Rothpletz August

(Bearbeiten)
Foto gesucht!
Biografie:
August Rothpletz.
Am 27. Januar 1918 starb in Oberstdorf, wo er Erholung von schwerer Krankheit suchte, unser Ehrenmitglied, der Professor der Geologie und Paläontologie an der Universität München, Dr. August Rothpletz.
Rothpletz wurde in Neustadt a. H. am 25. April 1853 geboren. Sein Vater, dessen Familie aus dem Kanton Aargau stammte, war dort Arzt, seine Mutter war eine Rheinpfälzerin. Bis zu seinem 15. Jahr lebte Rothpletz in Neustadt, dann übersiedelte die Familie nach Aarau und bald darauf nach Zürich, wo Rothpletz das Gymnasium absolvierte.
Seine Studienzeit verbrachte er zuerst in Heidelberg, dann in Zürich. Von 1875 - 1880 war er an der geologischen Landesanstalt in Leipzig tätig und schon während dieser Zeit unter-nahm er größere Reisen nach England, Schottland, Frankreich und in die Schweizer Alpen.
Im Jahre 1882 übersiedelte er mit seiner Mutter nach München, habilitierte sich 1884 an der Universität und wurde 1904, nach dem Tode Zittels, dessen Nachfolger.
Unerwartet früh endete sein inhaltlich so reiches Leben, das getragen und erfüllt war von tiefer Liebe zu der Alpenwelt. In ihr begann er seine Forschungen, ihr blieb er zugetan bis an sein Lebensende. Die Alpen waren für ihn nicht nur ein Gebiet, an dessen wissenschaftliche Erforschung er seine besten Kräfte wandte, sondern sie wurden von ihm auch wegen ihrer landschaftlichen Schönheit und zur Erholung immer wieder aufgesucht. So kam es, dass Rothpletz besonders in früheren Jahren Sommer für Sommer in seinen geliebten Bergen verbrachte, wo ihn die Aufklärung geologischer Probleme fesselte und wo er, durch seine Forschertätigkeit zu monatelangem Aufenthalt im Gebirge gezwungen, in hohem Maße Gelegenheit hatte, die Gebirgswelt in all ihren so überaus verschiedenen Erscheinungsformen kennen zu lernen.
Sein Hauptarbeitsgebiet waren zuerst die östlichen Schweizer Alpen, mit seiner Übersiedelung nach München verlegte er dann den Schwerpunkt seiner Tätigkeit in die Ostalpen. Es begannen damals die teils von ihm selbst, teils unter seiner Leitung von seinen Schülern ausgeführten geologischen Aufnahmen der bayerischen und angrenzenden österreichischen Alpen, Aufnahmen, welche umso höher einzuschätzen sind, als sie fast ohne jegliche staatliche oder sonstige materielle Unterstützung durchgeführt wurden.
Es war eben hauptsächlich die Persönlichkeit Rothpletzs, welcher es wie kein zweiter verstand, seine Schüler zur Mitwirkung an der Lösung dieser Aufgabe zu begeistern, sie auf den richtigen Weg zu weisen und ihnen, wo es nötig wurde, mit Rat und Tat zur Hand zu sein, sowohl im Institut als auch draußen im Gebirge, wo ihm keine Mühe zu groß war, wenn es der Untersuchung wissenschaftlicher Probleme galt. Dabei hielt er sich aber fern von jeder Aufdrängung der von ihm selbst für richtig erkannten Theorien und ließ auch andere Anschauungen gelten, sofern sie nur gut begründet waren.
Dass Rothpletz auch in anderen Gebieten seiner Wissenschaft eifrig tätig war, dass er die freie Zeit, welche ihm die Alpen ließen, zu Reisen und Studien in anderen Ländern und Erdteilen verwandte, soll hier nicht näher dargelegt werden. Seine Haupttätigkeit war den Alpen gewidmet und es ist des halb nichts Auffallendes, dass auch die auf die toouristische Erschließung der Alpen gerichteten Bestrebungen bei ihm kräftige Förderung erfuhren. Denn gerade der in den Alpen beruflich Beschäftigte empfindet ja die auf die Verbesserung der Wege und Unterkunft abzielende Tätigkeit der alpinen Vereine im allgemeinen als willkommene Erleichterung seiner Studien.
So sehen wir Rothpletz als Mitglied des Zentralausschusses des D.Ö.A.V. (1886-88) und von 1895 an als 1. Vorstand der Sektion München. Was er in dieser Eigenschaft für die Ziele des D.Ö.A.V. und damit für die Förderung der turistischen und indirekt auch der wissenschaftlichen Erschließung der Alpen geleistet hat, brauche ich hier nicht näher zu schildern.
