Westgrat „Variante",2251m, (Ennstaler Alpen)
1926 4.Beg.u.1.Beg.Großglockner-Nordostwand-Pallavicinirinne„Variante oberster Fluchtausstieg",
II-III,50°,600 Hm,3798m, (Hohe Tauern)


Geboren am:
18.12.1898
Gestorben am:
14.08.1976

Erste Route-Begehung