Schuhmann Kurt

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Biografie:
Kurt Schuhmann.
In die bergfrohe, tatendurstige Jugend unseres Vereins hat der Krieg unersetzliche Lücken gerissen. Wenn wir, die wir uns vor dem Kriege jung nannten, an einstige Sonnentage auf einsamer Höhe uns erinnern und dabei der Begleiter jener glücklichen Stunden gedenken, so stoßen wir dabei nur allzu oft auf Namen, deren Träger nicht mehr unter den Lebenden weiten.
Einer der markantesten Vertreter dieser Jugend war Kurt Schuhmann, und mit ihm sind meine alpinen Erinnerungen unlösbar verknüpft. Zu Beginn des Sommersemesters 1912 kam er frisch vom Gymnasium nach München und schon nach wenigen Wochen war er ein begeistertes Mitglied des A. A. V. M. Dem Entwicklungsgang fast aller unserer Jungen folgend, besuchte er zuerst die Kletterberge der Voralpen und wandte sich dann den nördlichen Kalkalpen zu. Dabei trafen wir uns erstmalig auf einer Klubtour, die der Überschreitung des kleinen Waxenstein galt. In den steilen Schrofen dieses Berges fand Schuhmann aber keine Befriedigung seiner Klettersehnsucht, ebensowenig wie ihm der Bergkranz unserer Barth-Hütte zusagte, den er bald darauf besuchte. Er dürstete danach, seine Kraft und Gewandtheit an „wirklichen" Bergen, an mächtigen Wänden mit steilem, festem Fels zu erproben. So nimmt es auch nicht wunder, dass ihm das lustige Treiben auf der Barth-Hütte (wo die Geselligkeit allerdings Hauptsache, Touren Nebensache waren) nicht sonderlich gefiel. Im Kaisergebirge endlich fand er, was er suchte. Hier ward ihm Walter Dittes ein vorzüglicher Lehr¬meister, und bald wurde aus dem Geführten ein ebenbürtiger Begleiter. Auch wir wanderten in diesem Sommer oft zu¬sammen; zu Beginn der Ferien trennten wir uns, Schuhmann ging in die Dolomiten, wo ihm eine Reihe schwerster Kletter-fahrten gelang, von denen ich nur die wiederholte Überschreitung der südlichen Vajolett-Türme und den Adang-Kamin nennen will.
Fast 1 3/4 Jahre haben wir uns dann nicht gesehen, da Schuhmann in Freiburg sein Einjährigenjahr abdiente und auch ich von München wegging. Bei jeder Gelegenheit, im Sommer wie im Winter, besuchte er fleißig das Gebirge — übrigens nie auf Kosten des Studiums, das er gewissenhaft betrieb. Erst im März und April 1914 trafen wir uns wieder zu ge¬meinsamen Fahrten im Berner Oberland und am Arlberg. So konnte ich Schuhmann auch als Skiläufer kennen lernen; auch hier, wie beim Klettern, zeigte er einen prächtigen Ehrgeiz: Einen Sport, dem er sich widmete, wollte er auch bis zur Vollkommenheit beherrschen. So finden wir ihn selbst an Rasttagen unermüdlich am Übungs- und Sprunghügel.
Abschluß und Höhepunkt der gemeinsamen Tätigkeit bildete der Sommer 1914. Der Kaiser war wieder das Feld unserer Taten, und da vor allem das „Kirchl", Schuhmanns erklärter Lieblingsberg. In diesem Sommer stand Schuhmann auf der Höhe seines Könnens. Man konnte sich keinen angenehmeren Begleiter denken: Immer heiter, hilfsbereit und verträglich, konnte er, wenn es nottat, sehr energisch und kaltblütig sein. Keine Schwierigkeit, kein Unwetter brachte ihn aus der Ruhe; ja in gefährlichen Lagen zeigte er erst, was in ihm steckte.
Der Kriegsausbruch überraschte ihn in den Zillertaler Alpen. Jugendlich begeistert wie in die Berge zog er in den Kampf. Wir sehen ihn bei einem Feld-Artillerie-Regiment, im Westen und Osten, ganz Soldat, ganz der neuen Tätigkeit lebend. Dabei ist er seinem A. A.V. M. wohl der eifrigste Brief¬schreiber. Seinem Tatendrang wird der Stellungskrieg schließlich zu langweilig, er wird Flieger. Zuerst Flugzeugführer, setzt er es durch, Kampfflieger zu werden. Mit Leib und Seele widmet er sich dem Luftkampf. Drei Siege hat er schon innerhalb weniger Wochen zu verzeichnen, da bringt ihm am 20. August 1917, unweit Douai, ein Zufallstreffer den Tod, als er seinen vierten Gegner schon fast zu Boden gedrückt hat.
Er starb auf der Höhe seines Lebens. Als Alpinist hatte er das Schwerste wagen dürfen, eine Grenze seines Könnens schien ihm nicht gesetzt. Im Krieg stand er auf jedem Posten voll seinen Mann. Und schließlich endete ein frischer Soldatentod in ritter¬lichem Luftkampf sein junges Leben. Den Zusammenbruch des Vaterlandes hat er nicht mehr zu erleben brauchen.
Unser Schmerz um den verlorenen Freund muß weichen vor dem Gedanken, wie beneidenswert heute ein so gelebtes und so abgeschlossenes Leben erscheint. Darum fort mit den Klagen! Schuhmann ist nicht tot, in unseren Herzen lebt er weiter als der mutige, ritterliche Kamerad, als den wir ihn zu jeder Zeit kennen lernten.
Hans v. Wolf.
Quelle: Der Akademische Alpenverein München im Kriege (1914-1918), XXIII. – XXVI.Vereinsjahr, Seite 73-74



Gestorben am:
20.08.1917