Aber hervorheben möchte ich die warmherzige Anteilnahme, die er jederzeit den Bestrebungen auch unseres Vereins entgegenbrachte, sein reges Interesse an der Entwicklung des A.A.V.M., dessen gern gesehener Gast er war, sein verständnisvolles Eingehen auf die Meinungen und Ansichten der jüngeren Alpinisten. So war es nur eine logische Folgerung, Rothpletz zum Ehrenmitglied unseres Vereins zu wählen (1905), in dessen Geschichte die Erinnerung an ihn fortleben wird als an einen treuen Freund und Berater, dessen allzu frühen Tod wir tief bedauern.
Kurt Leuchs.
Quelle: Der Akademische Alpenverein München im Kriege (1914-1918), XXIII. – XXVI.Vereinsjahr, Seite 33-34

August Rothpletz
Von Dr. A. Dreyer (München).
Die Alpenvereinssektion München hat einen fast unersetzlichen Verlust erlitten: ihr langjähriger, allseits hochgeschätzter Vorstand Prof. Dr. A. Rothpletz, wurde durch den Tod aus der Vollkraft seines unermüdlichen Schaffens gerissen.
Auch der Gesamtverein betrauert den Heimgang des für die alpinen Ideale so begeisterten Mannes. Was er in seiner Wissenschaft, der Geologie, leistete, das steht wie ein Markstein am Wege der Erkenntnis.
Als Sohn eines Arztes am 25. April 1853 zu Neustadt a. d. h. geboren, lernte er schon in seiner Gymnasialzeit (in Aarau und Zürich) die Alpen kennen und lieben. - Er widmete sich dem Studium der Geologie und Mineralogie und habilitierte sich 1884 an der Universität München, hier wirkte als gefeierter Lehrer Karl Zittel, von dem auch Rothpletz noch reiche Förderung seines wissenschaftlichen Strebens empfing und dessen Nachfolger er 1904 wurde. Dem heimgegangenen Freunde setzte er auch in den „Mitteilungen" ein ehrenvolles Denkmal.
Oft genug lockten ihn wissenschaftlicher Drang und unstillbare Bergsehnsucht von der bayrischen Hauptstadt, seiner Zweiten Heimat, hinaus in die nahen Berge. „München", sagte er, „steht unter dem Zauber des Hochgebirges und ist dabei groß geworden".
Auch die Schweizer Alpen bereiste er zum Zwecke geologischer Untersuchung«:. Deren Ergebnisse standen freilich vielfach in scharfem Gegensatz zu den bisherigen maßgebenden Ansichten der Schweizer Geologen. Eine scharfe literarische Fehde entspann sich, aus der er aber als Sieger hervorging.
Die Geologie der Alpen, hauptsächlich jene der Nördlichen Kalkalpen vom Säntis bis zum Staufen, war das eigentliche Feld seiner rastlosen Forschertätigkeit. Alle seine größeren Arbeiten, von der geologischen Studie über das Karwendelgebirge (in der „Zeitschrift" 1888) bis zu der kürzlich erschienenen eingehenden Schilderung der wissenschaftlich und selbst juristisch viel zu wenig beachteten Osterseen in der Umgebung des Starnbergersees (in den „Landeskundlichen Forschungen" der Geographischen Gefellschaft in München) beschäftigen sich mit den Alpen und in die Heimatlichen Berge führte er auf wissenschaftlichen Ausflügen gern seine zahlreichen Schüler.
Die Berge waren unserem naturfreudigen Forscher auch das Sinnbild von jugendlichen Hoffnungen und Wünschen, „trotzige Wahrzeichen der Lebenskraft und des Kampfesmutes unserer Erde", hier ging ihm das Herz auf. In den „Geologischen Wanderungen im Rhätikon" gesteht er: „Wer die Alpen durchwandert, dem werden ihre Höhen und Tiefen, ihre Farbenpracht, ihr Pflanzenschmuck, die Hochfelder ewigen Schnees, das blaue Eis der Gletscher, die füllen Seen und die rauschenden Gewässer stets eine unversiegbare Quelle des Genusses und unerschöpflicher Freude sein." Echte Bergbegeisterung!, gepaart mit tiefgründiger Naturbeobachtung sprüht auch aus seiner volkstümlichen Neubearbeitung von Max Haushofers reizvollen Monographien: „Bayerns Hochland und München" und „Tirol und Vorarlberg".
Gleich nach seiner Übersiedelung nach München trat er der größten Münchener Alpenvereinssektion als Mitglied bei. Als München 1886/88 unter Zittels tatkräftiger Führung zum Vorort unseres Vereins erwählt worden war, waltete Rothpletz mit der ihm eigenen vorbildlichen Gewissenhaftigkeit neben Ludwig Schuster, Theodor Trautwein, Heinrich Schwaiger usw. seines Amtes als Beisitzer. Dabei ließ er es sich besonders angelegen sein, dass mit der juristischen Erschließung der Alpen auch deren wissenschaftliche Erforschung Hand in Hand ging.
