Heuberger Richard

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Biografie:
Univ.Prof. Dr. Richard Heuberger
Wieder hat der Akademische Alpenklub Innsbruck ein hervorragendes Mitglied durch Tod verloren. Am 18. Nov. 1968 starb in Innsbruck im 85. Lebensjahr unser Klubbruder Univ. Prof. Dr. Richard Heuberger.
Heuberger, 1884 in Wien als Sohn des bekannten Operettenkomponisten Richard Heuberger geboren, lebte ab dem 12.Lebensjahr bei Verwandten in Innsbruck und besuchte hier das Gymnasium. Sein Hochschulstudium begann er in Wien mit Geographie und Germanistik, wandte sich später der Erdkunde zu. Als er an die Universität Innsbruck kam, wurde er Historiker; seine Lehrer waren hier u.a. die Professoren Erben und Voltelini. In Innsbruck fand Heuberger im Jahre 1906 den Weg zum Akademischen Alpenklub Innsbruck. Nach dem Studium trat er 1911 in den Statthalterei-Archivdienst ein, erhielt u.a. den besonderen Auftrag, am Tiroler Urkundenbuch mitzuarbeiten, eine Tätigkeit, der die tirolische Geschichtswissenschaft wertvolle Erkenntnisse verdankt. 1919 erhielt er ein Extraordinariat für historische Hilfswissenschaft an der Universität Innsbruck.
Heuberger, ein großer hagerer Mann, war von seinen Studienjahren ab ein begeisterter Freund der Berge. Die Ausführung schwerer Touren blieb ihm durch sein schlechtes Augenlicht versagt. Den vaterlandsliebenden Mann hielt jedoch im Jahre 1915, als die Italiener treulos den Dreibund brachen und im Mai an Österreich-Ungarn den Angriffskrieg erklärten, sein Augenleiden nicht zurück, im Juni 1915 dem Innsbrucker Standschützenbataillon beizutreten. Er tat in Sexten lange Zeit Dienst an der Front und unmittelbar hinter derselben und stand Monate hindurch, besonders auch im Winter und Frühjahr, in vorderster Stellung in den Schützengräben am Zinnenplateau. Durch das andauerde und anstrengende. Beobachten des schneebedeckten weißen Vorfeldes verschlimmerte sich sein Augen leiden. Wahrscheinlich erhielt er durch die Explosion einer feindlichen Granate in seiner Höhe einen starken Stoß, der zunächst keine besonderen Folgen für ihn zu haben schien. Allein nach ungefähr einem halben Jahr trat an seinem noch den Auge plötzlich als späte Auswirkung dieses Stoßes eine Netzhautablösung ein, die sein noch gutes Auge praktisch außer Tätigkeit setzte. Er rüstete ab, eine fast völlige Erblindung war die Folge seines Kriegseinsatzes. Das bisher gut fähige Auge war damit ausgefallen, das andere Auen gewährte ihm nur mehr einen Schein.
Als er wieder zu arbeiten begann, übernahm er neben seiner allgemeinen Tätigkeit im Staatsarchiv in Innsbruck ab 1917 die Mitarbeit an mehreren historischen Werken, besonders solcher für die Urkundenlehre. Wegen seines Augenleidens konnte Heuberger nicht mehr selber lesen, vor allem keine Urkunden studieren. Er mußte sich daher alles von seiner Braut, später seiner Gattin und von Schülern der Geschichtswissenschaft vorlesen lassen. Dabei bildete sich sein Gedächtnis zu solch unerhörter Leistungsfähigkeit aus, daß er in der Lage war, sein durch das Vorlesen erarbeitetes Wissen auch diktieren und Vorlesungen halten zu können. Man muß sich vorstellen, welche Willenskraft und Ausdauer zu solcher gesteigerter wissenschaftlicher Tätigkeit erforderlich war! In späterer Zeit wandte sich Heuberger der Raumgeschichte Rätiens zu. Seine Hauptwerke sind "Rätien im Altertum bis zu Karl dem Großen" und "Das Burggrafenamt im Altertum".
Heuberger blieb trotz. seiner fast völligen Erblindung ein begeisterter Freund der Berge. Mit seiner Gattin, später mit seinen Kindern, besonders mit seiner Tochter, wanderte er immer wieder in die Berge, bestieg auch nicht immer ganz leichte Gipfel. Sein Gefühl und seine Geschicklichkeit bildeten sich so aus, daß er sogar leichte Felsstellen auf den Bergen überwinden konnte, wie z.B. den Abstieg von der Marchreisen-Scharte in das Lizumerkar oder im Steinernen Meer einen Felssteig, der wohl streckenweise mit Drahtseil gesichert war, aber doch auch gewisse technische Schwierigkeiten bot. Ich selbst traf ihn und seine Frau einmal im Senderstal im Anstieg zur Adolf Pichler-Hütte, nachdem er gerade eine längere Krankheit überstanden hatte. Als bei den Wechselmähdern der Nordturm in Sicht kam, rief er freudig erregt zu seiner Frau "Schau, jetzt sehe ich sogar schon den Nord-turm!", ein Ausruf dieses fast erblindeten Mannes, der mir als sein Hoffnungsstrahl nach Besserung seines Leidens immer in Erinnerung geblieben ist. Heuberger besaß die Begabung, daß er sich auf Grund der Beschreibung seiner Begleiter den An-blick der Berge so lebhaft und bunt vorstellen konnte, als ob er sie wirklich sähe, und das bereitete dem fast blinden Mann stets große Freude.
Heuberger heiratete im Jahre 1915 seine getreue Helferin Hanna Helff-Hibler von Alpenheim; der Ehe entsprossen drei Kinder, ein Sohn ist Univ. Assistent für Geographie, ein Sohn Landesbeamter und die Tochter Lehrerin an einer Innsbrucker Volksschule.
Heuberger hat dem Klub Zeit seines Lebens die Treue gehalten. Trotz seines Zustandes stieg er bis in das hohe Alter auf die Berge. Erst ein beginnendes Asthmaleiden hinderte ihn in den letzten Jahren daran. Infolge seiner Erblindung konnte er keine Klubabende mehr besuchen. Er ist unseren jüngeren Mitgliedern daher nicht mehr bekannt. Die älteren aber haben ihn immer ob seines unermüdlichen Arbeitswillens und seiner Geistesgaben hoch bewundert.
Fiduzit!
Dr. Edi Angerer.
Quelle: Klubnachrichten des Akademischer Alpenklub Innsbruck, 1968-69, Seite 39-42


Geboren am:
1884
Gestorben am:
18.11.1868

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