Nach Oberhummers Rücktritt 1896 übertrug ihm das einhellige Vertrauen der Mitglieder die Leitung der Sektion. Schwierige Aufgaben harrten seiner. Seinem klugen Eingreifen gelang es gleich nach der Übernahme der Vorstandschaft, eine drohende Spaltung im Schoße der Mitglieder und des Ausschusses zu beseitigen. Wenn auch später noch hie und da die Geister aufeinanderplatzten, sein unleugbares Geschick in der Behandlung aller inneren und äußeren Fragen verstand es stets, mit ruhiger, leidenschaftsloser Sachlichkeit Meinungsverschiedenheiten auszugleichen. In allen Sektionsangelegenheiten stand ihm der Ausschuß mit voller Einmütigkeit zur Seite. Dessen Beschlüsse verfocht er mit zäher Energie und, wo diese versagen wollte, mit den blanken Waffen einer mitunter selbst scharfen Satire. Fast an keinem Sektionsabend fehlte er, und sein großes Geschick in der Leitung dieser Abende wird und muß jeder Befscher neidlos anerkennen. Namentlich haftet in aller Erinnerung die eigenartige Würdigung der Vorträge. In humoristischer, nie verletzender Art verstand er es, kleine Lücken, die ihm nicht entgingen, auszufüllen, Unrichtigkeiten, die sein scharf zusehender Blick entdeckte, zu verbessern. Einem Antrage zufolge findet die Verleihung des silbernen Edelweißzeichens für 25 jährige Mitgliedschaft an eigenen Ehrenabenden statt.
Diese wußte Rothpletz zu echten Familienfesten zu gestalten. Wie er in launigen und doch aus der Tiefe seines reichen Gemütes quellenden Worten die Jubilars pries, das bleibt den Teilnehmern unvergeßlich.
Der vielbeschäftigte Gelehrte fand auch noch Zeit zu lichtvollen Vorträgen in der Sektion, zu denen auch die säumigsten Mitglieder herbeiströmten, sowie zu anziehenden, wohldurchdachten Berichten über die jeweiligen Hauptversammlungen des Gesamtvereins, deren Gast er war. Mit seinem Takt begegnete er hier als beredter Wortführer den in langatmigen Neben sich erschöpfenden Eigenbröteleien und kürzte uferlose Debatten frischweg ab. In enger Fühlung stand er auch mit der Hauptleitung und wahrte ihr gegenüber die Interessen seiner Sektion.
Am Beginn seiner Vorstandschaft zählte die Sektion noch nicht ganz 3000 Mitglieder, kurz vor Ausbruch des Weltkrieges hatte sie das fünfte Tausend überschritten! Von ihren großartigen Arbeitsleistungen in dieser Zeit (Bau des neuen Münchener Hauses auf der Zugspitze, Erweiterung des Watzmannhauses, Umbau des Heinrich Schwaiger.Hauses auf dem Großen Wiesbachhorn, Neubau der Herzogstandhäuser u. a. m.) erzählen ihre Jahresberichte in eingehender Weise.
Seine allgemeine Beliebtheit offenbarte sich schon alljährlich durch seine einstimmige Wiederwahl; mit elementarer Wucht aber kam sie bei der Feier seines 60. Geburtstages zum Ausdruck. Den Antrag, sein Bild dem nächsten Jahresberichte beizugeben, lehnte der Bescheidene mit Entschiedenheit ab. Nun wird es den künftigen Jahresbericht der Sektion schmücken. Anläßlich der 20 jährigen Jubelfeier seiner Vorstandschaft verlieh ihm die Sektion ein silbernes, mit Brillanten besetztes Edelweiß (dieses außerordentlich seltene Ehrenzeichen besitzt nur noch der 2. Vorstand der Sektion, Herr Kommerzienrat Schöpping).
Der Tod seiner hochbetagten Mutter vor Jahresfrist, an der der Unvermählte mit rührender Zärtlichkeit hing, beugte ihn tief. Im Juli 1917 erkrankte er an einer Verengerung der Aorta. Im Spätherbst ging er nach Oberstdorf, um Genesung von diesem Übel zu suchen. Vorher regelte er noch in einer Ausschußsitzung die Frage seiner Stellvertretung. Hoffnungsfroh lauteten seine Briefe. Zu Neujahr schrieb er dem damals eben von schwerer Krankheit erstandenen 2. Vorsitzenden, Herrn Kommerzienrat Schöpping: „Wir wollen einen Wettlauf um die Gesundheit antreten, und ich hoffe, dass wir beide gleichzeitig ans Ziel kommen."
1895 war er auch an die Spitze des Fremdenverkehrs in München und im bayrischen Hochland berufen worden. Auch die Leitung, des Landes-Fremdenverkehrsrats wurde seiner bewährten Hand anvertraut.
Am 27. Januar, nachmittags 4 Uhr, entschlief er sanft. Sein Leichenbegängnis in München gestaltete sich zu einer überwältigenden Kundgebung der Verehrung für ihn, der nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der Allgemeinheit die Summe seiner Kraft weihte. In unseren alpinen Kreisen wird sein Andenken stets hochgehalten werden.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1918, Seite 19-20




Geboren am:
25.04.1853
Gestorben am:
27.01.1918